Die Pferdelords 10 - Die Bruderschaft des Kreuzes. Michael Schenk

Die Pferdelords 10 - Die Bruderschaft des Kreuzes - Michael Schenk


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es waren Pferdelords, welche die Heimtücke der Magier von Lemaria aufdeckten und das Volk der krebsartigen Irghil an unsere Seite brachten“, fügte Daik hinzu. „Die Männer des Pferdevolkes sind uns eine willkommene Hilfe und wir stehen in ihrer Schuld.“

      „Nun, für Euch, verehrter Daik ta Enderos, gilt dies wohl in besonderem Maße.“ Die Ironie in Welburs Stimme war unverkennbar.

      Der brave Gardekommandeur erbleichte für einen Augenblick, denn er wusste wie alle anderen, worauf der Hochgeborene anspielte.

      Vor nunmehr fünf Jahren hatten Pferdelords und Gardekavallerie einen Feldzug in das Reich des Schwarzen Lords führen wollen. Der Renegat Garwin hatte erfahren, dass sein Widersacher Nedeam das Vorauskommando führte, und einen hinterlistigen Plan ersonnen, um seinen persönlichen Feind zu vernichten. Seine Männer töteten einige Gardisten und berichteten dem Pferdefürsten in deren Uniformen, die Garde werde nicht kommen. Dadurch war der Pferdefürst gezwungen, den geplanten Kriegszug abzusagen. Zugleich trat Garwin als Pferdelord vor Daik ta Enderos und berichtete ihm, die Pferdelords hätten sich gegen den Kampf entschlossen. Der getäuschte Daik ließ seine Gardekavallerie heimkehren, und so wurde Nedeam mit seinem kleinen Vorauskommando im Feindesland isoliert. Nur der Feueratem der Lederschwingen bewahrte ihn und die Stadt Merdoret vor dem Untergang.

      Der Makel, dass er sich von Garwin hatte täuschen lassen, nagte an Daik ta Enderos, obwohl ihn keine wirkliche Schuld traf. Er atmete tief durch, um die Fassung zu bewahren. „Es ist keine Frage der Schuld, sondern eine Frage der Waffenbrüderschaft und Freundschaft“, erwiderte er mit beherrschter Stimme.“

      „Nun, es stünde dem Stolz unseres Königreiches besser an, wenn das Pferdevolk beim Wiederaufbau hilft und die Garde entlastet, sodass unsere eigenen Männer wieder die Wälle besetzen.“

      „Ich weiß nicht, wie gut die Pferdelords im Steineschleppen sind“, sagte Daik grimmig, „aber im Töten von Feinden sind sie vortrefflich.“

      „Was auch für die tapfere Garde gilt“, stimmte Welbur lächelnd zu, der spürte, dass er im Augenblick an Boden verlor. „Sie hat sich schon oft auf das Beste bewährt, und dies gilt unbenommen auch für Euch, verehrter Daik ta Enderos, und Euren Sohn. Ich hörte, er ist derzeit in der Königsstadt des Pferdevolkes, in Enderonas?“

      „Im Auftrag der Krone, ja“, bestätigte der König anstelle seines Freundes. „Pferde für unsere Gardekavallerie und einige Dampfkanonen für das Pferdevolk.“

      „Da Ihr die Waffenbruderschaft erwähntet, Hochgeborener ta Enderos, so will ich doch festhalten, nur für das Protokoll, dass dies kein Bündnisfall ist, nicht wahr?“

      Daik nickte. „Der Bund gilt im Fall der unmittelbaren Bedrohung durch den Feind und verpflichtet uns zur gegenseitigen Hilfe.“ Er sah Welbur spöttisch an. „Sofern unter Freunden eine Verpflichtung erforderlich ist.“

      Eines der Ratsmitglieder seufzte vernehmlich. „Verzeiht, aber langsam bin ich ein wenig verwirrt. Warum gehen die Männer des Pferdevolkes zu unseren Festungen? Ist das Königreich von Alnoa so geschwächt, dass es auf fremde Hilfe angewiesen ist?“

      „Seid beruhigt, Hochgeborener, das ist nicht der Fall“, sagte der König freundlich. „Die Pferdelords bestreifen nicht unser Land. Doch der Spaltpass im Uma´Roll ist ihnen ebenso neu wie uns. Man kann die Gefahr, die von ihm ausgeht, noch nicht einschätzen. Daher entsenden die Marken des Pferdevolkes abwechselnd einige Beritte, die in der neuen Festung von Nerianet ihren Dienst leisten. So lernen sie den Spalt kennen und es festigt zudem die freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Reichen.“

      Der Ratsherr von Gendaneris schlug mit der Hand auf die Sitzbank und zog durch das klatschende Geräusch die Aufmerksamkeit auf sich. „Ich sehe keine Gefahr darin, dass Freunde an unserer Seite stehen, und das Pferdevolk ist unzweifelhaft unser Freund.“

      Erneut erhob sich Zustimmung. Welbur ta Andarat zuckte die Schultern, betupfte seine Mundwinkel und lehnte sich ein wenig zurück. „Wie der hochverehrte ta Enderos bekundete, werden die Schäden durch das Beben stärker, je weiter man nach Osten gelangt. Wir haben somit gute Gründe, anzunehmen, dass der Schwarze Lord und seine Horden noch weit mehr gelitten haben als wir.“

      „Wir können die Verteidigung des Reiches nicht auf Vermutungen stützen.“ Daik ta Enderos wies in Richtung Osten. „Es mag sein, dass es die Bestien schlimmer erwischt hat, doch wir wissen es nicht.“

      „Das führt zu nichts.“ Ta Halda schüttelte entschieden den Kopf. Er sah Welbur ta Andarat an und seine Stimme wurde etwas schärfer. „Der Kronrat hat sicherlich dringlichere Probleme zu erörtern. Es gibt, wie ich ausdrücklich erwähnen möchte, noch genug Dung aufzuwirbeln. Das Beben hat das Kanalisationssystem von Alneris schwer getroffen. Überall stinkt es nach menschlichem Abfall und die Dungschlepper kommen mit ihrer Arbeit kaum nach. Wie weit ist die Verlegung neuer Rohre vorangeschritten?“

      Es war an der Zeit, ein wenig zurückzustecken. Welbur hatte eine durchaus bedeutsame Position im Kronrat inne, die er nicht gefährden wollte, indem er zu viel Unmut bei den anderen Ratsmitgliedern erweckte. Er bezeichnete sich gelegentlich als Bewahrer der goldenen Schüsselchen und dies war durchaus, wenigstens in Teilen, zutreffend.

      Die Provinzen und Städte zollten der Krone ihren Tribut. Ein Teil des Goldes ging in die Schatzkammer des Königs, der größte Teil wurde jedoch vom Kronrat verwaltet. Der König legte ein wenig Gold als Kriegsreserve zurück, das meiste hingegen gab er dafür aus, die Lebensumstände des einfachen Volkes zu verbessern.

      Welbur sah keinen Sinn darin, dem Pöbel kostenlose Theatervorführungen oder Gaukeleien zu bieten und ihre Wänste bei Festen zu füllen. Lediglich den Nutzen der öffentlichen Badehäuser und Heilerstuben erkannte er an, minderten sie doch den unangenehmen Geruch nach Schweiß und schwerer Arbeit, der dem Volk so oft anhaftete. Der König war hingegen nicht für die Besoldung der Garde und die Unterhaltung der Festungen verantwortlich. Dadurch sollte verhindert werden, dass er die militärische Macht ausbaute und auf sie gestützt zum alleinigen Herrscher in Friedenszeiten wurde. Man hatte aus der Vergangenheit mit einem despotischen König gelernt.

      Unglücklicherweise gehörte es zu Welburs Aufgaben, über die goldenen Schüsselchen zu wachen, welche der Garde zukamen. Für die Garde und ihren Kommandeur stellte sich so durchaus gelegentlich die Frage, ob sie den härteren Kampf gegen die Orks oder Welbur ta Andarat zu führen hatten.

      An diesem Tag zog sich die Sitzung noch lange Stunden hin. Es begann zu dunkeln, als sich König Venval ta Ajonas und Gardekommandeur Daik ta Enderos endlich zurückziehen und die Privatgemächer des Königs aufsuchen konnten. Obwohl es prachtvolle Räume im Königspalast unterhalb des Turmes gab, bevorzugte der Monarch die schlichten Räume knapp unterhalb der Turmspitze. Er liebte die grandiose Aussicht, die man von dort genoss, denn die Spitze des Turms ragte noch ein gutes Stück über den Kraterrand hinaus und man konnte weit in das Land hineinsehen.

      Auf dem Balkon vor dem Arbeitsraum Venvals stand eines der neuen Langaugen, die der Händler Helderim vertrieb. Ein verschiebbares goldenes Rohr, an dessen Enden kristallene Linsen saßen, mit deren Hilfe man ferne Dinge für das Auge nah heranholen konnte.

      Venval nickte seinem vertrauten Schreiber zu und trat an den massigen Schreibtisch, der mit Schriftrollen und Schreibutensilien bedeckt war. Seufzend bückte er sich und holte eine Karaffe und zwei Gläser hervor, um sich und dem Freund einzuschenken.

      Daik musterte die kristallklare Flüssigkeit misstrauisch. „Zwergenblor? Mit Verlaub, alter Freund, doch dieses Zeug ist mir zu stark. Es wird aus Pilzen gebrannt, benebelt die Sinne und verätzt die Innereien. Ich vermute, die Zwerge kleiden ihre Mägen mit Metall aus, um keinen Schaden zu erleiden.“

      „Ich hörte aus halbwegs verlässlicher Quelle, dass selbst Metall vom Blor zerfressen wird“, meinte der König lächelnd. „Meinem Magen bekommt es jedoch recht gut. Sofern ich den Genuss in Grenzen halte.“

      Daik nahm ein Glas mit kühlem Wein entgegen und prostete dem Freund zu. „Dieser verdammte ta Andarat wirft uns immer wieder Steine in den Weg. Könntest du ihn nicht mit diesem Blor abfüllen und versehentlich von deinem Balkon


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