Die Pferdelords 10 - Die Bruderschaft des Kreuzes. Michael Schenk

Die Pferdelords 10 - Die Bruderschaft des Kreuzes - Michael Schenk


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die gekrümmten Stoßhörner des Hornviehs, aber in den Beritten der Hochmark hatte man ein metallenes Horn eingeführt, dessen Klang heller war und weiter trug.

      Drei Beritte standen in sauberer Formation, und als Nedeam und Lotaras den Platz betraten, ertönte ein scharfes Kommando. Die zuvor fröhlich schwatzenden Männer schienen in Reglosigkeit zu erstarren. Der Wind spielte sanft mit den grünen Umhängen und Rosshaarschweifen, und einige der Pferde wurden unruhig, als freuten sie sich, dass es nun endlich losging.

      Zwei der Beritte waren als Ablösung für die Nordfeste gedacht, der Dritte würde Nedeam begleiten. Die Männer hatten sich große Mühe gegeben, sich und ihre Pferde herauszuputzen. Alles Lederzeug war frisch geölt, jedes Stück Metall poliert und jedes Ausrüstungsteil saß an seinem Platz.

      Jeder der Beritte führte seinen Wimpel an einer langen Lanze mit blattförmiger Spitze aus reinem Gold. Die Wimpel waren aus grünem Tuch und in der blauen Farbe der Hochmark eingefasst. Die Feldzeichen maßen eine Länge bis zur Spitze und eine Viertellänge an der Lanze. Sie zeigten in weißer Farbe das individuelle Symbol des Beritts. Bei den Pferdelords aus den Gehöften und Weilern war dies meist das Zeichen ihrer Herkunft, so zum Beispiel die drei Wellen des Quellweilers. Bei den Schwertmännern entschied meist der Scharführer, was auf das Tuch gemalt wurde. In jedem Fall hatten die Wimpel eine besondere Bedeutung für die Männer, die ihnen folgten und sie bis zum letzten Blutstropfen verteidigten.

      Einer der Beritte führte neben dem üblichen Ehrenzeichen ein rechteckiges Tuch. Es war ebenfalls grün und mit einer blauen Einfassung umgeben. Seine Farben waren frisch und das Tuch hatte noch nicht unter der Witterung gelitten. Es war Nedeams neues Banner als Pferdefürsten der Hochmark. Normalerweise übernahm ein Nachfolger das des Vorgängers, doch Nedeam hatte dieses der Hohen Dame Larwyn mit ins Grab gegeben. Der Respekt vor der alten Herrin und dem geliebten Pferdefürsten war zu groß, als dass Nedeam unter dessen Farben hätte reiten können.

      So hatte er lange überlegt, welches Zeichen sein neues Banner zieren sollte. Mit Llaranyas Hilfe hatte er manchen Entwurf gefertigt und wieder verworfen, und er war zu keinem rechten Entschluss gekommen. Schließlich stellte ihn die Elfin, ihrer Art entsprechend, vor vollendete Tatsachen und präsentierte ihm ein fertiges Banner, welches sie eigenhändig genäht hatte.

      Es zeigte das goldene Erkennungszeichen der Pferdelords. Einen oben offenen Ring, der einem Hufeisen ähnelte. Dessen Enden wurden von zwei Pferdeköpfen gebildet, die in entgegengesetzte Richtungen sahen. Das Symbol verkörperte die Einigkeit und zugleich Wehrhaftigkeit des Pferdevolkes. In seinem Inneren fügte Llaranya das persönliche Zeichen Nedeams hinzu, den Abdruck der Tatze eines Pelzbeißers in weißer Farbe. Als Knabe hatte er die Begegnung mit einem solchen Raubtier nur knapp überlebt und führte die Bärentatze seitdem als persönliches Zeichen auf seinem Rundschild. Das Banner gefiel Nedeam ausnehmend gut, zumal Herz und Blut seiner Llaranya darin steckten, denn sie hatte sich, wie sie verschämt eingestand, beim Nähen mit der Nadel gestochen.

      Nun war das Banner des neuen Pferdefürsten an seiner Lanze befestigt und würde die Hochmark zum ersten Mal verlassen.

      Arkarim ließ es sich als Erster Schwertmann der Hochmark nicht nehmen, seinen Pferdefürsten und Freund persönlich zu verabschieden.

      „Ich sollte an Eurer Seite sein, Hoher Lord“, sagte er in formellem Ton.

      „Es geht nicht gegen den Feind, Hoher Herr Arkarim“, erwiderte Nedeam ebenso steif. Einige der Schwertmänner grinsten unverfroren, da sie wussten, wie sehr die beiden Männer sich einander verbunden fühlten. „Es ist nur ein Übungsritt und ich weiß die Mark bei Euch in guten Händen.“

      Ein Stallbursche führte Nedeams Hengst Duramont heran. Obwohl alles in bester Ordnung war, überprüfte Nedeam jeden Gurt und jedes Ausrüstungsteil. Der Mann nahm ihm das nicht übel. Im Gegenteil, es hätte ihn und die anderen Männer sehr verwundert, wenn sich ein bewährter Pferdelord wie Nedeam nicht selbst vergewissert hätte, dass alles so bereit war, als müssten sich Ross und Reiter im Kampf bewähren.

      Duramont war auf die Art des Pferdevolkes gesattelt und gezäumt. Der Sattel war an den Seiten so unterpolstert, dass er nicht auf dem Widerrist des Pferdes auflag. Anstelle der im Reich Alnoa üblichen Steigbügel gab es Bügelschuhe, die den Vorteil hatten, dass sich ein Reiter beim Sturz nicht darin verfangen konnte. Rechts war der Lanzenköcher befestigt, in dem man Stoßlanze oder Wimpellanze abstützte. Zum Zaumzeug gehörte keine Gebisskette. Nedeam hatte die Kandaren alnoischer Gardekavallerie gesehen. Sie waren für ihn ein Zeichen dafür, dass die Alnoer mit ihren Reittieren bei Weitem nicht die Kampfeinheit bildeten, die für die Reiter des Pferdevolkes so typisch war. Bei den Pferdelords kämpften Pferd und Reiter gemeinsam, während ein Gardist kämpfen und zugleich sein Pferd beherrschen musste.

      Er warf einen kurzen Blick über die wartenden Beritte. Jene Männer, die mit ihm nach Alnoa reiten würden, hatten schon an der Seite von Gardisten gekämpft. Diesmal würde es jedoch nicht in die Schlacht, sondern nur zu einer Waffenübung gehen. Für die Männer des Pferdevolkes und der Garde eine Gelegenheit, miteinander zu reden und sich besser kennenzulernen. Das war einerseits gut, denn es förderte das Gemeinschaftsgefühl. Andererseits wusste Nedeam, wie sehr seine Männer den alten Traditionen verbunden waren. Das Pferdevolk war freiheitsliebend und konnte dem stark reglementierten Leben im alnoischen Königreich nichts abgewinnen. Das mochte zu Reibungen zwischen Pferdelords und Gardisten führen. Nedeam nahm sich vor, darauf zu achten und seinen Scharführer entsprechend zu instruieren.

      Die Unterführer Herklund und Hendur hatten ihn bereits nach Julinaash begleitet. Herklund war inzwischen zum Scharführer aufgestiegen. Verlässliche Männer und gute Kämpfer, die das Vertrauen und die Wertschätzung der Pferdelords besaßen.

      Der junge Pferdefürst nickte dem Stallburschen zu und schwang sich in Duramonts Sattel. Vor dem Aufbruch wollte er noch ein paar Worte an die Beritte richten.

      „Es ist an der Zeit, Pferdelords der Hochmark, unsere Pflicht zu erfüllen und alten Freunden und Waffenbrüdern zu begegnen. Jene von euch, die zur Nordfeste reiten, werden unter dem Befehl eines tapferen Axtschlägers des Zwergenvolkes stehen. Wie ich hörte, dient auch der alte Maratuk in der Grenzfestung. Grüßt ihn in meinem Namen. Verseht euren Dienst in Ehren und lasst mir die Finger von zu viel Blor.“ Es gab ein paar fröhliche Lacher bei den Männern und einer von ihnen wankte demonstrativ im Sattel. Nedeam stimmte in das Lachen ein. „In euren Packlasten ist frisches Brot. Es wird nicht mehr ganz so frisch sein, wenn ihr die Festung erreicht, aber es wird die Zwerge freuen. Achtet mir darauf, dass die Zwerge der nördlichen Öde von Rushaan fernbleiben. Auch wenn von dort keine Gefahr drohen mag, so gab ich den einstigen Paladinen doch einen Schwur, ihre Grenzen nicht zu verletzen. Die Krieger Rushaans sind vergangen, aber der Schwur bleibt bestehen.“

      Die Reiter nickten. Ein Pferdelord stand bedingungslos zu seinem Wort. So brave und tapfere Männer die Zwerge auch waren, gelegentlich lockten sie doch die Reichtümer, die unter dem Boden des toten Reiches verborgen lagen. Die Männer der Hochmark würden darüber wachen, dass der alte Schwur nicht erneut gebrochen wurde.

      „Jene, die mit mir zur neuen Festung Nerianet reiten, werden ebenfalls guten Männern begegnen.“ Der Pferdefürst überlegte kurz. „Die Garde ist ein wenig anders als wir vom Pferdevolk. Sie schleppen viel Metall mit sich herum und machen beim Reiten eine Menge Lärm. Sie lieben das Stampfen von Brennsteinmaschinen und ihre Unterführer brüllen gerne herum.“

      „Hört, hört“, meinte ein Schwertmann. „Wo doch unsere Unterführer ihre Stimmen nur so sanft erheben.“

      Nedeam ließ die spöttische Bemerkung durchgehen. Auf Streife, im Kampf und beim Waffendrill herrschte unter den Schwertmännern eine eiserne Disziplin, aber es war wichtig, den Männern auch Freiraum zu lassen. Es mochte sein, dass sie manchmal ein wenig über die Stränge schlugen, doch umso disziplinierter waren sie beim Töten ihrer Feinde.

      „Das Reich Alnoa hat beim großen Beben schmerzliche Verluste erlitten“, führte Nedeam aus, „und mit dem Spaltpass im Gebirge des Uma´Roll wurde eine neue Passage in das Reich des Schwarzen Lords geöffnet. Bislang ist der Feind dort nicht erschienen, doch wir alle haben oft genug gegen den Herrn der Finsternis und die Orks gekämpft,


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