Geheimauftrag für SAX (4): SPECTATOR II. Hymer Georgy

Geheimauftrag für SAX (4): SPECTATOR II - Hymer Georgy


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aus. Aber es roch nach einer Lüge.

      „Und warum hast du es nicht gleich unten auf der Straße erledigt?“

      „Sie waren einfach zu schnell. Ich habe Sie erst im letzten Moment kommen sehen. Da gingen sie bereits ins Haus.“

      „Derjenige, der dich beauftragt hat, war also sicher, dass ich hierher kommen würde?“

      „Keine Ahnung, Mann!“

      Sax erhob sich vorsichtig, hielt aber die Pistole deutlich auf den Liegenden gerichtet, sodass dieser es nicht wagte, eine hastige Bewegung zu unternehmen.

      „Mantel ausziehen. Aber schön liegenbleiben dabei!“

      Der Mann tat wie geheißen und schälte sich mühsam am Boden aus dem Kleidungsstück. Sax nahm ihn mit einer Hand entgegen, schnappte dann den lose in den Schlaufen hängenden Stoffgürtel und zog ihn geschickt heraus, ohne dabei die Waffe ablegen zu müssen.

      „Und jetzt? Was haben Sie mit mir vor?“

      „Was denken Sie wohl? Du wolltest mich umbringen. Würde es dich sehr verwundern, wenn ich jetzt mit dir dasselbe vor hätte? - Umdrehen!“

      Der Mann, nun doch deutlich ängstlicher, rollte langsam auf dem Fußboden herum.

      „Hände auf den Rücken! Kopf unten halten!“, befahl Sax. Er kniete nieder, legte die Waffe auf den Boden neben sich und band dem Mann, der keine Gegenwehr wagte, gekonnt die Handgelenke mit dem Gürtel aus dem Mantel zusammen. Dann nahm er die Pistole wieder auf, und half dem Gefesselten, sich zu erheben. Er wusste, dass einen echten Profi eine solche Fesselung nicht hindern würde, ihn trotzdem anzugreifen, aber dieser hier war keiner, sondern ein drittklassiger Mörder.

      Wer auch immer Zbytečný auf ihn angesetzt haben mochte, verfügte wohl nicht über bessere Ressourcen. Vielleicht hatte er Steiner getötet. Er glaubte aber nicht, dass Holler auf dessen Konto ging. Die Morde waren zu unterschiedlich in der Ausführung. Da hatte noch jemand anderes seine Hand im Spiel!

      „Packen Sie ein paar Sachen zusammen!“, wies Freysing nun Irina an, die dem Ganzen immer noch recht fassungslos gegenübersaß. „Kennen Sie jemanden, bei dem sie für ein paar Wochen wohnen können.“

      Sie nickte und wollte zu einer ausführlichen Antwort ansetzen, aber er bedeutete ihr zu schweigen, da Zbytečný diese mithören würde.

      „Aber meine Arbeit!“, gab sie dann von sich.

      „Was ist ihnen wichtiger? Ihr Job, oder ihr Leben?“

      „Aber er wollte doch Sie umbringen, nicht mich!“, reklamierte sie.

      „Glauben Sie ihm das?“

      Sie sagte nichts weiter, sondern trat zu einem hohen, schmalen Schrank, um sich daraus eine kleine Reisetasche zu besorgen, in welche sie alles an Kleidung hineinstopfte, was sie in der Eile greifen konnte. Dann holte sie aus dem Bad noch ihre Toilettensachen. Der Reißverschluss ging nur mühsam zu. Sax war geneigt zu glauben, dass diejenigen, die Irinas Wohnung durchsucht hatten, vielleicht nicht fündig geworden waren, und jemanden zur Beobachtung zurückgelassen hatten.

      „Los jetzt!“, befahl Sax. Es war hell draußen, aber er wollte keine Zeit verlieren. Womöglich würde man Zbytečný vermissen, wenn er sich nicht irgendwo meldete.

      Er hängte ihm den Mantel derart über die Schultern, dass die Händefesselung nicht mehr erkennbar war. So konnte es gehen! Sie verließen gemeinsam die Wohnung. Sax hielt die Pistole schussbereit unter seiner leichten Anzugjacke verborgen.

      Im Treppenhaus begegnete ihnen zunächst niemand, aber am Hauseingang hielt ihnen eine freundliche kleine ältere Dame mit Kopftuch sogar die Tür auf, und Irina lächelte sie an, obwohl es zu Lächeln gerade eigentlich nicht ihre Stimmung war.

      „Ich fahre für ein paar Tage weg!“, sagte sie zu ihr.

      „Soll ich mich um ihre Wohnung kümmern solange?“, fragte die Dame etwas misstrauisch in Hinsicht auf die beiden Männer.

      „Nicht nötig. So ewig bleibe ich nicht!“. Sie wollte der hilfsbereiten Hausbewohnerin augenscheinlich den Anblick der verwüsteten Einrichtung ersparen.

      Dann traten sie weiter hinaus auf die Straße. Freysing sah sich um. Im Augenblick herrschte sehr wenig Betrieb, es war Nachmittag, und der Feierabendverkehr hatte noch nicht richtig eingesetzt. In der Nebenstraße war es einigermaßen ruhig, der Betrieb herrschte eher in den angrenzenden Geschäften und einem kleinen Café an der Ecke.

      „Du hast ein Auto hier?“, fragte Sax und stieß den Gefesselten kurz an.

      „Da vorne. Der blaue Audi“, gab dieser sofort zu.

      Sax blickte dorthin und erinnerte sich, das Fahrzeug auch bereits bei seinem Eintreffen dort bemerkt zu haben, aber da hatte er dem Umstand keine weitere Bedeutung zugemessen. Er schalt sich selbst innerlich für die Unaufmerksamkeit. Der Schlüsselbund, den er Zbytečný abgenommen hatte, besaß einen Anhänger mit dem Markenlogo. Es war ein alter Wagen mit einem rein mechanischen Schloss, und es sollte stimmen. Zu dritt gingen sie den Bürgersteig entlang zu dem Fahrzeug.

      Er drückte Irina den Schlüsselbund in die Hand. „Machen Sie mal den Kofferraum auf!“, forderte er, und sie tat wie geheißen.

      Sie wollte ihre Tasche hineinstellen, aber er schüttelte den Kopf. Da gerade niemand sonst in der Nähe war, nahm er blitzschnell die Waffe hervor und hieb dem erfolglosen Killer damit auf den Hinterkopf. Er gab keinerlei Geräusch von sich und sackte nach vorn halb über die Kante des Kofferraums. Sax steckte die Waffe sofort seitwärts vorn unter der Jacke in seinen Gürtel und half mit beiden Händen nach, Zbytečný ganz im Wagen verschwinden zu lassen. Schnell schlug er den Deckel zu, bevor ein näherkommender Passant oder Gäste aus dem Café schräg gegenüber davon noch etwas mitbekommen konnten.

      „Steigen Sie vorn ein. Ich fahre! Die Tasche können Sie auf den Rücksitz stellen!“

      Irina war viel zu aufgeregt und eingeschüchtert, um hiergegen Protest zu erheben. Eine halbe Minute später befanden sie sich auf dem Weg aus der Stadt hinaus.

      *

      Kaum waren sie aus der Umgebung des Häuserblocks entschwunden, als der Polizei-Skoda mit Blansko und dessem Assistenten an Bord um die Ecke bog. Sie hielten am Straßenrand jenseits eines schmalen Grasstreifens direkt vor dem Eingang an und stiegen aus. Dann klingelten sie bei Irina und wiederholten es energischer, nachdem ihnen niemand öffnete.

      „In der Klinik sagten sie doch, sie habe bereits Feierabend?“, versicherte sich der Oberinspektor. Sein Assistent nickte. „Vielleicht ist sie ja noch einkaufen?“, bemerkte er. Blansko zeigte jedoch Ungeduld und klingelte bei mehreren anderen Hausbewohnern gleichzeitig. Einige Sekunden später wurde ihnen von verschiedenen Wohnungen her geöffnet. Sie traten ein und gingen die Treppen hinauf. Dort, wo ihnen Neugierige entgegen traten, zeigten sie ihre Dienstmarken.

      Vor Irinas geschlossener Wohnungstür blieben sie stehen. Blansko klopfte mehrfach fest mit der Faust dagegen.

      „Aufmachen, Polizei!“, rief er laut, und lauschte vergebens auf Antwort. Drinnen war es absolut still. Sein Blick fiel für einen Moment auf die Scherben im Flur, die von dem zerdepperten Blumentopf herrührten, und er besah sich die Pflanzenreste auf dem Schemel. Doch er wurde sogleich davon abgelenkt.

      „Die Nohydlouhý ist für ein paar Tage weg!“, sagte eine Stimme. Sie gehörte zu jener älteren Dame, welche Irina und ihren Begleitern die Haustür aufgehalten hatte.

      „Allein?“

      „Nein. Zwei Männer waren bei ihr.“

      „Zwei Männer? Kannten sie die?“

      „Nein. Noch nie vorher gesehen. Aber Irina wirkte etwas ängstlich, auch wenn sie sich Mühe gab, sich das nicht anmerken zu lassen.“

      „Wie sahen sie aus?“

      Sie beschrieb zuerst Zbytečný, der ihr nicht ganz geheuer vorgekommen


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