Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk

Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel - Michael Schenk


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die Anweisung des Kapitäns in einen metallenen Schlauch mit Trichter

      hinein, der die Worte zum Maschinisten trug.

      Die Strömung des Genda war hier recht stark und wirbelte Schlamm und

      Schmutz vom Grund auf, sodass an dieser Stelle das Wasser immer getrübt

      war. Man musste den Verlauf der Wellen und das Muster von

      Verwirbelungen entziffern, sich auf seine Kenntnis des Flusses und auf das

      Lot verlassen, damit man an den tückischen Verengungen der Fahrrinne nicht

      auflief. Ein Stück weiter den Fluss hinunter verrotteten die Wracks zweier

      Korsarenschiffe, die sich den Rumpf an Unterwasserfelsen aufgerissen hatten

      und gesunken waren.

      Ein Matrose, in der kurzen Jacke und den knielangen Hosen seines

      Berufsstandes, rannte an der rechten Seite des Schiffes entlang und führte das

      Lot mit sich. Es bestand aus einem metallenen Zylinder, der an einer langen

      Leine befestigt und an der Unterseite mit Talg bestrichen war. Als der Mann

      den Bug erreichte, beugte er sich weit vor, hielt sich mit einer Hand an der

      aufgeheizten Reling fest und warf mit der anderen das Lot aus. Klatschend

      tauchte der Zylinder ins Wasser ein, während die Leine an dem langsam

      fahrenden Schiff entlangzuschwimmen schien.

      »Recht so«, brummte ta Mergon. »Kurs halten!«

      »Steuer mittschiffs, Kurs halten«, erwiderte der Steuermann.

      »Drei Längen unter dem Rumpf«, rief der Matrose mit dem Lot.

      »Zu dicht am Ufer«, brummte Halblar. »Wir sollten mehr zur Mitte der

      Fahrrinne.«

      »Wir haben Flut, und drei Längen Wasser unter dem Rumpf reichen.«

      »Wenn es die Untiefe von Debun ist.«

      Ta Mergon seufzte leise. »Welche Farbe hat der Grund?«, rief er nach

      vorne. Er sah seinen Freund an. »Es ist Debun. Glaube mir, Halblar, ich

      kenne den Fluss.«

      Der Matrose am Lot zog den Metallzylinder hoch und betrachtete dessen

      Unterseite. Im weichen Talg hatte sich Material vom Grund des Flusses

      eingepresst. »Roter Grund, grober Kies, glatt geschliffen«, meldete er und

      warf das Lot erneut aus.

      »Debun«, stellte ta Mergon fest. »Wie ich es sagte. Ich kenne den Fluss.«

      Halblar zuckte die Achseln. »Ich weiß. Aber durch die Strömung wandern

      die Untiefen gelegentlich.«

      Der Großkapitän stieß ein leises Grunzen aus, das alles Mögliche bedeuten

      konnte. »Heute befahren wir nur den Fluss und die küstennahen Gewässer.

      Bei den Finsteren Abgründen, es gab andere Zeiten, Halblar, mein Freund.«

      »Ja, die gab es.«

      Gort seufzte abgrundtief. »Steuermann, auf alten Kurs gehen. Wir sind nun

      an Debun vorbei. Fahrt auf hundert Umdrehungen!«

      Das Steuer bewegte sich und Kommandos ertönten. »Alter Kurs liegt an,

      mittschiffs. Maschine auf hundert Umdrehungen.«

      Halblar wandte sich um und beschattete die Augen gegen die Sonne. »Sie

      folgen mittschiffs.«

      »So besagt es der Befehl des Königs.« Gort ta Mergon machte sich nicht

      die Mühe, sich umzuwenden. Natürlich folgten die beiden anderen Schiffe

      des kleinen Geschwaders der »Shanvaar«. Die »Aivaar« war baugleich mit

      dem Flaggschiff und verfügte somit ebenfalls über Schaufelradantrieb und

      Dampfkanone. Die dahinter folgende »Netluaar« hingegen war einer der

      klassischen Kampfsegler. Ihr Rumpf war etwas länger und trug drei große

      Masten; entlang ihren Längsseiten standen Katapulte und im Geschützdeck

      waren die Bolzenwerfer noch hinter den Luken verborgen.

      »Sie hat Mühe, uns zu folgen«, knurrte Halblar. »Sie fällt zurück.«

      »Die ›Netluaar‹?« Gort lachte leise. »Das wundert mich nicht. Wir haben

      kaum Wind. Wie ich dir schon sagte, Halblar, der Brennsteinantrieb hat auch

      seinen Vorteil.« Der Großkapitän des Geschwaders wandte sich nun doch um

      und musterte die nachfolgenden Schiffe. »Dabei hat ihr Kapitän schon jeden

      Fetzen Tuch gesetzt. Nun, ich will ihm die Schande ersparen, sich von der

      ›Aivaar‹ schleppen zu lassen. Steuermann, die Maschine soll auf fünfzig

      Umdrehungen heruntergehen.«

      Sie verlangsamten ihre Fahrt, aber der Segler hatte noch immer Mühe, mit

      den beiden Dampfschiffen Schritt zu halten. Gort wusste jedoch, dass seine

      stille Genugtuung von kurzer Dauer sein würde. Sobald Wind aufkam, würde

      ihnen der schnelle Segler mühelos davonfahren können. Der adlige

      Großkapitän bedauerte, dass man die Brennsteinantriebe noch nicht

      wirkungsvoller machen konnte.

      »Rauch, rechtsweisend voraus«, meldete plötzlich der Ausguck.

      »Das ist Mintris«, knurrte einer der Matrosen grimmig. »Diese verfluchten

      Bestien. Möge die ewige See sie auf ewig verschlingen.«

      »Den Gefallen wird sie uns schwerlich tun«, erwiderte Halblar leise.

      »Immerhin sind die Bastarde auf ihr zu Hause.«

      Gelegentlich segelte ein Schwarm der Korsaren die Küste entlang, um

      Siedlungen zu überfallen und zu plündern. Selbst den Fluss waren sie oft

      genug heraufgekommen, bis die Hafenstadt Gendaneris die Bucht endlich

      sicherte und die Bestien mit ihren Batterien und Wachschiffen fernhielt.

      Meistens zumindest, denn ab und zu schlüpften in der Nacht doch ein oder

      zwei Korsaren hindurch und wagten sich den Fluss hinauf. So war es auch vor

      einigen Tageswenden gewesen, als eine Horde der Bestien über die Stadt

      Mintris hergefallen war und dort so lange gemordet und geplündert hatte, bis

      zwei Regimenter der Garde sie endlich vertrieben. Ein Teil des Schwarms

      hatte sich auf die Schiffe retten können, die sich nun irgendwo zwischen

      Mintris und Gendaneris auf dem Fluss befinden mussten. Es war Gort ta

      Mergons Aufgabe, diese beiden Korsarenschiffe zu stellen und zu vernichten.

      Vielleicht


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