Der dritte Versuch Die Drachenjägerin. Norbert Wibben

Der dritte Versuch Die Drachenjägerin - Norbert Wibben


Скачать книгу
ist es mit den Schwertkämpfern und Speerträgern, sie haben die Defensivwaffe gerne angenommen.«

      Im nächsten Moment sitzen die Drei wieder auf der Veranda in der Höhe. Kayleigh hat für sie einen heißen Pfefferminztee herbeigezaubert, dessen prickelndes Aroma sich schnell ausbreitet. Sie pusten in die Tassen und nehmen einen ersten, vorsichtigen Schluck.

      »Ihr seht also, wir sind gut gegen einen möglichen Angriff gewappnet. Außerdem können wir mit dem Elfenstein Hilfe anfordern.«

      »Das stimmt«, bestätigt die Elfe. »Trotzdem bin ich nicht sicher, ob Verstärkung schnell genug bei euch sein wird. Wie viele Krieger kannst du einsetzen?«

      »Wir können etwa 400 Kämpfer stellen. Von der Auseinandersetzung mit den dunklen Magiern vor zwanzig Jahren, bei dem viele von uns getötet wurden, haben wir uns noch nicht wieder erholt. Elfen vermehren sich nicht so schnell wie Menschen, aber das wisst ihr ja.« Er macht eine kurze Pause. »Deshalb gibt es hier auch so wenig Magier. Ryan ist unser begabtester, der im Moment jedoch nicht bei uns ist.«

      »Er verfolgt und beobachtet mit seinem Freund Finn ein anderes Heer der Dubharan«, klären Kayleigh und Cian ihn auf.

      »Dass ihr nur so wenige seid, hört sich nicht gut an«, fährt die Elfe fort. »Ihr seid damit dem anrückenden Heer zahlenmäßig weit unterlegen. Du solltest mich und meine Kämpfer sofort zu Hilfe rufen, sobald sie in euren Wald eindringen.«

      »Seltsam ist nur, dass das dritte Heer bisher keine Orte angreift. Auch die Mittelelfen sind verschont worden. Es ist gut, dass Finn und Ryan ihnen folgen und sie beobachten«, ergänzt Cian grübelnd. »Sie werden uns schnell hinzuziehen, wenn die Truppen eine Teufelei aushecken! – Mir fällt gerade etwas ein. Ich glaube, ich bin doch schon zu alt. Warum warten wir darauf, dass das Heer hier im Osten das macht, was bereits im Süden geschehen ist?« Er blickt Kayleigh abwartend an. Wird auch sie erkennen, was bisher falsch an ihren Betrachtungen war. Es sieht ganz danach aus.

      »Cian, ich glaube nicht du, sondern ich werde senil. Du hast recht. Wir dürfen uns keinesfalls defensiv verhalten und nur reagieren. Dadurch sind wir immer im Nachteil. Wir müssen ihnen Einhalt gebieten und sie zwingen, sich uns zu stellen. Nur so bestimmen wir das Geschehen.«

      »Dafür habe ich nicht genug Krieger«, beginnt Lennard. »Ich kann sie natürlich angreifen, um sie kurzzeitig aufzuhalten, aber was dann?«

      »Das wäre nicht nur falsch, sondern würde unnötige Opfer fordern.« Die Elfe blickt zuerst ihn und dann ihren alten Freund an. »Wir müssen sie stattdessen in eine Falle locken und ihnen mit einer ausreichenden Anzahl Kämpfern entgegentreten.«

      »Das meinte ich«, bestätigt Cian. »Sobald wir das Heer festgesetzt haben, werden wir die Magier mit Silberfesseln unschädlich machen. Die Menschen fordern wir auf, in ihre Heimat zurückzukehren.«

      »Ich bitte die Bewohner des ehemaligen Ostreiches um Hilfe«, ergänzt Lennard. »Viele der Orte sind der Gefahr ausgesetzt, dass die Dubharan auch sie angreifen, deshalb können sie die Städte nicht gänzlich ohne Schutz lassen. Trotzdem werden sie uns unterstützen und sich meinem Befehl unterstellen, wodurch unser Aufgebot dann voraussichtlich 700 Krieger umfasst. Das sind aber immer noch zu wenig.«

      »Shane, der Sohn des getöteten Königs, ist der rechtmäßige Thronfolger und Befehlshaber dieser Menschen. Da er aber noch nicht gekrönt oder in die Aufgabe eingeführt worden ist, werden sie dir gehorchen«, bestätigt Kayleigh dessen Vermutung. »Nach den Beobachtungen von Finn und Ryan besitzen die verschiedenen Heere jeweils ungefähr 1500 Kämpfer, die von fünf bis zwanzig Magiern angeführt werden.«

      »Im Gegensatz zu der Truppe im Süden haben die anderen bisher keine Zwangsrekrutierungen vorgenommen, auch nicht in den überfallenen Orten hier im Osten. Um dieses Heer von weiteren Angriffen abzuhalten, müssen wir es unbedingt aufhalten. Damit es aber festgesetzt und besiegt werden kann, müssten wir doppelt so viele Kämpfer wie sie aufbieten. Vielleicht geben sie beim Anblick einer derartigen Übermacht sogar kampflos auf! – Die Mittelelfen stellen etwa 400 Krieger. Da in dem Gebiet wenige Städte liegen, erwarte ich von dort kaum Verstärkung durch Menschen.« Cian schaut bekümmert in die Gesichter der anderen. Sofort korrigiert ihn die Elfe.

      »Meine Kämpfer und die befreundeten Menschen aus dem Norden werden die restliche Anzahl beisteuern. Die Nordmenschen sind fast ausnahmslos beritten, ebenso wie etwa die Hälfte meiner Krieger. Trotzdem wird es dauern, bis alle hier im Osten sein werden. In der Zwischenzeit solltest du, Lennard, einen geeigneten Platz auswählen. Ich denke, in etwa einer Woche können wir hier sein, wenn unsere Zauberer die unberittenen Kämpfer mittels magischem Sprung hierherbringen.«

      »Einen geeigneten Ort kenne ich. An der Ostküste befindet sich eine wehrhafte Burg auf einem für uns günstig gelegenen Platz. Dorthin locken wir das Heer. Wenn wir ihm entgegenziehen, um es anzugreifen, werden sie begierig danach trachten, uns zu töten. Wir erschrecken scheinbar vor deren Anzahl und weichen zurück. Wir flüchten vor dem uns verfolgenden Heer zu dieser Burg, um uns hinter ihre Mauern zu retten. Notfalls können wir deren Ehrgeiz, uns zu vernichten, dadurch steigern, dass wir uns ihnen immer wieder kurz stellen. Dann werden sie darauf brennen, uns zu fassen.

      Zu diesem Kastell, das auf einer Anhöhe liegt, gelangt man nur auf zwei Wegen. Entweder vom Strand aus, nach dem Erklimmen einer steilen Felsklippe, oder über einen schmalen Pfad durch ein Sumpfgebiet. Das Moor endet an schräg aufgerichteten Felsen, die vor vielen Jahrhunderten durch unterirdische Kräfte hochgedrückt worden sind. Von hier steigt eine sanfte Hochebene zur Burganlage hinauf. Sobald sich der Gegner hier befindet, können zwischen den Felsen versteckte Kämpfer sie einschließen und ein Entkommen über den Sumpfpfad verhindern. Den Weg in die Tiefe zum Strand hinab wird keiner nutzen wollen, da das nur einzeln möglich wäre und dadurch zu gefährlich für sie wird. Dann befinden sich die gegnerischen Truppen zwischen unseren Kämpfern in der Burg und denen, die bereits in den Felsen am Ende des Moors versteckt warten.«

      »Das hört sich gut an«, bestätigt Kayleigh, während Cian wortlos nickt. »Sobald wir dieses Heer besiegt haben, nehmen wir uns das andere, nordwärts ziehende vor, bevor wir dann den Süden befreien.« Jetzt ergänzt ihr alter Freund:

      »Anschließend ziehen wir nach Westen, um die Festung der Dubharan zu erobern. Wir haben schon viel zu lange gewartet! Es ist nur zu hoffen, dass die dunklen Magier nicht wieder dieses tödliche Wesen einsetzen, wodurch unser Sieg nicht so einfach werden würde.« Die Drei ahnen nicht, dass es anders als geplant kommen wird.

      Finn und Ryan suchen nach dem Lager, das die Krieger der Dubharan aufgeschlagen haben. Sie halten dabei Ausschau nach Lagerfeuern, die in der Dunkelheit weithin sichtbar sind. Bei der herrschenden Nässe gehen die Elfen davon aus, dass Feuer schon aus dem Grund unterhalten werden, damit sich die Menschen in deren Nähe aufwärmen können. Doch lange Zeit halten sie vergeblich danach Ausschau, bis sie an einigen Stellen den schwachen Schein fast erloschener Glut erblicken. Der Regen hat nicht weiter zugenommen und der Wind scheint sich allmählich zu beruhigen. In Gestalt der großen Rabenvögel machen den beiden Elfen die Wetterbedingungen nichts aus. In einem langgezogenen Kreis segeln sie gekonnt nach unten auf das Lager zu. Dabei bemerken sie verwundert, dass nur ein Zelt errichtet worden ist.

      »Das gehört den Anführern«, sendet Ryan gedanklich an Finn, »das erleichtert unser Vorhaben!«

      »Die sichern sich ein trockenes Plätzchen, während die anderen lediglich ihre Decken oder Umhänge haben, in die sie sich zum Schutz vor der Nässe wickeln können. Aber du hast recht, das macht es einfacher für uns.«

      »Wir scheinen aber zu spät zu kommen. Solange Leute um ein Lagerfeuer sitzen, unterhalten sie sich auch. Im Zelt oder in Decken gewickelt wollen sie dagegen nur noch schlafen.« Während der Unterhaltung sind die schwarzen Vögel auf den Stangen gelandet, die aus der Spitze des Zeltes herausragen. In der Dunkelheit könnten sie gut als Verzierungen angesehen werden. Bei manchen Völkern werden unterschiedliche Symbole als Heereszeichen genutzt, die ihnen Glück bringen sollen oder


Скачать книгу