Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne. Michael Schenk

Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne - Michael Schenk


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      Zwerge florierte. Getreide, Fleisch, Lederwaren und Schmiedearbeiten

      verließen die Hochmark im Tausch gegen Klarstein, feine Stoffe und andere

      Dinge, die das Leben angenehm machten.

      Am Ostrand der Stadt Eternas, entlang des Flusses Eten, befanden sich

      Schmieden, Färbereien, Gerbereien und sonstige Handwerksbetriebe. Aus

      dem Reich Alnoa waren drei Dampfmaschinen gebracht worden, deren

      Stöhnen und Stampfen am Tag zu hören war und deren Kolben und Riemen

      inzwischen viele Werkzeuge antrieben. Nedeam mochte diese Maschinen

      nicht. Denn wenn sie die Produktion auch erhöhten, so nahm doch die

      Qualität der Waren ab. Wenn es um ein treffliches Schwert und eine gute

      Rüstung ging, war die Hand des Meisters noch immer unübertroffen.

      Nedeam trat dicht an das Fenster heran und legte eine Hand an den

      Rahmen. Noch zu Garodems Zeiten war dies eine schlichte Maueröffnung

      gewesen, die man zum Schutz gegen Kälte und schlechtes Wetter mit dicken

      Stoffvorhängen verschlossen hatte. Nun schimmerte hier Klarstein aus dem

      Reich Alnoa im hölzernen Rahmen und bot ungehinderte Sicht. Nedeam hatte

      sich erst an die Neuerung gewöhnen müssen, die sich nun überall ausbreitete,

      und sich direkt nach dem Einbau sogar die Nase an dem unsichtbaren

      Vorhang gestoßen. Noch immer perlte Llaranas Lachen über das

      Missgeschick in seinen Ohren, doch aus dem Spott war ein langer Kuss

      geworden, und so dachte er mit einem wohligen Schauer daran zurück.

      Die Hohe Dame Larwyn sah den Ersten Schwertmann von der Seite an.

      Zum ersten Mal war er ihr als zwölfjähriger Knabe begegnet. Damals hatte er

      seine Mutter, die von Orks verletzt worden war, nach Eternas gebracht.

      Seitdem hatte Nedeams Gesicht an Kontur gewonnen. Wind und Wetter

      hatten ihre Spuren darauf hinterlassen. Aus dem Jungen von einst war ein

      Mann geworden, der viel Verantwortung auf den Schultern trug. Nedeam war

      daran gereift. Eine solche Entwicklung hätten sich Larwyn und ihr Gemahl

      auch für Garwin erhofft. Hatten sie und der Pferdefürst den Launen ihres

      Sohnes zu oft nachgegeben? Warum hielt Garwin so wenig von den alten

      Traditionen? Warum machte er dem grünen Umhang so wenig Ehre? Larwyn

      seufzte leise und blickte zur Stadt hinüber.

      »Garwin ist mit einer kleinen Schar draußen«, sagte Nedeam in die Stille.

      »Er durchstreift die Mark.«

      »Ja, er reitet oft hinaus«, stimmte Larwyn zu.

      Der junge Pferdefürst war häufig in der Hochmark unterwegs und schien

      sich nur wenig um die Angelegenheiten der Festung Eternas und ihrer

      Schwertmänner zu kümmern. Nedeam war dies nur recht, auch wenn er ihn

      manchmal gerne besser im Auge behalten hätte. Was die Führung der

      Schwertmänner anging, so brauchte Nedeam inzwischen kaum noch den Rat

      des alten Tasmund. Als er den schlichten grünen Umhang der Pferdelords

      gegen den blau gesäumten eines Schwertmannes tauschte, da hatte er sich an

      manche Besonderheit gewöhnen müssen. Die einfachen Pferdelords waren

      Männer, die ihren Berufen nachgingen und einmal im Jahr zur Wehrübung

      nach Eternas kamen. Sie rüsteten sich selber aus und nahmen als Waffen oft,

      was ihnen auch im täglichen Leben von Nutzen war. Der Bogen des Jägers

      oder die Axt, mit der sich Holz ebenso gut wie ein Orkschädel spalten ließ.

      Die typische Stoßlanze des Reitervolkes hatte jedoch außerhalb des Kampfes

      keinen praktischen Nutzen und wurde daher aus der Waffenkammer des

      Pferdefürsten gestellt. Die Wehrübungen dienten dazu, den Umgang mit der

      Lanze zu trainieren und den einfachen Pferdelords die Manöver in einem

      geordneten Beritt zu vermitteln. Im Gegensatz zu diesen Kämpfern waren die

      Schwertmänner Berufssoldaten, die das ganze Jahr unter Waffen standen und

      dem Herrn der Mark als ständige Wache dienten. Die Ansprüche an sie waren

      weitaus höher. Sie lernten, wie man Knie an Knie die engen Formationen ritt

      und mit dem Schwert umging. Sie waren es, die in der Schlacht als Erste auf

      den Feind prallten und unter denen es auch die ersten Opfer gab. Die

      Schwertmänner waren stolz auf ihren blauen Saum und die blauen

      Rosshaarschweife an ihren Helmen. Nedeam war nun einer von ihnen und

      zugleich weit mehr als das. Als Erster Schwertmann zeichnete er für ihre

      Ausbildung und Versorgung verantwortlich und führte sie in der Schlacht,

      wenn der Pferdefürst diese Ehre nicht selbst beanspruchte.

      Nedeam trug ebenfalls Harnisch und Handschuhe der Schwertmänner, und

      doch gab es ein Detail, in dem er sich deutlich von ihnen allen unterschied.

      Statt dem geraden Schwert des Pferdevolkes führte er eine leicht gekrümmte

      elfische Klinge. Ein Geschenk von Jalan-olud-Deshay, dem Ersten des

      Hauses Deshay. Vor Jahren hatten die Pferdelords den Elfen gegen die Orks

      und Grauen Zauberer beigestanden, und Nedeam hatte sich dabei besonders

      hervorgetan. Nach der Schlacht um Merdonan hatte Jalan ihm sein eigenes

      Schwert zum Geschenk gemacht.

      Bei diesem Abenteuer hatte Nedeam noch ein weitaus wertvolleres

      Geschenk erhalten. Seine Liebe zu Llarana, der Tochter Jalans. Es hatte lange

      gedauert, bis die Elfin seine Gefühle erwiderte, doch als sie es endlich tat,

      geschah es mit der Bedingungslosigkeit der elfischen Seele.

      »Darf ich meinen Ersten Schwertmann etwas fragen?«

      Nedeam runzelte überrascht die Stirn. »Herrin, ich …«

      »Ich will offen sein, Nedeam, mein Freund.« Sie legte ihm erneut in

      vertraulicher Geste die Hand auf den Arm. »Ihr dürft niemals vergessen, wer

      Ihr seid. Ich meine damit nicht den Ersten Schwertmann der Mark, sondern

      den Menschen und Pferdelord dahinter. Ihr vergrabt Euch zu sehr in die

      Arbeit, Nedeam. Nehmt Euch mehr Zeit für Euch selbst und für die

      Menschen, die Euch nahestehen.« Larwyn deutete auf den Schreibtisch. »Die

      ganze Nacht hindurch habt Ihr über Listen gebrütet und an Eure Pflichten

      gedacht.«


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