Lykanta. Oliver Speier
versucht Stefan gerade meine Tasche zu finden, aber ich kann für nichts garantieren. "
Katana kaute nachdenklich auf ihrer Lippe, was durch den langen Eckzahn recht gefährlich aussah.
" Deine Scheckkarte kannst du sowieso nicht benutzen ehe alles geregelt ist. "
Entsetzt blickte ich sie an. " Aber wovon soll ich den dann Leben? "
Sie winkte ab. " Im Notfall kann ich dir Geld leihen. In der Regel ist alles innerhalb einer Woche geregelt. Sobald Stefan mit deiner Tasche zurück ist erledigen wir das. Ich besorge jetzt erst mal etwas zum Anziehen. " Nachdem ich ihr meine Schuh- und Kleidergröße gesagt hatte machte sie sich auf den Weg. Ich setzte mich aufs Bett. Aus Langeweile tastete ich mit der Zunge meine Zähne ab und fand prompt noch einen der einfach aus dem Zahnfleisch kippte. Etwas schockiert spuckte ich ihn aus. Wenn das so weiterging, lief ich bis heute Abend zahnlos durch die Gegend.
Ich wurde von meinen Sorgen abgelenkt, als die Tür aufging und Stefan seinen Kopf hereinstreckte. Ihm folgte seine Hand, die meine Tasche hielt. Ich konnte einen begeisterten Aufschrei nicht unterdrücken und rannte auf ihn zu, was ihm doch Angst zu machen schien. Er hob die Tasche wie ein Schutzschild vor sich, doch ich ignorierte sie und umarmte ihn stürmisch. Er wurde stocksteif in meinen Armen, betreten lies ich ihn los und machte einen Schritt zurück. " Sorry wegen des Überfalls eben, aber ich hab mich so gefreut, weil du die Tasche gefunden hast." Er wirkte noch immer recht verdattert, als er zu sprechen begann. " Keine Ursache. Sie lag bei Ivan im Büro. Er hätte sie sowieso bald bringen lassen. "
Je länger er sprach, umso entspannter wurde er. Ich würde mir merken müssen ihn nicht zu berühren, scheinbar mochte er das nicht.
Aufgeregt schnappte ich die Tasche und leerte sie aufs Bett. Nachdem ich alles überflogen und auch die Tasche mehrfach durchstöbert hatte, setzte ich mich frustriert aufs Bett. Stefan blickte mich unsicher an. " Fehlt etwas? " Ich nickte. " Ja, mein iPhone! " Er wurde ganz nervös und lief aufgeregt hin und her. " Ich geh gleich nochmal zu Ivan, vielleicht lag es woanders. "
Ehe ich ihn daran hindern konnte war er verschwunden und ich blieb erneut alleine zurück. Ich nutze mein Warten und prüfte meine Barschaft. Ich kam auf knappe 74 Euro. Große Sprünge konnte ich nicht damit machen. Ein Klopfen an der Tür lenkte mich von meinen Geldsorgen ab. Auf mein " Herein! ", polterte Katana ins Zimmer. Sie hatte einen großen Stapel Kleidungsstücke, welche sie neben mir aufs Bett fallen ließ. Wir begannen darin zu stöbern und ich hatte gerade einige Dinge herausgesucht, da öffnete sich die Tür erneut. Stefan kam mit leeren Händen und hängendem Kopf herein. Das Handy war also nicht da.
Als er ins Zimmer trat und Kati erblickte blieb er neben mir stehen. " Lady Katana!" Mit einer förmlichen Verbeugung grüßte er sie. Diese hob nur gelangweilt eine Hand. " Hoi alter Schwerenöter. "
Er blieb angespannt stehen. Ich kümmerte mich jedoch nicht weiter darum und eilte mit den Klamotten ins Bad, um mich anzuziehen. Als ich aus dem Bad kam, um mich zu präsentieren, zeigte mir Kati deutlich was sie von meinem Outfit hielt. Demonstrativ steckte sie sich einen Finger in den Rachen und gab Würgegeräusche von sich. Sie warf mir einen Minirock zu den ich sofort zurückwarf. "Nie im Leben! Den würde ich nicht mal anziehen wenn ich Unterwäsche an hätte! "
Stefan machte große Augen während Katana nur auflachte. Von den mitgebrachten Schuhen passten nur hässliche braune Globetrotter.
Stefan versuchte das Ganze zu beschönigen. " Also, ganz so schlecht sehen sie doch gar nicht aus. " Als er unsere giftigen Blicke bemerkte, verstummte er und schrumpfte in sich zusammen.
Katana warf einen Blick auf ihre Uhr. " Mist das wird heute nichts mehr, du musst erst mal den Papierkram erledigen und ich hab auch noch das eine oder andere zu tun. Am besten Stefan bringt dich zu dem Büro und ihr erledigt das eben. "
Dieses eben erledigen zog sich die ganze Nacht und noch mehrere Stunden des nächsten Tages hin. Wir verbrachten stundenlang in Büros und ich musste Unterschriften unter Vollmachten setzen, Fotos und allerlei Angaben machen. In dieser Zeit, verlor ich fast alle meine vorderen Zähne und die neuen schoben nach. Stefan blieb die ganze Zeit bei mir, versorgte uns mit Essen und erledigte Botengänge. Irgendwann gegen Ende des zweiten Tages stieß Katana hinzu. Man schärfte mir nochmals ein keinen Kontakt zu Familie oder Bekannten zu suchen. Ferner sollte ich mich in der Öffentlichkeit bedeckt halten. Als wir endlich alles erledigt hatten und vor der Tür standen, blickten wir uns müde an.
Katana schüttelte frustriert den Kopf. " Boah, schlimmer als auf jedem Amt. Die ganze Scheiße hat so lange gedauert, dass in zwei Stunden die Läden schließen. Da lohnt sich einkaufen heute auch nicht mehr. Am besten wir fahren kurz zu deiner Wohnung damit du wenigstens das Nötigste hast. "
Bei ihren Worten blickte Stefan nervös hin und her. " Lady Katana ich glaube das ist keine gute Idee. Bertram hat extra die Order gegeben, frisch Gewandelte nicht raus zu lassen, bevor sie nicht als sicher eingestuft wurden. "
Katana grinste ihn an. " Du Hasenfuß musst ja nicht mitkommen. Außerdem bin ich ja wohl lang genug Vampir, um das Ganze abschätzen zu können! "
Stefan zuckte bei ihren Worten sichtlich zusammen und meinte. " Scheinbar legt man hier auf meinen Ratschlag keinen Wert, da kann ich genauso gut auf mein Zimmer gehen! " Mit einem kurzen Nicken eilte er wütend davon.
Abschätzend blickte ich sie an. " Ich will dich ja nicht kritisieren, aber war das eben nicht etwas hart? "
Sie verdrehte die Augen. " Wäre es dir lieber, wir würden uns an die Vorschriften halten und du läufst bis Montag in diesen schrecklichen Kleidern herum, oder sind wir weiblich pragmatisch und holen dir was du brauchst? "
Ich stimmte ihr zu, konnte mir eine kleine Spitze jedoch nicht verkneifen. " Nee, das mit dem holen ist schon ok, aber musstest du den Jungen so anblaffen? "
Sie kicherte. " War vielleicht etwas zu viel des Guten, aber ich lasse mich ungern bevormunden. Los jetzt. Wir gehen lieber, bevor er uns noch meldet." Mit diesen Worten zog sie mich zur Treppe.
7 Home sweet Home
Auf dem Weg zum Parkplatz begegnete uns keine Menschenseele. Als wir beim Wagen angelangt waren, blickte ich erstaunt zu Katana. " Das ist unser Auto, aber es ist, wie soll ich sagen, so klein? " Sie grinste mich nur an und stieg ein. Ich beeilte mich, ihrem Beispiel zu folgen und setzte mich neben sie. Während wir Richtung Tor fuhren, klärte sie mich auf. " Der Micra hier ist optimal für das, was wir vorhaben, er passt in teure und in normale Wohngegenden, weil er ein typisches Frauenfahrzeug ist. " Was sie sagte, klang einleuchtend, dennoch hatte ich Zweifel und blickte kritisch auf die Rückbank. Ob da überhaupt meine Koffer alle hineinpassen würden? Als ich meine Bedenken kund tat, schüttelte sie den Kopf. " Vergiss die Koffer, du packst eine Tasche, das muss reichen. "
Als wir das Gelände verließen, fragte sie mich, wo ich wohnte. Nachdem sie die Adresse gehört hatte, pfiff sie beeindruckt. " Ist ja ne noble Wohngegend. Du scheinst gut verdient zu haben. " Ich seufzte auf. " Nicht ganz so viel, wie du denkst. Zudem war es der einzige Luxus, den ich mir gegönnt habe, aber Kati, würdest du mir einen Gefallen tun, ehe wir dort hin fahren? Bei meiner Verwandlung im Park hab ich scheinbar mein Handy verloren. Könnten wir dort vorbeifahren, um zu schauen, ob es noch da liegt? "
Auf ihrer Stirn erschienen steile Falten und ich rechnete schon damit sie würde ablehnen, doch zu meiner großen Überraschung stimmte sie zu. Ich beschrieb ihr den Weg und zwanzig Minuten später hielten wir am Park. Es war zwar schon Abend, doch es tummelten sich noch allerhand Leute. Zu zweit marschierten wir zu dem Platz, an dem ich so unverhofft aus meinem Alltag gerissen worden war. Nichts deutete mehr auf den Kampf hin, der hier stattgefunden hatte und ich wurde etwas unsicher, ob ich auch die rechte Stelle erwischt hatte. Als im Park die Lichter angingen, war ich mir jedoch sicher. Unser Bereich blieb im Dunkeln, was mir mit meiner neuen Sehkraft jedoch nichts ausmachte. Während Katana die Umgebung im Auge behielt durchstöberte ich die Büsche. Nach zehn Minuten musste ich einsehen, dass mein Handy wohl einen neuen Besitzer hatte. Katana schien es nun eilig zu haben, denn sie drängte mich zurück zum Auto. Die Fahrt zur Wohnung verlief ereignislos. Sie