Die Kraft der positiven Gefühle. Peter Schmidt

Die Kraft der positiven Gefühle - Peter Schmidt


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„Paniksituationen“ zu bewältigen. Mit dieser mentalen Technik sind Sie bestens gerüstet, um akute Krisen zu bewältigen. Auch wenn wir es nicht beschwören wollen: In Stresssituationen wie Flugzeugentführungen, Geiselnahmen, Vergewaltigungen oder Unfällen sollten Sie mit der Haltung des zulassenden Betrachters einen klareren Kopf behalten können.

      Desensibilisierung hilft Ihnen darüber hinaus, traumatische Folgen wie Ängste und Alpträume mit einer Art „Stressimpfung“ zu verringern. Sie werden sich der emotionalen Macht solcher Situationen zwar nicht völlig entziehen können.

      Doch die Tatsache, dass Sie der Belastung nicht hilflos ausgeliefert, sondern auf die Wahrnehmung Ihrer Gefühle konditioniert sind, verschafft Ihnen beträchtlich mehr inneren Spielraum.

      Wie gut die Technik in extremen Stresssituationen wirkt, hängt von Ihrer Fähigkeit zur Entspannung, Ihrer emotionalen Belastbarkeit als Typ und der Aufrichtigkeit Ihres Zulassens ab.

      Wenn Sie bereits die Wortklangmeditation beherrschen, wie in Kapitel 9, „Entspannung als Grundlage mentaler Techniken“ beschrieben, dann ist es ein probates zusätzliches Mittel, innerlich lautlos sprechend Ihren Wortklang („Mantra“) aufzunehmen, weil durch längeres Konditionieren ein starker Entspannungsreflex damit verbunden ist.

      3 Problem-Desensibilisierung

       Hier erfahren Sie, wie Sie sich ebenso wirksam von Sorgen, Problemen und Ängsten befreien können. Kapitel 16 in Teil B vermittelt Ihnen Tipps, Kniffe und wichtiges Hintergrundwissen, um Ihre Technik zu perfektionieren.

      In derselben Weise, wie Sie sich desensibilisieren, wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit auf negative Gefühle im Körper lenken, können Sie auch negative Gefühle beeinflussen, die mit Gedanken, Ereignissen und Situationen verbunden sind, also das, was man gemeinhin als „Problem“ bezeichnet.

      Sich von solchen negativen Gefühlen zu befreien wirkt um so sicherer und nachhaltiger, je entspannter wir bei dieser Übung sind. Deshalb ist es zweckmäßig, der Problem-Desensibilisierung eine starke Entspannungsphase vorzuschalten.

      Lernen Sie gegebenenfalls zunächst einige Tage lang eine Entspannungstechnik, z.B. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Zen, Yoga-Meditation oder Wortklangmeditation, wie sie in Kapitel 9, „Entspannung als Grundlage mentaler Techniken“ empfohlen wird.

       Merksatz: Entspannung ist ein sehr wirksamer Verstärker mentaler Techniken.

      Wählen Sie wieder wie beschrieben einen bequemen Sessel, am besten an einem ruhigen, abgedunkelten Ort, und schließen Sie die Augen. Lassen Sie nach der vorgeschalteten Entspannungsübung etwa eine halbe Minute lang alle Wahrnehmungen zu. Dazu gehören sowohl angenehme wie unangenehme Gefühle und Gedanken, also auch Unlust und störende Geräusche. Richten Sie dann Ihre Aufmerksamkeit eine Zeit lang oder wiederholt auf den negativen Gefühlsaspekt der Vorstellung.

      Wenn Sie zum Beispiel an Lampenfieber leiden, ist der negative Gefühlsaspekt jenes unangenehme, schmerzhafte, unlustbetonte „Gefühlslicht“, das sich mit der Vorstellung oder realen Situation verbunden zeigt, vor Menschen aufzutreten.

      ZUSATZREGEL:

      Betrachten Sie gegebenenfalls die verschiedenen Aspekte des Problems, falls das Problem komplex ist und aus mehreren Perspektiven betrachtet werden kann. Gemeint ist nicht ein Problem, das auch sachlich zu lösen wäre – sachliche Probleme werden weiterhin sachlich gelöst. In dieser Übung denken wir nicht über sachliche Lösungen nach!

      Suchen auch in diesen zusätzliche Aspekten oder Varianten des Problems immer das Unangenehmsein des Fühlen auf, denn dies ist entscheiden für den Vorhang des Verlernens einer erlernten emotionalen Reaktion.

      HINWEIS:

      In der klassischen Verhaltenstherapie wird die Wahrnehmung des problematischen Objekts mit einer Entspannungsreaktion, meist durch Progressive Muskelentspannung, gekoppelt. Da z.B. Angst und Entspannung sich gegenseitig ausschließen, leitet das einen Verlernprozess ein.

      Wie zahlreiche Versuch gezeigt haben, lässt sich diese Form des Verlernens jedoch deutlich beschleunigen – auch weil sie einfach zu praktizieren es –, wenn wir stattdessen auf das Unangenehmsein des Fühlens fokussieren

      („Aversio Fokussierung“. Vergl. dazu Peter Schmidt: Mythos Emotionale Intelligenz. 2010. Scanning. Neue Mentaltechniken gegen emotionalen Stress. 2006).

      Wie fühlen Sie sich, wenn Sie an das Problem denken? Ist das Gefühl körperlich oder geistig? Welche Stimmung erzeugt es in Ihnen? Suchen Sie keine verbalen Antworten! Betrachten Sie nur das Gefühl. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf jenen Aspekt des Gefühls oder der Stimmung, der unangenehm ist.

       Bei dieser Gelegenheit: Können Sie erkennen, dass das Unangenehmsein der entscheidende Faktor des Problems ist?

      Würde man aus dem Problemgefühl oder auch aus dem ganzen Problem das Moment des Unangenehmseins entfernen können – sagen wir: durch „neurologischen Knopfdruck“, z.B. durch Eingriff in unsere Mandelkerne –, dann verlöre das Problem auf der Stelle seinen eigentlichen Leidenscharakter für uns. Es wäre nicht mehr emotional bedrängend. Einen solchen neurologischen Schalter gibt es leider nicht.

      Wir erfassen Negativität offenbar auf zweierlei Weise: kognitiv oder emotional. Gedanklich erfasste Negativität tut aber nicht weh, dazu bedarf es der ergänzenden emotionalen Komponente. Diese ist jedoch variabel, verändert sich, lässt sich verlernen. Die zulassende Betrachtung des negativen Gefühls, seine mentale Isolierung, führt jedoch nach und nach zu ähnlichen Ergebnissen wie ein neurologischer Schalter, vorausgesetzt, Sie wenden folgende Regel an:

      Auch in dieser Übung bewerten wir weder das negative Gefühl noch versuchen wir zu erklären, welche Gründe es hat. Wir heißen es nicht gut oder schlecht, idealisieren es nicht oder versuchen nicht, es zu vertreiben. Wir müssen unser negatives Gefühl auch nicht „lieben“. Das Leben tut schließlich schon genug weh, oder? Wir nehmen es lediglich als neutraler Beobachter wahr, ohne weitere Absicht.

      Bei der Problem-Desensibilisierung sagen wir nicht etwa:

      „Ich habe demnächst kein Lampenfieber mehr!“ Wir reden uns nichts ein.

      Wir setzen auch nicht unseren Willen ein. Wir spannen uns nicht an.

      Wir konzentrieren uns nicht.

      Wir haben keine Erleichterungserwartung. Wir klammern unsere Zielvorstellungen für die Zeit der Übung aus. (Im Prinzip wünschen wir uns zwar, dass unser Problem verschwindet, sonst würden wir ja nicht üben, aber während der Übung stellen wir unsere Absicht sozusagen in Parenthese.)

      Wir müssen uns auch nichts einbilden! Wir brauchen uns nichts zu suggerieren. Der Vorgang der Desensibilisierung ist ein automatischer Prozess ohne weiteres Zutun, ohne Absicht oder Erwartungshaltungen. Absichten und Ziele behindern ihn eher. Er beruht auf einfachen mentalen Prinzipien, die uns nicht einmal bekannt sein müssen.

      Lassen Sie das negative Gefühl in entspannter Haltung zu, so wie es sich von allein einstellt. Kämpfen Sie nicht. Ihr eigener Beitrag ist Leichtigkeit, unkonzentrative Zuwendung der Aufmerksamkeit. Negative Gefühle mögen stark oder schwach sein, Ihr Umgang mit ihnen ist Leichtigkeit.

       Das ist möglich, weil Sie zwar nicht unbedingt völlig Herr Ihrer Gefühle sind, wohl aber steuern können, wie Sie dann mit Ihren Gefühlen umgehen!

      Nehmen Sie sich selbst und das Gefühl wiederholt in ihrer Dualität wahr: sich selbst als entspannt – das negative, unangenehme Gefühl in authentisch zulassender Haltung – also nicht mehr weiter vermeidend!

      Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf den tiefen Entspannungszustand Ihres Körpers, wenn das Gefühl zu stark wird. Fühlen Sie in diesem Fall Ihre Entspannung. Pendeln Sie, wenn Ihnen die duale Wahrnehmung schwierig


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