SAII-RON. Casy Paix
ein unglaublicher Schmerz meine Brust. Ich keuchte auf und ließ mein Schwert sinken. Was war das? Ich spürte förmlich wie die schwarzen Runen und Symbole auf meiner Haut in Bewegung gerieten, als wären sie zum Leben erwacht. Eine Woge ungebändigter Wut schlug über mir herein und ich wurde mit einem starken Griff um meine Taille gepackt und zurückgezogen.
„Sie wird euch keine weitere Frage mehr beantworten!“
Ich spürte Tchais Wärme an meinem Rücken und seine linke Hand, die mich von hinten umgriff und sich auf meine Brust legte. Sofort ließ der brennende Schmerz nach.
„Tut mir leid, das es so lange gedauert hat. Ich wurde von einem gut versteckten aber schlecht errichteten Bannkreis aufgehalten.“
„Wer sind sie Tchai?“
„Ich bin mir nicht sicher. Jedoch scheinen sie eine gewisse Macht mit sich zu führen, denn sie tragen Drachensmaragde bei sich!“
Drachensmaragde also. Deshalb hatte Tchai die Ankunft der Fremden auch nicht vorhersehen können. Die grünen Steine, die mit roten Schlieren durchzogen waren, konnten einen Drachenspürsinn verwirren und täuschen.
Tchais dunkle Wut umspülte uns und richtete sich mit ihrer ganzen Kraft auf die Fremden vor uns. Die Frau wich hastig mehrere Schritte zurück und auch der Bärtige sah zumindest teilweise beeindruckt aus. Die Dämmerung schien sich enger um Tchai zusammen zuziehen und ich wusste, das er gleich seine Wandlung vollziehen würde. Wäre er erst einmal in seiner Drachengestalt hätten die Fremden keine Chance. Leider würde von Krischans Hütte auch nicht mehr viel übrig bleiben, denn wenn sich Tchai auf einen Kampf einließ überlebte im unmittelbaren Umfeld nur sehr wenig.
„Tchaikor!“
Die mahnende Stimme ließ mich erleichtert aufatmen und ich drehte mich zu Krischan um. Neben mir fluchte Tchai wütend, packte mein Handgelenk und zog mich mit zu Krischan.
„Krischan, wir wussten nicht das die Kleine wirklich zu euch gehört.“
Ungläubig beobachtete ich, wie zuerst der bärtige Mann gefolgt von der Frau in eine tiefe Verbeugung fiel. Auch der Mann im Schatten der Bäume rührte sich leicht und sank auf sein Knie, um es seinen Begleitern gleich zu tun.
„Krischan was …“
Krischan schüttelte leicht den Kopf und ich verstummte augenblicklich. Er hielt seinen braunen Kräuterbeutel, der sichtlich gefüllt war, in der einen Hand und seinen Wanderstab in der Anderen. Mir entging Krischans stille Warnung nicht und ich rutschte näher an Tchai heran. Dieser stemmte streitlustig seine Hände in die Hüfte und funkelte die drei Knieenden vor uns böse an. Noch immer loderte ein dunkles Feuer in seinen grünen Augen.
„Es ist lange her seit wir uns das letzte Mal gesehen haben Dawn. Eigentlich hätte ich euch etwas früher erwartet! Aber wir sollten zu aller erst nach Innen gehen, dort können wir in Ruhe reden“, meinte Krischan und wandte sich ohne auf eine Antwort zu warten um.
Noch immer verharrten die Fremden kniend und ich bezweifelte langsam, dass sie sich überhaupt noch rühren würden.
Tchai stieß einen abfälligen Laut aus und zog mich einfach hinter sich her in Richtung der Hütte. Kaum hatten wir uns in Bewegung gesetzt erhoben sich die drei, mir noch Unbekannten, um uns zu folgen. Tchai schob mich vor sich durch die Tür und ich betrat hinter Krischan die kleine Hütte, die seit acht Jahren mein Zuhause war.
Krischan entzündete mehrere Öllampen und entfachte das Feuer im Kamin zu neuem Leben. Tchai lehnte sich angriffslustig mit verschränkten Armen neben den alten Kamin an die Wand und beobachtete wie zuerst der bärtige Mann – Dawn -, gefolgt von der Frau eintrat. Als Letztes erschien der bis dahin im Schatten verborgene dritte Fremde. Ich merkte, wie Tchais Stimmung um schwang noch bevor er mit zwei großen Schritten vor dem Mann stand und ihn an den Schultern gepackt gegen die Wand stieß.
„Du! Ich hätte wissen müssen das du deine Finger darin verwickelt hast. Wer sonst kennt meine Schwachstellen so gut wie du?“
Die leise geflüsterten Worte erreichten mehr meine Gedanken als mein Ohr. Tchai kannte ihn tatsächlich und allem Anschein nach hatte er nicht damit gerechnet ihn hier vor sich stehend zu sehen.
„Ein Bannkreis? Shinn! Gerade du müsstest doch wissen, das es Tchai nicht aufhalten kann“, meinte Krischan belustigt und setzte sich an einen der Stühle um den großen Holztisch.
Der Angesprochene verzog sarkastisch seine Lippen und sah dabei Tchai herausfordernd in die Augen.
„Nun du kennst mich ebenfalls Krischan und weißt das ich mir keine Gelegenheit entgehen lasse ihn zu ärgern.“
Shinns Stimme glitt wie Seide über mich. Zum ersten Mal konnte ich ihn genauer betrachten. Er war groß, wobei ihn Tchai immer noch um einen Kopf überragte. Sein hellbraunes, wild fallendes Haar reichte ihm bis zu den Schultern und seiner Statur nach zu urteilen verstand er sich genauso gut auf den Umgang mit dem Schwert wie auf Bannkreise. Zwei goldene Ringe, die durch eine kleine Kette miteinander verbunden waren, blitzten an seiner rechten Hand auf, als er diese zu Tchais Gesicht hob.
„Übrigens Tchai, du hast dich kein bisschen verändert.“
Die gehauchten Worte des Fremden bewirkten das sich Tchai kurzzeitig versteifte, nur um sich dann mit einem Ruck umzudrehen und wieder zu seinem Platz neben dem Kamin zurückzukehren.
„Nun da wir uns alle herzlichst begrüßt haben … setzt euch doch. Ich denke wir haben eine Menge zu Besprechen. Jedoch hole ich uns zuvor noch etwas Wein und eine kleine Stärkung.“
Mit diesen Worten erhob sich Krischan und verschwand in den angrenzenden Raum. Die darauf eintretende Stille war beinahe greifbar. Ich stellte mich neben Tchai, denn dort fühlte ich mich sicher. Die ganze Situation überforderte mich zunehmend.
Ich sah wie dieser Dawn und die Frau, deren Namen ich noch immer nicht kannte, mich interessiert musterten. Ich ergriff unbewusst Tchais Hand und merkte, wie er sie beruhigend drückte.
„Du bist sehr still Kind, verrätst du uns nun deinen Namen? Hätten wir gewusst das du die neue Hohepriesterin bist, wären wir nicht so …“
„Unhöflich gewesen?“, fragte ich schroff.
Bevor Dawn antworten konnte, kam Krischan mit dem Wein und stellte die Becher auf den Tisch.
„Ihr müsst Layra entschuldigen. Es kommen nicht oft Fremde in diese Gegend und sie wurde von uns dazu erzogen Vorsicht walten zu lassen und nicht zu viel von sich preiszugeben.“
Ich dankte Krischan im Stillen, das er das Reden übernahm.
Er wusste bestimmt, wie hilflos ich mir momentan vorkam.
„Setzt dich zu ihnen Prinzesschen. Die Geschichte wird etwas länger dauern. Ich werde kurz nach draußen gehen, ich bin gleich wieder zurück.“
Mit großen Schritten durchquerte Tchai den Raum und verschwand ohne ein weiteres Wort durch die Tür nach draußen. Shinns Blick folgte Tchai und kaum fiel die Holztür hinter ihm zu, schob Shinn seinen Stuhl zurück und stand auf.
„Entschuldigt mich!“
Er verbeugte sich kurz vor Krischan und verschwand ebenfalls nach draußen. Wer waren diese Leute? Sie schienen voller Respekt zu Krischan aufzublicken. Ich setzte mich zögerlich neben ihn an den Tisch und nahm mir ebenfalls einen Becher Wein. Nach einem kleinen Schluck spürte ich, wie sich seine Wärme in meinem Bauch ausbreitete.
„Krischan wir hätten dich früher von unserer geplanten Ankunft in Kenntnis setzten sollen. Leider wurden wir immer wieder von Aufständischen und sonstigen Gesindel auf unserer Reise aufgehalten. Überall kommt es zu kleineren Kämpfen und man merkt, das der Frieden ins Wanken gerät. Umso wichtiger ist es, das die Hohepriesterin mit Saii-ron in die Reihen des Kristallrates zurückkehrt. Sie haben uns nun geschickt, um der Priesterin eine sichere Reise zu gewährleisten.“
Mir lief es kalt den Rücken hinab. Der Wein konnte daran nichts ändern. Hatte Krischan Kontakt zu ihnen aufgenommen?
Warum