NACHT ÜBER DUNKELHEIT. M.D. Redwood

NACHT ÜBER DUNKELHEIT - M.D. Redwood


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jetzt folgendes«, fuhr der Magier fort. »Ich Vigor, gehobener Magier im Quarzstand,«

      Vigor fragte sich, was das jetzt wieder heißen sollte. Vielleicht hätte er doch besser die Kristallgerechtigkeit erfragt.

      »...schwöre hiermit als Schüler der Sonnenakademie im Angesicht meines Meisters, seiner Eminenz Brandolf II. vom Sonnenorden,«

      Ging es nicht vielleicht ein bisschen länger? Zumindest wusste Vigor nun den korrekten Namen des Mannes.

      »Du solltest anfangen nachzusprechen, oder kannst du dir das merken?«

      »Bisher schon.«

      »Dann bitte.«

      »Ich Vigor, gehobener Magier im Quarzstand?«

      Er sah Sonnenorden Junior nicken.

      »Schwöre hiermit als Schüler der Sonnenakademie im Angesicht meines Meisters Brandolf II. vom Sonnenorden.«

      Der Junge wartete auf die weiteren Ausführungen. Er sprach direkt dem Magier hinterher.

      »Dem Goldenen Turm treu zu dienen und gehorsam zu leisten.«

      »Ich befolge die Maxime des Lichts.«

      »Ich unternehme keine Handlungen die gegen den Sonnenorden gerichtet sind und erfahre im Gegenzug auch keine Handlungen gegen mich.«

      »Mein Schwur gilt bis zum Tod, der Bruch nimmt mir mein Leben.«

      Der Junge schluckte. »Mein Schwur gilt bis zum Tod, der Bruch nimmt mir mein Leben.«

      Vigor atmete durch und sah Sonnenorden Junior an.

      »Du hast keinen Meineid geschworen und kannst deine Hand von der Kugel nehmen.«

      Wäre auch ein komischer Start an einer Schule, direkt mit einer Lüge anzufangen. Aber woher Sonnenorden dieses Wissen nahm, fragte sich Vigor schon. Es hing wohl mit der Kugel zusammen.

      »Du bist nun Schüler der Sonnenakademie«, erklärte der Magier. »Dein übergreifender Lehrmeister und Jahrgangsleiter ist Earl Morris of Crest, Magier des Kupferbraunen Turms. Untergebracht bist du bei den Rittern der Sonne. Deine Stuben- und Kampfgruppennummer ist 1T6 im Hause Turm. Der Meister deines Hauses ist Graf Albert von Skard.«

      Vigor nickte. Sonnenorden Junior sah ihn an. »Merke dir diese Namen. Sie werden dir in der Burg weiterhelfen. Und nun geh.«

      Vigor deutete eine Verbeugung an und schritt zur Tür. Er hörte noch wie Sonnenorden Junior die goldene Kiste schloss. Dann verließ er das Zimmer und eilte zurück.

      6. Kapitel: Über Mädchen

      Vigor erreichte das Wärterhäuschen. Augenblicklich kam ihm ein Wachmann aus der Tür entgegen. Offensichtlich hatten sie nichts zu tun.

      »Wie kann ich dir helfen?«, fragte er, fast übereifrig.

      »Ich suche den Grafen von Skard«, erwiderte Vigor.

      »Skard?«, rief der Wachmann in das Häuschen, während er kehrt machte. Vigor folgte ihm. Er überquerte gerade die Türschwelle, da bekam er auch schon Auskunft.

      »Der ist auf der Baustelle: Hinterburg, also einfach dem Weg folgen, über die Brücken am Bergfried vorbei, durchs Tor und als weiter. Du kannst es nicht verfehlen.«

      »Alles klar, danke.«

      Schon vom letzten Tor aus konnte Vigor die Baustelle zum Wiederaufbau des Waffenlagers erkennen. Er lief hinüber. An die Explosion erinnerte nichts mehr, außer der Umstand dass das Depot noch nicht fertig war. Der Krater war bis an die Kellermauern geglättet und Gras nachgepflanzt. Die Grundmauern des Erdgeschosses standen und wie aus Zauberhand bewegten sich große Dachbalken darauf und begannen die Decke einzuziehen. Davor stand Crest und einigen andere Magier. Sie manövrierten die Balken. Einige Bauarbeiter standen auf den Mauern und schoben die in der Luft schwebten Balken ein wenig hin und her, bevor sie abgesetzt wurden. Einen Kran brauchte in der Sonnenakademie offenbar niemand.

      Vigor gesellte sich zu seinem Jahrgangsleiter. Crest warf ihm einen kurzen, aber einladenden Blick zu.

      »Ah, der Neue«, meinte er schließlich. »Hier ist dein Stundenplan.«

      Der Magier zog ein langes Pergament unter seinem Mantel empor. Vigor betrachtete es. Offensichtlich war an sechs Tagen in der Woche Unterricht und das den ganzen Tag lang. Die Fächer sagten ihm wenig, dafür fielen ihm auf Anhieb die ganzen Lücken auf. Die Unterrichtsstunden waren weit über die Woche verteilt mit vielen großen und kleinen Pausen dazwischen. Darüber prangte groß das Kürzel 1T6.

      Vigor deutete darauf. »Wofür steht das?«

      »Erster Jahrgang, Haus Turm, Stube Sechs«, erwiderte Crest.

      »Du schläfst im zweiten Stock des Bergfrieds. Also die Haupttreppe rauf in den Rittersaal und dann die Wendeltreppe einen Stock hoch. Dort findest du auch deine Sachen.«

      »Muss ich noch irgendetwas machen?«, fragte Vigor weiter. Auf seinem Stundenplan war schon wieder Feierabend angesagt.

      »Umblättern.«

      Vigor runzelte die Stirn und versuchte eine einzelne Seite zu Blättern. Sofort entstanden drei weitere mit Hausaufgaben. Vigor blätterte misstrauisch weiter. Zwei weitere erschienen und erklärten ihm die Hausordnung, dem folgte eine Liste mit Terminen und eine mit Arbeitsmaterial. Zu Vigors Erleichterung blieb es dann bei sieben Blättern.

      »Alles andere findest du auf deiner Stube«, bemerkte Crest.

      »Alles klar. Vielen Dank.«

      »Nichts zu danken.«

      Vigor nickte und eilte zurück in die Hauptburg. Er musste den halben Turm umrunden, weil sich der Eingang zum Innenhof hin befand. Der Bergfried beherbergte neben etlichen Schlafstuben auch einige Lehrsäle und den sogenannten Rittersaal.

      Im grasbewachsenen Innenhof zwischen Südmauer und den Trennmauern zu Vor- und Hinterburg befand sich die meisten Wirtschaftsgebäude der Anlage. In einem rechteckigen Sandsteinbau waren Brauerei, Bäckerei und Küche untergebracht, mit Vorratskammern in den Kellerräumen darunter. Daneben stand ein großer Lehrsaal und ein Wohngebäude. Mitten auf der Rasenfläche war der Brunnen, welcher die gesamte Schule mit Trinkwasser versorgte. Die Südmauer fiel mit ihren vielen dicken Türmen als Wehranlage auf.

      Vigor stieg die breiten Sandsteinstufen nach oben zum eigentlichen Zugang des Bergfrieds. Als herrschaftliche Verteidigungsanlage war der Haupteingang im ersten Obergeschoss des Vorgebäudes. Er öffnete ein Rundbogentor aus dickem, vernieteten Eichenholz und schloss es hinter sich. Die Empfangshalle war sehr dunkel, da nur kleine Schlitzfenster Licht durch die dicken Mauern ließen. Einige Regale und Stühle waren das einzige, was den nackten Dielenboden bevölkerte. Rechts von Vigor führte eine weitere Treppe in einer Art Tunnel zum nächsten Rundbogentor. Dahinter begann der eigentliche Wohnraum des Turms, geschützt von Mauern, so dick, dass sich Vigor ausgestreckt auf den Boden legen konnte und mit den Fingerspitzen die innere Mauerkante nicht erreichte, wenn er mit den Zehenspitzen das geschlossene Tor berührte.

      Im ersten Stock betrat Vigor den Rittersaal. Trotz der Sessel, Stühle, Bänke und kleinen Tische wirkte der hohe Raum fast leer. Einige Jungen saßen hier und da und unterhielten sich. Sie schienen irgendwelchen Aufgaben oder Spielen nachzugehen. Ein weiter Steinbogen stützte die gerade Balkendecke. Im Kamin brannte kein Feuer, zur Zeit war es noch zu warm. Vigor wandte sich gerade zur Wendeltreppe, als er Volker auf einer Bank neben einem kleinen Türbogen zur Brüstungstreppe sah. Die Sandsteinstufen führte ins Obergeschoss des Vorturms. Da das Dach mit Zinnen bewehrt war, diente es ursprünglich als Verteidigungsbrüstung, welche vom zweiten Stock des Bergfrieds zugängig war. Das hatte der kleinen Treppe ihren Namen gegeben.

      Neben Volker saß ein Junge mit blonden Haaren von etwa Volkers Größe, allerdings nicht ganz dessen Statur. Er sah auf den Boden, anscheinend war er traurig. Vigor näherte sich den beiden. Er erkannte den blonden Jungen plötzlich. Sie waren sich auf der Hochzeit im Bashreich begegnet. Es war


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