Die Prinzessin von Clèves. Marie-Madeleine de La Fayette
daß sie gerade zu einer Zeit sich selbst überlassen sey, wo sie ihres Herzens so wenig Meisterinn wäre. Die Theilnehmung und Aufmerksamkeit, womit sich ihr Gemahl um sie beschäftigte, machte den Wunsch stärker in ihr rege, daß sie den Pflichten gegen ihn nie untreu werden möchte, und sie zeigte mehr Freundschaft und Herz für ihn, als je. Sie wollte nicht, daß er sie verlassen sollte, und es däuchte ihr, daß ihre Annäherung sie an ihn gegen den Herzog vertheidigte.
Dieser besuchte ihren Gemahl auf dem Lande, und setzte alles in Bewegung, auch sie zu sehen; aber sie wollte seinen Besuch nicht annehmen. Sie fühlte, daß sie nicht stark genug seyn würde, seine Vorzüge gleichgültig zu bemerken, und nahm sich fest vor, sich seinen Anblick, so viel es von ihr abhinge, zu versagen.
Ihr Gemahl reiste nach Paris zur Cour und versprach den andern Tag zurück zu kommen, kam aber erst den dritten.
„Ich habe Sie gestern erwartet,“ sagte sie zu ihm: „und ich sollte Ihnen Vorwürfe machen, daß sie nicht Wort gehalten haben. Wenn mein Schmerz größer werden könnte, als er schon ist, so wäre es durch die Nachricht von dem Tode der Frau von Tournon geschehen. Man gab sie mir heute. Es würde mich gerührt haben, wenn ich sie auch nicht gekannt hatte, weil es immer traurig ist, ein junges und schönes Weib in zwey Tagen lebendig und todt zu wissen; aber noch dazu wüßte ich nicht, daß mir je eine Person so gefallen hatte als sie. Ihr vorsichtiges und rechtliches Betragen schien ihren übrigen Vorzügen die Krone aufzusetzen.“
„Es that mir sehr leid, daß ich gestern nicht zurück konnte,“ erwiederte ihr Gemahl: „aber einer meiner Freunde bedurfte mich so nöthig, daß ich ihn unmöglich mit seinem Schmerz allein lassen konnte. Die Frau von Tournon lassen Sie sich nicht nahe gehen, sofern sie Ihnen als ein rechtliches und vorsichtiges Weib Ihre Achtung zu verdienen scheint.“ —
„Sie setzen mich in Erstaunen. Haben Sie nicht oft selbst gesagt, daß sie Ihnen eine der achtungswerthesten Weiber am Hofe schiene?“
„Wohl hab' ich das; aber die Weiber sind unbegreiflich, und wenn ich sie alle gemustert habe, fühl ich mich so glücklich, daß Sie mir angehören, daß ich mich in mein Glück nicht finden kann.“
„Sie denken besser von mir, als ichs verdiene, erwiederte die Prinzessinn mit einem Seufzer: „und es ist noch nicht Zeit, mich Ihrer werth zu finden. Aber sagen Sie mir doch, was Ihre Meinung von der Frau von Tournon so plötzlich umgestimmt hat.“
„Nicht plötzlich,“ sagte ihr Gemahl: „ich war schon seit einer Weile umgestimmt. Ich wußte, daß sie den Grafen von Sancerre liebte, und ihm Hoffnung zu ihrem Besitze gemacht hatte.“ —
„Kaum glaublich,“ unterbrach ihn seine Gemahlinn: „daß sie ihm diese Hoffnung gemacht hatte. Zeigte sie nicht, seitdem sie Witwe war, so große Abneigung gegen Heirath, und hat sie nicht so oft und so öffentlich erklärt, daß sie nie wieder heirathen würde?“
„Wenn sie dennoch bloß dem Grafen diese Hoffnung gemacht hätte,“ versetzte der Prinz: „so wäre es so außerordentlich zu verwundern nicht; sie machte sie zu einer und eben der Zeit dem Herrn von Estouteville, das ist zu verwundern. Aber ich will Ihnen den ganzen Hergang erzählen:“
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