Drei starke Geister. Alexandre Dumas

Drei starke Geister - Alexandre Dumas


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      »Mache Feuer,« sagte Jener.

      Eine Minute später pfiff der Ofen.

      Die Wärme that Jedem wohl; die Partie begann und man plauderte während des Spiels. Valery allein fröstelte.

      »In wieviel Tagen werden wir das Kap erreichen?« fragte Pascal den Kapitain.

      »Spätestens in zwei Tagen.«

      »Der Nicolas segelt gut.«

      »O ja, er macht seine elf Knoten in der Stunde.«

      »Sie setzen, Kapitain.»

      »Sechs und sechs?«

      »Ja.«

      »Dann passe ich.

      »Und Sie, Herr Valery?«

      »Ich habe Sechsen.«

      »Eilen Sie denn so sehr, nach dem Kap zu kommen?« fragte der Kapitain den jungen Mann.

      »Ja, ich wünsche, möglichst bald wieder in Frankreich zu sein, aber vorher muß ich zwei bis drei Monate am Kap bleiben, und ich wünschte daher, ich wäre schon dort.«

      »Ihre Mutter lebt in Frankreich?«

      »Ja, mit meiner Schwester.«

      »In welcher Gegend Frankreichs wohnen sie denn?«

      »Im Poitou, ihrem und meinem Geburtslande.«

      »Wirklich? Auch ich bin aus Poitou« und wir sind also Landsleute,« sagte Maréchal.

      »Blanc Zwei,« rief Valery.

      »Zwei As,« sagte der Kapitain« indem er einen Stein ansetzte.

      »Aus welcher Stadt sind Sie denn, Herr Doctor?« fragte der junge Mann.

      »Ich bin aus Melle, einem sehr hübschen Städtchen auf der Höhe, welche die beiden Thäler der Legére und der Béronne voneinander scheidet.«

      »Und ich aus Moncontour, am rechten Ufer der Dive.«

      »Das ist ein allerliebstes Städtchen« das ich sehr gut kenne, aber es ist sehr klein.«

      »Höchstens tausend Einwohner.«

      »Und wie kommt es, daß Sie dieses Oertchen verlassen haben und schon so jung auf der südlichen Halbkugel herumschiffen?«

      »Ueberall Blanc,« sagte Durantin. »Sie plaudern und spielen nicht! Ueberall Blanc!«

      »Sie wissen doch, Kapitain, daß Niemand Blanc haben kann, da es schon sieben Mal heraus ist.«

      »Dann decken Sie auf. Ich habe zweit!« sagte der Kapitain, indem er triumphirend seine Doppeleins zeigte.

      »Man muß gestehen, daß der Kapitain gut spielt,« bemerkte Pascal lächelnd; dann wendete er sich an Maréchal und sagte, während die Steine umgewendet wurden:

      »Sie fragten mich wohl, aus welchem Grunde ich Moncontour verlassen hätte und schon so jung auf den südlichen Meeren herumschiffte?«

      »Ja wohl.«

      »Das ist ganz einfach. Sobald ich in das Alter kam, um mir ein Urtheil bilden zu können, erwachte der sehnliche Wunsch in mir, Priester zu werden. Schon als ich noch ein kleines Kind war, wurde meine Seele von den religiösen Cremonieen, von dem Weihrauch, dem Gesange der Chorknaben, den Blumen am Frohnleichnamsfeste, den weißgekleideten Mädchen, die ich in den Prozessionen bei Sonnenschein, und von den Fahnen der heiligen Jungfrau beschattet, vorüberziehen sah, mit einer frommen Begeisterung erfüllt, und Thränen der Rührung traten mir dabei in die Augen, Später wurde dieses religiöse Gefühl eine Ueberzeugung und mein Beruf wurde mir klar. Meine Mutter, die mir in Nichts entgegen sein wollte, brachte mich auf das Gymnasium in Niort, wo ich bis in mein einundzwanzigstes Jahr Theologie studirt habe. Dann empfing ich die ersten Weihen, denn, wie Sie sehen, habe ich die Tonsurt aber ehe ich sein unwiderrufliches Gelübde ablegte, wollte ich die anderen Religionen genau kennen lernen« studiren und miteinander vergleichen, damit mein Glaube sich nicht allein auf das Gefühl, sondern auf Ueberzeugung gründen sollte. Deshalb habe ich diese Reise unternommen, von der ich jetzt zurückkomme.«

      »Und überzeugt?« fragte Valery.

      »Ja, mit der festen Ueberzeugung, daß es nur Eine wahre, richtige und ewige Religion giebt, die christliche der ich mein Leben weihen will.«

      »Sie wollen also Priester werden?« fragte Durantin.

      »Ja.«

      »Ihre Kenntnisse und die besonderen Studien, die Sie gemacht haben, werden Ihnen sogleich Anwartschaft auf eine höhere Stelle geben.«

      »O, mein Ziel ist ein sehr bescheiden; ich wünsche Nichts, als Pfarrer an unserer kleinen Kirche in Moncontour zu werden und dort mit meiner Mutter und meiner Schwester ferner zu leben, umgeben von den Erinnerungen aus meinen Kinderjahren und von den guten Menschen, die ich an diesem Orte kenne und die meinem Herzen fehlen würden, wenn ich mich auf immer von ihnen trennen sollte. Ich habe die Grenzen der Welt berührt und diesen Wunsch bringe ich mit nach Hause.«

      »Wissen Sie, daß es das Glück ist, was Sie zurückbringen?«

      »Ich glaube es.«

      »Aber warum wollen Sie am Kap bleiben? Ich erlaube mir, Ihnen alle diese Fragen vorzulegen,« sagte der Kapitain, »weil Sie selbst so bereitwillig von Ihren Verhältnissen sprechen und ich mich für Sie interessire; denn so wahr ich ein Seemann bin, ich kenne nichts Interessanteres und nichts Achtungswertheres, als einen jungen Priester, welcher die ganze Begeisterung der Jugend auf die Liebe zur Religion anwendet.«

      »Ich danke Ihnen für Ihre Theilnahme, Herr Kapitain,« erwiderte Felician, indem er Durantin die Hand reichte. »Ich muß mich am Kap aufhalten, um eine kleine Erbschaft in Empfang zu nehmen, welche mir und meiner Schwester zugefallen ist, ohngefähr fünfzigtausend Franken, die uns ein Oheim, der am Kap lebte, hinterlassen hat. Diese Summe soll die Mitgift meiner lieben Blanche vervollständigen, und wenn ich die Freude habe, sie bei meiner Zurückkunft an einen braven Mann zu verheirathen, der sie versteht und die guten Eigenschaften ihres Herzens zu schätzen weiß, so habe ich Nichts mehr von Gott zu erbitten.«

      »Das Leben ist doch eine merkwürdige Sache,« bemerkte der Kapitain, obgleich das Philosophiren sonst nicht seine Gewohnheit war; »wir sind hier vier Personen beieinander, welche Alle physisch von demselben Orte kommen und nach demselben Lande gehen, und doch hat Keiner von uns die nämliche Bestimmung. Maréchal ist Arzt, ich bin Seemann, Herr Pascal will Priester werden, und Sie Herr Valery. . .?«

      »Meine Bestimmung ist die prosaischeste von allen; ich kehre nach Frankreich zurück, nachdem ich auf der Insel Madagaskar, wo ich seit sieben Jahren gewohnt, mein Glück gemacht habe.«

      »Nun, dann sind Sie nicht der Unglücklichste von uns, nicht wahr, Maréchal?«

      »Das meine ich auch.«

      »Ich beklage mich auch nicht,« erwiderte Valery, indem er sich mit der Hand über die Stirn fuhr, wie ein Mensch, der an Kopfschmerz leidet.

      Eine Pause von einigen Minuten folgte auf dieses Gespräch. Jeder dachte nach. Die Seele ergreift so schnell die Gelegenheit, um in sich selbst zu blicken.

      Der Kapitain war der Erste, der das Stillschweigen unterbrach.

      »Aber wir sind ja mit unserer Partie noch nicht zu Ende,« sagte er.

      »Es ist wahr,« entgegnete der Doctor, indem er sieben Steine nahm, was die Uebrigen bis auf Valery ebenfalls thaten.

      »Entschuldigen Sie, meine Herren, wenn ich nicht mehr spiele,« sagte dieser, indem er aufstand; »aber ich befinde mich nicht ganz wohl und will zu Bett gehen.«

      »Es ist wahr, Sie sind blaß,« versetzte der Arzt; »geben Sie mir Ihre Hand, Sie haben etwas Fieber.«

      »O, es wird Nichts sein; ich werde auf der See immer ein wenig unpäßlich. Ich bedarf Nichts weiter als der Ruhe.«

      »Jedenfalls


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