Die Schatzkammer des Pharao. Robert Kraft

Die Schatzkammer des Pharao - Robert Kraft


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Hier aber fühlte er sich gleich ganz wie zu Hause.

      »Ja, ich erlaube Ihnen eine Bemerkung«, entgegnete sie mit gravitätischem Ernst, und das hatte jener ja nur hören wollen.

      Dann mache ich Sie darauf aufmerksam, daß Arabien nicht zu Afrika, sondern zu Asien gehört. Aber sie nehmen es mir doch nicht übel? Und wenn Sie durchaus darauf bestehen, dann könnte das ja geändert werden.«

      Sie schlenkerte in komischer Weise die Finger.

      »Au! Da habe ich mich ja nicht schlecht blamiert! Da sehen Sie, wie es mit meinen geographischen Kenntnissen beschaffen ist. Das mir freilich so etwas passieren muß…«

      »Das, verehrtes Fräulein, ist schon manchem anderen passiert und wird noch häufig vorkommen«, tröstete sie Dr. Tannert. »Ich habe sogar konstatiert, daß Arabien von geographisch sonst ganz sattelfesten Personen zu Afrika gerechnet wurde, wenigstens so in der Gedankenlosigkeit. Und diese häufige Verwechslung muß doch einen Grund haben. Und der besteht eben auch. Arabien ist in Wirklichkeit vielmehr zu Afrika zu rechnen als zu Asien, dem Charakter der Landschaft, der Fauna, der Flora wie dem seiner Bewohner nach. Die Grenzen der beiden Erdteile sind doch nur in der Phantasie gezogen, aus Bequemlichkeit, möchte man sagen. Weil da so recht bequem die Landenge von Suez ist, die man am leichtesten durchstechen konnte. Die natürliche Grenze wäre viel richtiger vom Persischen Golf aus den Euphrat entlang nach dem Winkel des Mittelmeeres gezogen, wo es den Busen von Jskanderum bildet. Und wer so in der Eile versehentlich Arabien zu Afrika rechnet, der bekennt nur, daß er in seiner Gedankenlosigkeit den Charakter Arabiens ganz richtig beurteilt.«

      »Ich bin Ihnen sehr verbunden«, verbeugte sich das Mädchen mit schalkhaften Ernste.

      »Nach Arabien gehen Sie?« fragte der Bruder.

      »Ja«, glaubte die Schwester für den Gast das Wort nehmen zu müssen, »zur Erforschung der Felsenstadt Pe - Pat ... ja, nun weiß ich wieder diesen Namen nicht mehr.«

      »Petra. Das ist griechisch der Fels. Sie brauchen ja nur an Petrus zu denken, als an den Felsen, auf den der Herr seine Kirche erbaut hat.«

      »Ach ja richtig.«

      »Ich habe auch noch nichts von diesem Petra gehört«, gestand der Bruder.

      Der junge Gelehrte ward bei ihrer Schilderung noch etwas ausführlicher als vorhin gegen die Schwester, führte Daten an, auch das sie vom dritten bis zum fünften Jahrhundert ein christlicher Bischofssitz gewesen ist.

      »Der Hauptzweck unserer Expedition ist, das Alter der Bauwerke zu bestimmen, was nach ihrem verschiedenen Stilen recht wohl möglich ist. Denn sie sind in den verschiedensten Jahrhunderten entstanden.«

      »Sind schöne Bauwerke dort?«

      Die interessantesten sind wohl die Felsengräber, die ringsum etagenweise in die Bergwände gemeiselt sind. Das ganze Wadi Musa, Mosestal, in welchem Petra liegt, wimmelt von solchen Felsengräbern, die wenigsten sind untersucht, viele noch nicht einmal gefunden worden. Da werden wir wohl noch manche interessante Entdeckung machen, auch an Sarkophagen und Mumien, an Waffen, Schmucksachen, Hausgerätschaften und Ähnlichem mehr. In der Ruinenstadt selbst ist am wohlerhaltensten und am merkwürdigsten ein Amphitheater. Es kann gar nicht zerstört werden, höchstens durch Sprengung, weil es ebenfalls in den Felsen gemeiselt worden ist. Sehr groß ist es nicht, hat oben nur 36 Meter Durchmesser mit 35 Sitzplatzreihen, hat aber über deren oberste noch eine Unzahl von Felskammern, deren

      einstiger Zweck noch zu ergründen ist. Deren Eingänge sollen zum größten Teil verschüttet sein, sicherlich künstlich, und wir haben die Aufgabe, sie freizulegen. Das prächtigste Gebäude aber, ebenfalls nicht aufgebaut sondern auch in die Felswand gemeiselt, ist das sogenannte Chaznet Firaun, das ist die Schatzkammer Pharaos.«

      »Hat dort ein ägyptischer Herrscher seine Schatzkammer gehabt?«

      »Das ist eben auch so ein Rätsel, welches es zu lösen gilt. Wir wissen von den Eroberungszügen der alten Ägypter herzlich wenig. Aber warum sollen sie nicht auch bis nach Kleinasien vorgedrungen sein? Es wäre sogar merkwürdig, wenn sie es nicht getan hätten. Nur das sie nirgends ihre charakteristischen Bauten mit Hieroglyphen und Keilschriften hinterlassen haben. Das ist außerhalb ihres Mutterlandes vielleicht verboten gewesen. Die arabischen Geschichtsgelehrten, unter denen es ja ganz bedeutende Männer gibt, behaupten, daß ein Pharao hier einmal seine Residenz gehabt hat. Vielleicht im Exil lebend. Und wahrscheinlich es, daß es der Pharao Scheschonk oder Schischak der Erste gewesen ist. Denn dieser ist einmal bis nach Jerusalem gekommen, hat es geplündert, unter Rehabeam, tausend vor Christi. Und die ungeheuren Schätze, die ihm in die Hände fielen, scheint er nicht nach Ägypten gebracht zu haben. Sonst würden Inschriften schon darauf Bezug nehmen.«

      »Dann liegen diese Schätze gewiß noch dort in Petra!« sagte die Schwester eifrig und ernst, aber man hörte den Scherz schon durch.

      »Ganz sicher. Die wollen wir ja eben abholen.«

      »Ach bitte, bringen Sie mir doch die Hälfte mit. Ja?«

      »Na, die Hälfte von allem nicht, das können Sie nicht verlangen. Aber die Hälfte von meinem Anteil, die sollen Sie bekommen. Wie soll ich das Gold verpacken? Sind Ihnen Ledersäcke oder Eierkisten angenehmer?«

      »Sie scherzen, aber wo sind denn diese Schätze hingekommen?«

      »Wenn jemals welche dagewesen sind. Na, Petra ist doch lange die Hauptstadt der Nabatäer gewesen, aber lange nach Rehabeam, dann waren griechische Christen darin ansäßig, schon vorher wurde sie zahllose Male erobert und geplündert, unter anderem von König Amazia, von Atigonus und Trajan, zuletzt von den Sarazenen - da wird von den Schätzen für uns wohl nicht mehr viel übrig geblieben sein. Nein, uns beschäftigt nur die wissenschaftliche Forschung, das Studium der Baustile. Kleinigkeiten mögen wir dabei ja noch finden.«

      »Da möchte man gleich mitkommen«, sagte der Bruder.

      »So kommen Sie doch mit. Wenn Sie so ganz frei und unabhängig sind, wie mir Ihr Fräulein Schwester erzählte.«

      »Hat Ihnen das Leonore gesagt? Nein, so ganz frei und unabhängig sind wir nicht.«

      Dr. Tannert hatte nur den Namen gehört.

      »Leonore heißen Sie?« wandte er sich mit ausfallender Hast an sie..

      Noch anderes als diese Hast war auffallend. Der Frager war dabei vor innerer Erregung ganz rot geworden, mit der größten Spannung hingen seine Augen an dem schönen Mädchen.

      »Ja, Leonore«, wollte diese ganz unbefangen bestätigen. Aber es gelang ihr nicht. Jetzt färbte sich auch ihr brünettes Gesicht noch dunkler, sie wurde ganz unsicher, wie nun auch der junge Deutsche. Erst hatten sie sich tief angeblickt, und jetzt wichen sich ihre Augen scheu aus.

      Leonore machte der peinlichen Szene, die ja nur wenige Sekunden gewährt hatte und von dem phlegmatischen, immer noch Nüsse knackenden Bruder gar nicht bemerkt worden war, dadurch ein Ende, daß sie schnell aufstand und den Schreibsekretär öffnete, aus dem erst recht ein intensiver Duft von Äpfeln drang.

      »Unsere Großmutter väterlicherseits hieß Leonore«, sagte der Bruder, »sie war eine Italienerin, daher auch unser Typus, vermischt mit dem des französischen Vaters. Von unserer deutschen Mutter haben wir nur die Sprache erlernt. Darauf hielt sie.«

      Leonore kehrte schnell mit einer neuen Schale von Äpfel, Birnen, den verschiedensten Nüssen, Rosinen, Datteln, Feigen und anderen getrockneten Früchten zurück. Sie hatte wie Dr. Tannert ihre Selbstbeherrschung wiedergefunden.

      Der eigentümliche Vorfall, den nur dieser Name bewirkt hatte, sollte erst später seine Erklärung finden.

      »Bitte, langen Sie doch zu. Sie essen ja gar nichts. Wir naschen den ganzen Tag.«

      »Sie leben wohl nur von Früchten und Nüssen?« konnte er schon wieder unbefangen lächeln.«

      »Ausschließlich.«

      »Wirklich nur von Früchten und Nüssen?'«


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