Die Schatzkammer des Pharao. Robert Kraft

Die Schatzkammer des Pharao - Robert Kraft


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türkisch nicht.«

      »Dort wo Sie hingehen, wird aber doch zumeist türkisch gesprochen.«

      »O nein. Nur arabisch.«

      »Syrien ist aber doch eine türkische Provinz.«

      »Ja, dem Namen nach. Nur auf dem Papier. Ganz Arabien ist ja eigentlich ein türkischer Vasallenstaat, mit Ausnahme des Sultanats Maskat. Aber kommen Sie mal hin. Selbst dort oben in Syrien, dicht an der Grenze vom türkischen Kleinasien, wo die türkische Macht wirklich herrscht, werden die vorgeschriebenen Steuern nie eingehoben. Die Araberscheichs würden die türkischen Steuereinzieher nicht schlecht auslachen. Oder wahrscheinlich etwas anderes mit ihnen machen Es gibt gar keinen selbstherrlicheren Fürsten als solch einen Beduinenscheich, wenn er auch nur über ein Duzend Lanzen gebietet. Es ist ja diesen Beduinen auch gar nicht beizukommen. Die Araber haben uns Europäer oft genug besiegt, sind über Spanien bis nach Frankreich vorgedrungen, dort wurden sie von Karl Martell geschlagen - aber in ihrer Heimat hat ihnen noch niemand etwas anhaben können, wenn sie eine offene Schlacht vermeiden. In diesen Wüsten kann sich keine europäische Kavallerie halten, und auch die türkischen Wüstenreiter können mit den arabischen Beduinen nicht im entferntesten konkurrieren. Was die für Pferde haben! Die sich bei ihrer Leistungskraft mit Datteln begnügen. Die Beduinen ziehen sich in die Wüsten zurück, vergiften hinter sich die Brunnen, und wenn die Feinde schon als halbe Leichen im Sattel hängen, fallen sie über sie her. Nein, da ist nichts zu wollen. - Nein, dort oben wird nicht türkisch gesprochen. Man kann es wohl, will es aber nicht verstehen.

      Der Erzähler machte eine Pause, und wie er vor sich hin pfaffte, wurde sein Gesicht recht verdrießlich.

      »Das ist es eben! Unsere Expedition ist falsch eingeleitet. Die Deutsche Regierung hat dem Kommerzienrat ihre Unterstützung zugesagt - das ist ja recht schön und gut, aber besser wäre es, wenn sie es nicht täte. Nun hat sie sich schon an die Pforte gewendet, an die türkische Regierung in Konstantinopel, wegen Pässen usw., die Türkei hat uns ihren Schutz denn auch sofort zugesichert, uns eine Schwadron Arnauten, türkische Polizeisoldaten, zur Verfügung gestellt. Diese Schutzwache, gegen hundert Mann, erwarten uns in el Arisch. In dieser Hafenstadt geht es ja noch. Nun rücken wir aber in die Wüste hinein. Diese hundert Mann muß Kommerzienrat Kluge aus seiner Tasche unterhalten. Was das kostet? Und was deswegen wieder für ein Proviant und Futter mitgeschleppt werden muß. Wo wir allein manchmal froh sein werden, wenn wir nur Trinkwasser für uns genug finden. Und nun sind es verhaßte Türken, auch noch Polizeisoldaten dazu. Anstatt das uns die dort hausenden Araber behilflich sind, werden sie uns alle Schwierigkeiten in den Weg legen. Und den Ferman des Sultans, den Schutzbrief, können wir nur gleich ins Feuer stecken.. Die lachen uns ja aus, wenn wir den vorzeigen.«

      »So tun Sie's doch. Nehmen Sie die türkische Schutzwache nicht mit.«

      »Das geht nun auch nicht mehr rückgängig zu machen. Die Pforte würde sich natürlich beleidigt fühlen. Das ist jetzt eben politisch geworden. Es ist traurig. Jetzt aber verzeihen Sie - oder Sie brauchen mir auch nicht zu verzeihen, Mademoiselle - ich muß unbedingt schlafen gehen. Ich habe morgen früh viel zu tun.«

      Die Sitzung wurde aufgehoben.

      »Aber morgen kommen Sie wieder, erzählen uns mehr, nicht wahr?«

      »Wenn Sie erlauben ....«

      »Ich erlaube es.«

      »Bitte lassen Sie mich aussprechen. Wenn Sie erlauben werde ich morgen oder eigentlich heute Mittag wieder bei Ihnen anklopfen.«

      »Nein, nein, nein, das erlaube ich nicht!« lachte Leonore. »Da liegen wir ja im tiefsten Schlafe.«

      »Sehen Sie, seien Sie ein andermal nicht so voreilig mit dem Geben Ihrer Erlaubnis. Dann morgen oder vielmehr heute Abend auf Wiedersehen. Gute Nacht.«

      3.Kapitel.

      Dr. Tannert hatte von Wachskerzen, Äpfeln, Nüssen und Wahabiten geträumt, und mehr noch von einem holdseligen, unschuldsvollen Mädchen, das hin und wieder einem Menschen das Schlüsselbein zerschlug.

      Als er erwachte, war es neun Uhr. Da wurde die Bibliothek geöffnet, und er hatte jetzt schon dort sein wollen. Eilig kleidete er sich an, klingelte nach dem Frühstück.

      Mrs. Haller selbst brachte es ihm, eine rundliche Witwe, eine Deutsche, die schon dreißig Jahre in London lebte und deutsch geblieben war.

      Gestern hatte sie dem neuen Pensionär nur erzählt, daß sie dem jetzigen englischen Premierminister, als er vor zehn Jahren noch Sekretär im Kolonialamt gewesen, auch schon ein hoher Posten, Köchin gewesen war, woraus der neue Pensionär wohl schließen konnte, was sie in der Küche leiste. Dasselbe wie der jetzige Reichskanzler im Parlament.

      Dann hatte sie noch gesagt, daß sie leider keine Zeit habe, weil zwei Tage lang Reinemachen wäre, und sie war gegangen.

      Heute folgte die Fortsetzung. Eine Antwort auf ihre Fragen verlangte sie nie.

      »Sie waren gestern drüben bei den französischen Geschwistern? Bis heute früh? Wie ist denn das nur gekommen? Hören Sie, Herr Doktor, da haben Sie aber Glück gehabt! Die verkehren doch sonst mit keinem anderen? Hören Sie, Herr Doktor, das sind die reizendsten, solidesten Pensionäre, die ich je gehabt habe. Die Anwesenden natürlich ausgenommen. Und wie sie sich lieben! Ich dachte erst etwas anderes. Aber ganz ausgeschlossen. So einfach, so bescheiden, so freundlich. Sie sind in voller Pension, bezahlen dafür und nehmen doch gar nichts, nicht einmal Tee und Kaffee. Den trinken sie gar nicht, überhaupt ganz, ganz merkwürdige Menschen. Aber Geld müssen sie haben! Die verbrennen jeden Tag doch wenigstens für zehn Schilling Wachskerzen. Die Dinger brennen ja sparsam, aber immerhin, was so eine kosten mag! Und immer gleich ein abgezähltes Dutzend muß brennen. Was das nur zu bedeuten hat. Ob die wohl…«

      Wir wollen es nicht hören, in was für Vermutungen sich die gute Frau erging. Dr. Tannert hörte es auch nicht. Er war in sein Frühstück und in den Plan seiner Tagesarbeit vertieft, ging dann nach dem nahen Britischen Museum.

      Zwei Tage verstrichen. Von früh bis abends arbeitete der Gelehrte in der Bibliothek, des Mittags zu Hause nur einen kleinen Lunch einnehmend, und von neun Uhr an bis früh um zwei saß er drüben bei den Zimmernachbarn, aß Nüsse und Äpfel und Feigen, trank Grog und rauchte seine Pfeife.

      Von dem früheren Leben der beiden erfuhr er nichts. Er war es immer, der erzählen mußte, meist von Arabien, das er aus den Büchern so gut kannte, als wenn er selbst ein Beduine wäre, und sonst eine allgemeine Unterhaltung, bei der es meistenteils höchst humoristisch zuging.

      Am dritten Tag, als er in einem der Lesezimmer in Büchern und Karten vertieft war, näherte sich ihm ein alter Herr mit langem, weißen Vollbart, eine ehrwürdige, patriarchalische Erscheinung im schwarzen Gehrock. Sonst war nichts auffallendes an ihm.

      »Monsieur le docteur Tannert?«

      »C'est moi, monsieur.«

      »Taraf arabi?«

      »Eju.«

      «Mein Sohn, folge mir, und deine Ohren werden etwas hören, was ihnen köstlicher dünkt als Vogelsang.«

      So sagte der alte Herr auf arabisch, dann war das auch ein echter Araber. Dr. Tannert hatte nicht nur die arabische Grammatik gelernt, sondern auch arabische Literatur gelesen, so kannte er diese blumenreichen Ausdrücke schon und wußte, daß im arabischen Orient jeder alte Bettler sogar einen Prinzen »Sohn« nennen darf.

      Er folgte, Bücher und Karten zur Vorsicht mitnehmend, wurde in ein freies Kabinett geführt, das wenig mehr als zwei Personen faßte. Die Tür konnte zugemacht werden.

      Der alte Herr sprach weiter arabisch, ließ aber alle Bilderausdrücke weg.

      »Du willst, mein Sohn, nach Syrien gehen, um die Ruinenstadt Petra zu untersuchen?«

      »Woher weißt du das?«

      »Ich


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