Der rote Champion. Marie Madeleine
Oberst zu immer neuen Huldigungen an. Er begann ernstlich Feuer zu fangen.
Wirklich ein reizendes Mädel! Hübsch und frisch und natürlich. Die wäre wirklich imstande, den eingefleischtesten Junggesellen zu bekehren. Das wäre eine Kommandeuse, mit der man sich sehen lassen könnte!
Aber die sämtlichen Hoffnungen des liebeglühenden Obersten starben im Keim, als er den Gesichtsausdruck sah, mit welchem Alice den langsam sich nähernden Borndorf begrüßte.
Das war denn doch ein anderes Lächeln, als das er bisher bei ihr gesehen. Und wie ihr Ton vibrierte — »den nächsten Walzer, Herr von Borndorf? Aber natürlich! Der war Ihnen längst zugedacht.«
Und sie hatte für den ›immer noch Schönen‹ keinen Abschiedsblick, als sie sich mit dem kleinen Ulanen in das Gewühl der Tanzenden stürzte.
»Schade!« Herzogheim hätte das fast laut gedacht. Er war sich absolut darüber klar, dass der kleine Herrenreiter, ›dieser unreife Junge‹, für Alice bedeutend interessanter war, als er selbst, der schönste aller Kommandeure.
Dass er infolgedessen innerlich Fräulein von Nordstetten zu einem ›dummen Backfisch‹ stempelte, war durchaus gerechtfertigt.
Wirklich überflüssig, sich für eine solche Range zu interessieren.
Und im Geheimen fand Herr von Herzogheim es nicht sehr konsequent von sich selbst, dass er sich jetzt langsam zu Alices Onkel heranschlängelte und ihn vorsichtig ›auszuholen‹ begann.
Graf Dahlweg hatte keine Ursache irgendetwas aus Alices Leben zu verschweigen.
Es war eine einfache und traurige Geschichte.
Alice hatte im Alter von vier Jahren ihren Vater, ein paar Jahre später ihre Mutter verloren. Sie wurde von Verwandten erzogen. Bis zu ihrem sechzehnten Jahre hatte sie im Stifte Jürgenhöhe bei zwei alten Tanten gewohnt, dann hatte Graf Dahlweg, ihr Onkel, sie als Gefährtin für Thea, die sich nach dem plötzlichen Tode ihrer Mutter sehr einsam fühlte, ins Haus genommen. Vermögen hatte Alice nicht zu erwarten und da sie Expektantin auf Jürgenhöhe war, so würde sie vielleicht als Stiftsfräulein enden.
»Denn wer heiratet heutzutage ein armes Mädchen?« hatte Dahlweg geschlossen.
»Nun, das wollen wir doch nicht so schroff hinstellen,« lautete Herzogheims Entgegnung. »Schließlich, es gibt doch auch Leute, die selber Geld haben, und ein so reizvolles Wesen wie Ihr Fräulein Nichte —.«…
Das ›reizvolle Wesen‹, das eben am Arm Borndorfs auf die beiden Herren zusteuerte, sah in diesem Augenblick wirklich verführerisch aus.
Die Tatsache, dass ihr Partner sich zu einigen Komplimenten aufgerafft; ließ ihre Haut noch rosiger als sonst, ihre Lippen noch purpurner erscheinen.
»O, die Jugend, die Jugend!« dachte der ›immer noch schöne‹ mit einem heimlichen Seufzer, »wie sieghaft es ausschaut, dieses kleine Mädel, mit dem es das Leben bisher noch nicht sehr gut gemeint hat.
Bei Verwandten, — immer bei Verwandten, — die Gefährtin einer bevorzugten Cousine, — die Aussicht auf Stift Jürgenhöhe, — und dabei all das Leuchtende und Sieghafte, das ihr aus jeder Pore quillt.«
Alice war indessen herangetreten und sprach lebhaft auf ihren Onkel ein. »Hör’ mal, Onkel, in vierzehn Tagen sind die Rennen in Dornbach. Und Thea wollte sich doch sowieso die Jährlinge von Gestüt Hall ansehen. Und Hall liegt so nahe an Dornbach, ganz, ganz nahe, höchstens eine Stunde mit dem Wagen. Gehen wir zu den Rennen, Onkelchen? Da Thea doch sowieso —.«
»Wir werden sehen,« antwortete Dahlweg aus weichend.
»Ich muss mit Thea selber darüber sprechen,« sagte Alice hastig zu Borndorf. »Aber wo ist denn Thea? — — Ach, sie tanzt.« Die Gruppe blickte hinüber zu Thea, welche eben im Arm des roten Champion vorüberwalzte. Die zwei hohen Gestalten mit den ruhigen Bewegungen passten gut zusammen.
Sie waren beide ein Abbild elegantester Ruhe, und ihre beiden Gesichter waren kühl und gleichgültig wie immer.
Doch in Theas Augen lag ein feuchter und fieberhafter Glanz.
Und ihr schmales Gesicht war blasser als je. —
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