Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch. Georg Schweinfurth

Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch - Georg  Schweinfurth


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in der Stadt anlangt. Die Nachtluft war milde und taufrei, erst vor Sonnenaufgang weckte mich eine empfindliche Kühle.

      22. Januar. In 15 Minuten wurde das Tal in SSW gekreuzt und der Beginn eines zwischen roten Felsithügeln mündenden Uadis betreten, in dem stark ansteigend und zwischen engen Felsen jede paar Schritte gewunden der Pfad sich in südlicher und südöstlicher Richtung 20 Minuten weit fortzieht.

      Nun stößt man auf ein anderes breites Uadi, das in 30 Minuten starken Marsches nach SW durchzogen wird. Seyalbäume, Marchgebüsch – March (Leptadenia pyrotechnica Desn.), ein Staudengewächs. – und einzelne Granithügel boten sich an mehreren Stellen meinen Blicken dar. Nach weiteren 30 Minuten nach SSW zu erreicht man zwischen 150 Fuß hohen Felsithügeln das Ende des Uadi, übersteigt einen kleinen Kamm und betritt ein anderes sehr breites Tal, das man in der gleichen Richtung in 55 Minuten starken Marsches durchschneidet.

Grafik 241

      Ababda im Wadi Um Ghamis

      Dies ist das Uadi Hendosse, und man befindet sich nun bei fünf jener kleiner erbärmlichen Mattenzelte, unter denen die Ababde ihren ganzen Hausstand zu bergen pflegen.

       Eine Viertelstunde weiter befindet sich der Wasserplatz, den man erreicht, indem man zuerst gegen SW, dann nach W einbiegt, dann stößt man auf eine enge, von hohen Glimmerschieferfelsen eingeschlossene Schlucht, in der das Wasser wie ein Bächlein zwischen den kolossalen Steinblöcken hinrieselt. Es ist klar und rein, besitzt jedoch einen schwachen Mineralgeschmack, auch sprechen leichte Efflorationen, mit denen in der Nähe der Boden stellenweise überdeckt erscheint, für den Salzgehalt des vom Wasser durchronnenen Terrains. Indem es nämlich seinen Ursprung von dem weiter südlich gelegenen Gebel Ssubah nimmt, sickert es unter der die Talsohle bedeckenden Schicht zersetzten Granitschuttes auf der dichten Unterlage von Glimmerschiefer durch bis zu der beschriebenen Schlucht, wo es auf den entkleideten Felsen zutage tritt, und alsbald wieder in gleicher Weise, wie es gekommen, sich den Blicken entzieht. Ein anderer Wasserplatz, der hauptsächlich Kosser mit Trinkwasser versorgt, ist der südwestlich von der Stadt 12 Stunden entfernte Brunnen Derfaui, dessen Wasser noch besser und reiner und nach den Angaben der Leute in solcher Menge vorhanden sein soll, dass nicht 5 regenlose Winter hinreichen würden, um es versiegen zu lassen. Hendosse liegt näher zu Kosser und ist von Derfaui östlich so weit entfernt, dass die Tour dahin einen Tag vom Morgen bis zum Nachmittag in Anspruch nehmen würde. Ein mittelmäßig großer Schlauch mit Wasser kostet selbst in jetziger Jahreszeit in Kosser immer noch 5 Piaster Courr., obgleich gegenwärtig alle Brunnen reichlich gefüllt sind, da erst vor wenigen Wochen ein wiederholter Regen in den Bergen am Roten Meer niederstürzte. Am 4. Januar gewahre ich des Abends in Keneh, dass der Himmel gegen W auffallend trüber und bewölkt erschien, ich dachte mir gleich, dass es in jenen Bergen regnen müsse. Am andern Tage stürzte sich nach Sonnenuntergang 6 Stunden lang eine große Wassermasse in den Nil, zu dem es von der Stärke eines großen Baches durch eine der Wüstenrinnsale abfloss. Die durch den diesjährigen niederen Wasserstand des Nils sehr bedrängten Fellachen benutzten dieses Rinnsal und arbeiteten bei Nacht an Dämmungen und Gräben, um das Wasser auf ihre Felder zu leiten. Man erzählte mir, dass auf diese Art große Kanäle gefüllt worden seien, in denen man diesen Wasservorrat aufgestaut hat.

      Ich rastete nun in der schattigen Felsschlucht, in der man geschützt vor den stechenden Strahlen der Mittagssonne den erquickenden Hauch des rieselnden Wassers und eine sehr behagliche frische Temperatur genießt. Felstauben, Flughühner (Pterocles quadricinctus) und Steinhühner (Perdix Hayi), die hurtig und gackernd auf den Felsen umhereilen, fanden sich ein, und boten mir reiche Küchenvorräte. An solchen Stellen ist nichts leichter als die Jagd, da man nur zu warten braucht, um die sichere Beute zu erhaschen. Wenn man durch die stufenförmigen Felsblöcke, in denen das Wasser fließt, hinaufklettert, erreicht man nach kurzer Zeit die Öffnung der Schlucht auf der Südseite, wo man ein von den 4.500 Fuß hohen Berge Ssubah herunterkommendes gewundenes Uadi betritt. Hier überraschte mich eine stellenweise sehr üppige Vegetation, die bereits in dieser noch wenig entwickelten Jahreszeit 30 Arten blühender Gewächse darbot.

       Den schönsten Schmuck gab die Lavandula und der zwischen üppigen Lyciumgebüsch und an Moringabäumen emporstrebende Ochradenus ab. Über die Üppigkeit des Lotus arabicus L., der mit 3 Fuß langen Trieben in dem Schatten des Gesträuches emporschießt, musste ich staunen; auch hier hält man ihn, namentlich für die Schafe schädlich, am Nil wird er geradezu als giftig betrachtet und die Leute sind einfältig genug, ihm die Entstehung der letzten Viehseuche zuzuschreiben. Balanites sah ich an der ganzen Küste bis zum Abu-Tiur-Gebirge nirgends, hier begegnete mir zuerst ein Bäumchen. Zwischen den Felsblöcken fand sich ein großes Horn vom Steinbock, der nach dem Aussagen der Ababde selten vorzukommen scheint, von dem ich indes gleiche Reste an allen Brunnen der bereisten Küste gefunden habe. Hasen sind in dieser Gegend sehr selten, sie halten sich hauptsächlich an die Verbreitung des Tundubs, dessen Beeren und junge Triebe sie mit Vorliebe verzehren.

      Der Viehstand der in diesen Einöden hausenden Ababde ist sehr gering und besteht ausschließlich aus elenden Ziegen, die selbst bei der gegenwärtigen Üppigkeit der Vegetation mager erschienen, denn die einjährigen Kräuter, die sie bevorzugen, waren noch nicht gehörig entwickelt. Rinder fehlen natürlich überall und Schafe sind verhältnismäßig selten. Sie gehören der Nilrasse an. Solche mit starren, nicht wolligen Haaren und buschigem Schweif kommen nur aus dem Lande der Bischarin, wo sie äußerst häufig sind, und finden sich auch im Hedschas. Nur das Kamel, das alles zu fressen imstande zu sein scheint, was da wächst und grünt, erfreut sich einer gewissen Wohlhäbigkeit; alle übrigen Geschöpfe, vor allem der Mensch, sind durch eine der gesamten Wüstennatur eigentümliche Dürre gekennzeichnet.

      23. Januar gegen Mittag verließ ich den Brunnen und verfolgte von den Hütten der Ababde aus den nach SO abgehenden Arm des Uadi Hendosse, in dem ich nach 30 Minuten zwei Ababde-Hütten antraf. Alsdann verengt sich das Uadi, während die Spitzen des Abu Tiur hervorgucken. Felsen von Gneis und Glimmerschiefer rahmen das schöne Gebirgsbild ein, das dieser Bergkoloss mit seinen 3 majestätischen jäh abstürzenden Zacken darstellt. Nach weiteren 15 Minuten in SSO und SO abwechselnd marschierend, biegt man zur Linken in das große ½ Stunde breite Uadi Abu Tiur ein, während nach S und auf den Gebel Ssubah gerichtet das vorige Tal sich zwischen hohen Vorbergen hin und her gewunden weiter zieht.

       In 50 Minuten wurde das breite Uadi nach SO durchzogen, bis wir uns unter der mittleren Spitze des Abu Tiur befanden. Resedastauden von einer Größe und Üppigkeit, als wären sie kultiviert, bedecken die breite Talfläche, die auch nach NO durch eine Kette hoher Vorgebirge begrenzt erscheint. Einige riesige Lassafdickichte (Capparis galeata Fres.) fanden sich voller birnförmiger gelber Früchte, die von der Größe eines Hühnereies breiige Pulpa voller Kerne enthalten, die süßlich und hanfartig schmeckend als Erfrischung wohl genossen werden können. Dieses den Küsten des Roten Meeres eigentümliche Gewächs darf indes nicht mit der den Felsen des Niltals eigenen Capparis aegyptiaca D. verwechselt werden, das auch Lassaf genannt wird, aber völlig abweichend organisiert und ein Zwerg in allen seinen Teilen im Vergleich zu diesem ist. Am Fuß des Abu Tiur fand ich einige Ziegenherden der hier hausenden Ababde, die im Winter und Frühling, solange die Wasservorräte des Berges und die Vegetation es erlauben, hierselbst ihre Herden weiden. An einer Stelle, die durch die Üppigkeit ihrer Staudenvegetation einem künstlichen Garten nicht unähnlich erschien, wurde gelagert, im Schatten von Moringabäumen, die Kasuarinen zum Verwechseln ähnelnd, ihre graziösen Zweige über mich neigten.

      24. Januar. Am folgenden Morgen machte ich mich sogleich an die Besteigung des Abu-Tiur, denn in dieser kühlen Jahreszeit hoffte ich endlich einmal ein solches Unternehmen ganz und nicht bloß halb wie während meiner vorjährigen Reise bei mehreren Gelegenheiten bewerkstelligen zu können. Diese Tour bot mir zwar außerordentliche Schwierigkeiten und sehr geringe Resultate, jedoch wenigstens die Befriedigung dar, längst gehegte Wünsche endlich einmal realisiert, und mich von der Beschaffenheit einer solchen Bergspitze überzeugt zu haben.

       Um 8 Uhr morgens begann ich das Steigen in einer der sich mir zunächst darbietenden Schluchten südwärts zu der mittelsten und höchsten Spitze des Berges emporstrebend. Ganz unten am Fuße des Berges treten einige Tonschieferfelsen zutage, die ganze übrige Masse des Berges


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