Das Friedrich-Lied - 1. Buch. Henning Isenberg

Das Friedrich-Lied - 1. Buch - Henning Isenberg


Скачать книгу
Panzerreiter Opfer räuberischer Banden werden und eine Absicherung des Trosses war in diesem unwegsamen und unbekannten Gelände schwierig. Einzig blieben zum Schutz die großen Hörner. Allerorten erschallten sie, mit deren Hilfe sich die Truppen ihrer gegenseitigen Anwesenheit versicherten.

      Obwohl das Wetter in diesem Frühjahr unbeständig war, hatten sie bei der Überquerung der gerade eben eisfreien Alpenpässe tagsüber eher mit der gleißenden Sonne, die jede Orientierung erschwerte, zu kämpfen als mit Regen und Kälte. Nässe und Kälte aber kroch nächtens in ihre zugigen Schlafstätten.

      Als sie endlich durch die engen Schluchten aufgestiegen waren, erreichten sie im Tyrol wieder größere Pässe, wo sie unter dem Schutz der dortigen Herren reisten. In Brixen vereinigte sich das Heer wieder und setzte den Weg nach Teint zügig fort. Am siebzehnten Tag ihrer Reise durch die Alpen erreichten sie schließlich Trient.

      Dietrich von Cleve nahm Friedrich und Gerhard zu seinem Geleit mit in die Stadt. Die Heerführer waren zu einer Audienz beim neuen Bischof von Trient geladen.

      Bischof Friedrich von Wangen war ein Mann der Kaisers. So hatte Otto sichergestellt, dass ihm der Weg über die Alpen stets offen stand. Im Gefolge des Bischofs befanden sich viele deutsche Kirchendiener. Als Gerhard und Friedrich den Herzog verabschiedet hatten, begaben sie sich auf die Suche nach Bekannten aus der Heimat.

      „

      Bruder, wo finden wir den Abt?“, fragte Gerhard einen Geistlichen, der ihnen im Klosterbezirk entgegenkam. Der Mönch schaute auf ihre Kleidung, wie zum Einverständnis verschränkte er die Hände in den Ärmeln seiner Kutte, senkte wieder den Kopf unter seiner Kapuze und sprach, in dem er sich zum Gehen wandte, „folgt mir, meine jungen Herren“.

      Beim Abt angekommen, fragten sie nach Brüdern, die aus dem Erzbistum Cölln abgestellt waren. Aus der Liste, die ihnen der Abt zeigte, kannte Friedrich Heinrich von Sankt Gereon.

      „

      Wie finden wir Bruder Heinrich, Vater?“

      Der Abt winkte einen Mönch zu sich und gab ihm auf, die Gäste in die Kanzlei zu Heinrich von Sankt Gereon zu führen.

      Überrascht blickte Heinrich auf, als die Freunde von dem Mönch in die Kanzlei geführt wurden.

      “

      Friedrich, wie kommst du hier her?!“, rief er aus und sich im nächsten Augenblick unsicher und geduckt umschaute. Einige Mönche schauten auf, um sich sogleich wieder ihren Arbeiten zu zuwenden.

      „

      Wir sind über die Alpen gekommen, um mit dem Kaiser in seinem Italienfeldzug zu Diensten zu sein. Danach wollen wir mit ihm Seite an Seite im heiligen Lande kämpfen.“

      „

      Ah, also zieht ihr nach Tuszien zum Kaiser?!“, flüsterte Heinrich, während er sie hinter sich her aus der Kanzlei zog. Er nutzte die Zeit der Stille, sich der Umstände, unter denen Friedrich Cölln verlassen hatte, zu erinnern. Draußen angekommen, schauten sie sich ein paar Sekunden in die Augen.

      „

      Ich hörte vom Tod deines Vaters. Es tut mir leid, was passiert ist.“

      Friedrich nickte und senkte den Blick auf die wie Fischgräten angeordneten dunkelroten Backsteine im Muster des Bodens.

      „

      Dann bist du jetzt der Graf von Altena?!“

      Friedrich nickte abermals, „aber die Sporen der Ritterschaft will ich mir hier erst noch verdienen.“

      „

      Mit dem Segen der Kirche dürfte das ein Leichtes werden.“

      „

      Dies ist Gerhard von Büderich. Wie ich Armiger in Diensten meines Oheims, des Grafen von Cleve.“

      Gerhard und Heinrich nickten sich zu.

      „

      Aber sag, Heinrich, wie kommt es, dass du hier bist?“

      „

      Als du fort warst, wurde ich im darauffolgenden Frühjahr zum Scholaster von Sankt Gereon ernannt. Als der Kaiser in Rom war, forderte Bischof Friedrich mehrere Brüder aus deutschen Landen an. Das Erzbistum hat mich ausgewählt. So komme ich hier her. Doch werde ich bald mit euch nach Tuszien ziehen. Dort soll ich in der Schreiberei der kaiserlichen Kanzlei dienen. Es heißt, der Kaiser wolle das Kirchengefolge aus Rom nicht.“

      „

      Das ist ja wunderbar, Heinrich.“

      „

      Ja, es wird sicherlich eine spannende Zeit.“

      „

      Heinrich, begleitest du uns in die Stadt und zeigst uns, wo wir unseren Hunger und Durst befriedigen können.“

      Endlich wieder frei vom Leben in Wiesen und Wäldern, von den Strapazen der Reise, nächtlicher Kälte und Gefahren schlenderten die jungen Burschen durch die engen Gassen und über die schönen Plätze von Trient. Sie genossen das bunte Treiben und den Anblick der jungen Mädchen.

      Nach einer Weile kamen sie an einen Platz, auf dem Wachen des Bischofs einen bärtigen Mann von einem Brunnen gezerrt hatten, auf dem er wohl Aufstellung genommen hatte. Ein Dominikaner beaufsichtigte offensichtlich das Geschehen.

      Der Mann schrie, „leidet nicht länger in einer Welt, in der die Lichtseele des Menschen nicht daheim sein kann. Ihr seid fremd hier, da ihr weilt in einem irdischen, befleckten Körper.“

      Während der Mann rief prügelten die Wachten unentwegt auf den Wehrlosen ein. Doch dieser schien, trotz der Hiebe, sein eigenes Heil der Verkündung seiner Botschaft hintanzustellen.

      „

      Vollrichtet nun das Werk Mani an mir. Befreit mich von meinem stinkenden Körper. Und dann folgt mir, ihr Diener Manis.“

      „

      Manichäer!“, schnaufte Heinrich verächtlich.

      Friedrich und Gerhard starrten betroffen auf die paradoxe, von vergnügungsfrohen Passanten bezeugte Szenerie, die sich im Kern aus den brutalen Wachen und dem friedvollen, jedoch herausfordernden und standhaften Prediger zusammenfügte. Heinrich zog sie eilig fort von dem Ort.

      „

      Kommt, ihr wollt doch essen und trinken!“

      Als sie in der Schänke, zu der sie Heinrich geführt hatte, beisammen saßen, fragte Friedrich Heinrich, „was war mit dem Mann vorhin?“

      „

      Das war eine Heuschrecke der Apokalypse. Eine der schlimmsten Sorte. Ein Manichäer.“

      „

      Und was ist ein Manichäer?“

      „

      Sie wollen die Welt überwinden. Sie sind Extreme, die alle mit sich reißen wollen.“

      „

      Wie mitreißen“, fragte Gerhard.

      „

      Sie haben für sich den Anspruch der Gnosis.“

      „

      Was ist Gnosis?“

      „

      Erkenntnis.“

      „

      Erkenntnis in was?“

      „

      Sie glauben an ihren Propheten Mani. Der hat angeblich um das Jahr zweihundert die Essenzen aller Katechismen zu einem Buch zusammengefasst. Das lässt sie glauben, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen.“

      „

      Heinrich“, lachte Friedrich erstaunt, „nicht so verbissen.“

      „

      Ja,


Скачать книгу