Das Friedrich-Lied - 1. Buch. Henning Isenberg

Das Friedrich-Lied - 1. Buch - Henning Isenberg


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genossen hatte, das Wort, „wir alle waren erstaunt und hatten uns auf eine ruhige Zeit eingestellt. Doch die überdauerte nur den Winter. Nach der Krönung breitete Otto seine Herrschaft in Ober- und Mittelitalien aus. Er gewann viele Anhänger für die Unterstützung auf seinem Zug nach Rom.“ „So konnten viele der deutschen Kriegsfürsten über die Alpen nach Deutschen Landen zurückkehren“, warf Augusto wissend ein, woraufhin Trankred ihm zunickte, „mit wohlwollender Billigung des Papstes brachte er außerdem im letzten Jahr die Reichsrechte wieder zur Geltung. Wie vom Papst gewollt, gab er dann vor, das staufische Apulien und Sizilien zu besetzen. Doch dann hörte er plötzlich auf, sich an die Zusagen von Neuss zu halten und zog sich so mehr und mehr den Unwillen des Papstes zu.“

      „

      Ihr werdet Diepold von Schweinspoint sicherlich noch kennenlernen. Aber erschreckt nicht, wenn ihr ihn seht!“, Lorenzo entfuhr ein Rülpsen, dass die anderen zum Lachen veranlasste, „er wird der Eber von Spoleto genannt“, Lorenzo fuhr mit beiden Armen in einer großen Geste durch die Luft, „weil er in ganz Oberitalien wütete wie ein Eber und aussieht wie einer.“

      Er lachte auf.

      „

      Und leider wütete er dabei, ohne dass Otto ihn ermahnte, zu häufig auf den Gebieten des Patrimonium Petri.“

      Lorenzo nahm einen tiefen Zug des köstlichen roten Weines, was Fausto nutzte, um die Geschichte weiterzuerzählen, „das erzürnte den Papst endgültig. Und jetzt kommt es.“ Augusto beugte sich nach vorne und wisperte ihnen verschwörerisch zu: „Böse Zungen, auch in unserem Lager, behaupten, Otto hätte die Zugeständnisse nur gemacht, weil er sie von vorn herein nicht zu halten gewillt war.“

      „

      Selbst unser Marschall Heinrich von Kalden grinst, darauf angesprochen, nur breit“, schloss Fausto zufrieden und lehnte sich schon vom Wein benommen plump zurück. Alle nickten sich gegenseitig zu und hoben die Becher an. Friedrich, Gerhard und Conrad schwammen auf einer Woge des Genusses und hoben ihrerseits die Becher zum Salut.

      „

      Hochmut kommt vor dem Fall“, meldete sich Francesco, der bisher geschwiegen hatte, zu Wort.

      „

      Die Erfolge in Italien wurden bisher nur erhandelt – ohne Kampf. Was jetzt geschieht und geschehen wird, ist ein Eroberungskrieg.“ Offensichtlich teilte Francesco nicht die Euphorie seiner jüngeren Gefährten.

      „

      Der Eroberungskrieg ist die schlimmste Form des Krieges, weil er kein gerechter Krieg ist.“

      „

      Was ist schon ein gerechter Krieg, Francesco!“, rief Tankred.

      „

      Ich habe es als junger Knappe im Dienste Heinrichs erlebt. Es macht einen Unterschied, ob man in der Fremde kämpft, oder ob man die Heimat verteidigt. Ob der Kampf gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt ist. Die Rechtschaffenheit gibt den Ausschlag für die Kampfkraft des Heers und den Glauben des Heerführers. Außer dem Papst hat der Kaiser, haben wir, die Menschen, deren Ernten, deren Vieh wir beanspruchen und die Menschen, deren Stadt wir erobern werden, gegen uns. Und jeder Mann wird tief in sich die Fragen spüren: dürfen wir das?!“

      Trankred war in dieser Gemeinschaft der Primus inter pares. Doch es schien in seiner Gleve ein Selbstverständnis zu herrschen, das zuließ anderer Meinung als Tankred zu sein, ohne dass seine Autorität in Frage stand.

      „

      Was redest du da, Francesco?!“, rief Fausto beschwichtigend.

      „

      Sieh nicht so schwarz und trüb unseren Gästen nicht die Freude an ruhmreichen Siegen.“

      „

      Naja, wie dem auch sei“, sprach Augusto mit schwerer Zunge weiter, „als logische Folge verhängte Innozenz in diesem Januar den Bann über Otto. Otto antwortete mit dem Feldzug gegen das Patrimonium Petri, besetzte von Spoleto aus die staufischen und päpstlichen Teile Apuliens und machte Diepold im Februar zum Grafen von Spoleto und Assisi sowie zu seinem ersten Ratgeber.“

      „

      Otto rekrutierte in Oberitalien Truppen und erhob Gelder. Nur die Städte Verona, Ferrara, Cremona, Pavia und allen voran Mailand weigerten sich, den Tribut zu zollen. Damit war klar, dass die nicht auf unserer Seite stehen”, schloss Trankred.

      „

      Mailand ist mächtig. Er kann doch nicht ohne weiteres darauf verzichten“, wunderte sich Friedrich.

      „

      Mailand ist ein besonderer Fall“, wandte Augusto wieder ein. „Otto ist vorsichtig. Es ist gefährlicher, sich in die Machtkämpfe einer Stadt einzumischen, als eine Stadt zu erobern.“

      „

      In der Lombardei“, sprach Tankred, „sind die meisten Städte Guelfen-Anhänger. Es gilt sie also nicht zu erobern, sondern zu einen. So ist es auch in Mailand.”

      „

      Immerhin haben wir tausend Mann aus der Lombardei in unserem Heer. Das ist fast die Hälfte unserer Gesamtstärke“, ergänzte Lorenzo bedeutungsschwer, während Augusto sich eine Weintraube in dem Mund schob und meinte, „außerdem ist die Lombardei mit ihrem Geld das Rückgrat des Kaisers in Italien.”

      „

      So ist seine Position als überparteilicher Kaiser eine gute und lebenserhaltende Position. Mehr pro forma verwahrt Mailand nun die Reichsregalien. Aber wirklich gewogen ist Otto den Milanesen nicht. Mailand anders herum dem Kaiser aber auch nicht“, hob Augusto die abwesende Mailänder Loyalität als ernstzunehmende Gefahr hervor.

      „

      Sollte er schwächeln“, erwog Tankred wieder, „fällt Mailand wohl als erste ab.“

      „

      Wie Tankred sagt, die Zeit in der Lombardei war nicht so schlimm. Es gab wenige Kämpfe bisher. Die meisten Städte in der Lombardei sind gespalten. Mal kämpfen Adelige gegen aufstrebende Bürger, mal Guelfen und Ghibellinen um die Vorherrschaft. Ein rechtes Hin und Her. Also hat Otto dafür gesorgt, dass in Mailand Volk und Adel im Rat gleichsam vertreten sind“, Lorenzo schluckte und hustete.

      „

      Ein schlauer Schachzug. In Brescia setzte der Kaiser Thomas von Turin als Podestà ein. In Vicenza Wilhelm von Andito. In Ferrara Hugo von Worms. Die Feste Borgo St. Donnino ist jetzt Reichsburg. Von dort regiert der Legat Heinrich von Mantua die gesamte Lombardei mit dem Piemont. Und so weiter und so weiter. Hier in Tuszien ist der Kaiser genauso verfahren. Er selbst ist häufig auf der Burg San Miniatio al Tedesco.“ Faustos Wangen waren mittlerweile tief gerötet und Francesco nickte auf seinem Sessel fast ein.

      „

      Die ist jetzt auch Reichsburg“, lallte Augusto, „Ihr seht, Ihr werten Herren, der Kaiser hat die Reichsverwaltung in diesem Teil Norditaliens und genauso in Marken und Spoleto bestens im Griff, hicks.“

      Nach und nach sackten Trankreds Mannen weg und auch den Freunden fiel es schwer Tankred, der nun noch als einziger weiterredete zu folgen, „im Januar hat der Kaiser in Foligno ein Abkommen mit den Fürsten des Südreiches getroffen. Demnach darf nur derjenige im Königreich Sizilien König sein, der auch vom Kaiser dazu bestimmt wurde. Dort ist aber ein Staufer namens Roger Friedrich König. Der Sohn des Kaisers Heinrich, ein Kind. Es ist also anzunehmen, dass Otto bald nach Sizilien ziehen wird, um den kleinen König ins Meer zu werfen und wir auf dem Weg dorthin einen Eroberungsfeldzug führen. Die Truppen sind gut gerüstet und brennen auf Abenteuer.“

      Lorenzo fügte hinzu, „wenn Sizilien genommen ist, soll es auf den Kreuzzug ins Heilige Land gehen“, dann nickte auch er endgültig weg.

      In seinen nebligen Gedanken, die den Inhalt der Worte kaum noch wahrnahmen, fand Friedrich nur noch Anerkennung für Tankreds Geschick als Kommandant. In deutschen Heeren hatte er eine solche Gleichheit in einer Gruppe noch


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