Das Friedrich-Lied - 1. Buch. Henning Isenberg

Das Friedrich-Lied - 1. Buch - Henning Isenberg


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wie mir Cedric erzählt hat. Er war mit dabei. Doch einer konnte sich immer auf den anderen verlassen. Sie haben einander immer wieder rausgehauen. Eine echte Bruderschaft. Doch außer der Freundschaft, haben sie gewonnen nicht ein Sandkorn im Wüstensand. Und meinen Vater, den hat der Sand verschlungen.“ Dietrich schaute zu Cedric, der mit verschlossener Miene auf den Boden schaute. Dann begann der schweigsame Knappe zu erzählen. „Mit weniger als wir gekommen waren, sind wir wieder abgezogen“, sagte Cedric mit einem gepressten Lächeln. „Als die anderen wieder zurück in der Heimat waren“, fuhr er fort, „zerfiel der Bund. Sie sahen sich nicht mehr oft und ein Jahr nach unserer glücklichen Rückkehr aus dem Heiligen Land verschwand Eberhard, dein Vaterbruder, von einer Nacht auf den anderen Tag. Seitdem hat niemand mehr etwas von ihm gehört. Er war ein mutiger Kämpfer und ein treuer Freund. Alle waren sprachlos. Haben es nicht verstanden. Einmal sprach er von dem Unrecht, das er auf sich geladen habe. Sie sagten ihm, es sei nur Sünde, Christen, ohne ein höheres Zeichen zu töten. Für ihn aber blieb der Kreuzzug eine Irrung und Versündigung an den Evangelien. Dass der Kaiser dann noch auf dem Kreuzzug gestorben war, nahm er als Zeichen der höchsten Strafe Gottes. Vielleicht fand er keinen Umgang mehr mit seinen eigenen Gedanken. Gott, lass ihn nicht tot sein“, flehte Cedric, indem er die Hände gegen das Zeltdach erhob, „lass ihn in einem Kloster Zuflucht gefunden haben.“ Das Haupt auf die Brust geneigt, sprach er, „nun, ist auch Dein Vater gegangen.“ Ja, dachte Friedrich, auch ich bin ohne Vater aufgewachsen. Muss meinen Weg selbst suchen. Oder vielleicht ist es ja auch ein Vorzug. „Oheim, wie war mein Vater? Ich habe ihn kaum gekannt.“ „Dein Vater…? Arnold war ein mutiger Mann. Vielleicht der mutigste von allen - nicht unbedingt der Klügste. Das war sein Bruder, Eberhard. Deshalb mochten sich die beiden wahrscheinlich auch so. Zusammen waren sie stark. Eberhard, der Weise und Arnold, der Mutige.“ „Euer anderer Vaterbruder, Adolf, war immer etwas außen vor“, ergänzte Cedric, „er war der Machtbewusste. Wenn er versuchte, uns anzuführen, mussten ihn die jungen Herren ein ums andere Mal in die Schranken weisen.“ „Dein Vater stand auf dem Kreuzzug für seinen Mut und seinen Einsatz in der Gunst des Friedrich Barbarossa. Er tat nichts dafür – außer mutig zu sein. Jeden Kampf anzunehmen. Oft bremste Eberhard ihn. Er war der einzige, der das vermochte. Das machte sie so stark. Sie waren jung und ungestüm.“ Dietrich schüttelte den Kopf, „Adolf war immer etwas neidisch auf Arnold. Denn er wollte zu den Günstlingen des Kaisers zählen.“ Er schaute auf die Zeltwand und doch in die Weite. „Als sie zurückkamen und Eberhard verschwand, wurde Arnold sehr still. Er war in arger Trauer um den Bruder. Simon von Tecklenbourgh, ein guter Freund, der Jüngste von ihnen, und ich, versuchten ihn oft aufzumuntern. Doch letztlich blieb immer ein Schatten auf Arnolds Miene.“ Friedrich war von der Arbeit des Tages müde, denn sie hatten Holz in den Wäldern geschlagen. Er verabschiedete sich und ging in sein Zelt, wo er den großen Folianten hervorholte, um ein weiteres Kapitel zu lesen. Der Tor – auf dem Weg zu König Arthurs Tafelrunde – kam zu einem Zelt. In dem Zelt schlief ein Fräulein, dem er einen Kuss raubte, mit dem Sie erwacht. Er erklärte ihr, er habe das so von der Mutter gelernt. Als das Mädchen darüber laut zu klagen begann, entfernte er sich schnell von dem Ort. Ein Köhler wies ihm den Weg zum Arthushof. Auf dem Burgweg begegnete ihm ein rot gewandeter Ritter, der einen Trinkbecher in der Hand hielt. Als er den Burghof erreichte, traf er die verstörte Tafelrunde an. Der rote Ritter hatte den Hof geschmäht, indem er Wein über der Königin ausgegossen hatte und den Trinkbecher raubte. Unser Tor ersuchte den König, ihn zum Ritter zu schlagen, damit er die Verfolgung aufnehmen und die Rüstung gewinnen könnte. Sir Key, der nicht glaubte, dass ein Tollpatsch den roten Ritter besiegen kann, verspottete ihn und hieß ihn, den Becher doch zu holen. Der Tor verstand den groben Scherz nicht und ritt auf seinem armseligen Klepper los, um den roten Ritter zu verfolgen. Als er den roten Ritter tatsächlich eingeholt hatte, verlangte Perceval Rüstung, Waffen und das Trinkgefäß. Der Ritter verspottete Perceval und versetzte ihm einen Stoß mit der Lanze, woraufhin Perceval mit seinem Speer nach dem Roten warf und ihn tödlich traf. Ein Knappe vom Arthushof war Zeuge und half ihm die Rüstung zu bergen. Er überließ dem Knappen seinen Klepper und beauftragte ihn, den Trinkbecher zurück an den Hof zu bringen und zu berichten. Friedrich legte das Buch zur Seite und versuchte zu schlafen. Doch das, was er gelesen hatte, beschäftigte ihn zu sehr. Ihn fröstelte. Er stand auf und ging zu einem Feuerkorb abseits der anderen und wärmte sich. Wie kann ein solch einfacher Raub einen ganzen Hof in der Weise verstört zurücklassen, und erst ein einfacher Mann kann die Störung beheben. Ist der verstörte Hof, die Menschheit alter Reiche der erst der Vatergott des Alten Testamentes oder erst Jesus Christus mit dem neuen Testament halt geben musste? Wird zu meiner Zeit, wo die Kirche sich ihre Gläubigen abspenstig macht, wo ein grausamer Papst Christen schlachtet, der Heilige Geist über uns kommen und Heil bringen? Sollte der Heilige Geist etwa die Gestalt des Kaisers, in dessen Feldzug er, Friedrich, Teil war, auf die Erde gekommen sein? War er der Heilsbringer und der französische König oder gar der Papst der Antichrist? War dies schon ein heiliger Krieg? Friedrich erschrak, ob seiner lasterhaften Phantasien. Morgen werde ich der Gewissheit näherkommen. Morgen werden wir mehr über die Pläne des Kaisers erfahren. Friedrich stand auf und streckte die Hände dem wärmenden Feuer entgegen. Die Wärme umfing sein Gesicht. Motten schwirrten um den lichten Haufen. Einige kamen zu nahe, versengten sich die samtenen Flügel und stürzten in die Flammen, wo sie in die Ewigkeit entschwanden. In Oberitalien war die Machtposition des Kaisers befestigt. Die Reichsrechte wurden von den Städten und der Bevölkerung anerkannt und geachtet. Tatsächlich bewahrheiteten sich Dietrichs Vermutungen über die Eroberungsabsichten des Kaisers. Das nun ansehnliche Heer, welches durch die eingetroffenen Lombarden um mehr als fünfhundert Panzerreiter und dreimal so viele Kriegsknechte verstärkt worden war, wurde nach Monte Fiascone, eine gute Tagesreise nördlich von Rom, verlegt. Sie kamen vorbei an prächtigen Burgen und Städten, deren selbstbewusster Ausdruck von Macht und Reichtum vor heimischem Gestein von goldenen Zinnen und bunten Wimpeln herüberfunkelte.

      ~

      Den Anführern der Abteilungen war es erlaubt, aus dem Glied herauszureiten, um Informationen mit anderen Anführern auszutauschen. So schloss Tankred zu Friedrich auf und leistete ihm Gesellschaft. „Sag, Tankred“, rief Friedrich dem Heranreitenden entgegen, „was hat es mit diesem Streit zwischen Pisa und Florenz auf sich?“

      Tankred nickte Dietrich grüßend zu, „Pisa und Florenz. Hm. Die Städte werden immer mächtiger, leider. Das geht zu Lasten des Adels. Pisa wurde, nachdem es die sarazenischen Seeräuber besiegt hatte, zur mächtigsten Stadt Tusziens. Sie trieb Handel mit der ganzen Welt. Dadurch kamen teure Waren, wie Tuche, Eisen und Gewürze aus dem Orient, Flandern und Frankreich hierher. Auch Städte im Landesinneren, wie Lucca, Pistoria, Florenz und Siena, zogen Gewinn daraus. So kamen die Städte zu Geld. Das Geld hatten wir, die Adligen, bisher. Jetzt hat es sich gegen uns gewendet. Sie haben es uns aus der Tasche gezogen. Die reichen Händler in den Städten wurden zu Geldgebern der Mächtigen – des Kaisers, des Papstes, des Adels, damit wir unsere Kriege führen konnten. Seit etwa hundert Jahren versuchen die Städte ihren Einfluss auf unser Land auszudehnen, um die Erträge für sich einzuziehen. Doch seit jeher haben wir unser Land und haben von der Kirche das Lehensrecht in den Diözesen. So besteht unser Land aus unserem eigenen und Land der Kirche. Die Städter nennen sie Contados, wenn sie uns eines dieser Länder abgeluchst haben. Sie bestechen den Adel. Und viele lassen sich leicht überreden, weil es ja so schön zu leben ist in der Stadt. Ihnen werden Privilegien, wie Ämter oder Zoll- und Steuerfreiheit eingeräumt, und so weiter. Mancherorts belagern und zwingen die Städte Adelssitze mit Waffengewalt nieder. So dreist sind sie mittlerweile.“

      „Ah“, schnaufte Friedrich, „das ist kompliziert. Ich...“

      „Oh, ja, entschuldige Friedrich, wandte Tankred ein, „ich ereifere mich über dieses Thema immer, so dass ich nicht zum Punkt komme. Also, zu deiner Frage. Beim Ausbilden dieser Contados wurde Florenz so mächtig, dass es die Lande entlang dieser Straße, auf der wir gerade reiten, der Via Francigenia, die von Pavia bis nach Sizilien führt, gänzlich dominiert und den Handel von der Küste und von Pisa mit der Via Flaminia in das vor Seeräubern sichere Landesinnere zieht. So wird sie immer reicher.“

      „Ah“, Friedrich kam der Sache langsam näher.

      „So wurde Pisa zum erbittertsten Gegner der Rivalin Florenz und verbündete sich mit Siena, das unter dem erdrückenden Florenz litt. Lucca stand wegen der


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