Verfluchtes Erbe Gesamtausgabe. T.D. Amrein
„Aber natürlich“, beruhigte ihn Anders, „das gehört zu unserem Job. Wir werden uns stets an verschiedenen Orten treffen, wo wir vor neugierigen Ohren sicher sind. Darüber müssen Sie sich keine Sorgen machen.“
Merz fühlte sich erleichtert. Er hatte befürchtet, dass er nicht so schnell jemanden finden würde, der seine Geschichte ernst nahm. Doch diese zwei schienen geeignet, Dornbach zur Strecke zu bringen. Er verabschiedete sich, und fuhr zurück in sein Hotel.
Er konnte jetzt nur abwarten, was seine Detektive herausfanden. Um nicht wieder aufzufallen, wollte er möglichst nicht in die Stadt.
Ich kann auf meinem Zimmer an etwas anderem arbeiten, hatte er gedacht. Aber es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren.
***
Die beiden Detektive begannen sofort damit, das Umfeld der Familie Dornbach zu untersuchen. Als ehemalige Polizeibeamte hatten sie noch Kollegen, die ihnen ab und zu ein paar Informationen aus dem Polizeicomputer zukommen ließen. Die Familie erwies sich wie angenommen, als wohlhabend. Willhelm Dornbach wohnte in einer schönen Villa am Grüngürtel Frankfurts. Er besaß etliche Liegenschaften in den besten Lagen der Stadt. Bürotürme, deren Mieten ihm jedes Jahr ein Vermögen einbrachten.
Er hatte zwei Söhne, Udo und Helmut. Eine junge Frau, die dritte Frau Dornbach, die ersten zwei hatte er mit viel Geld ruhiggestellt. Solange er ihnen regelmäßig die Konten auffüllte, kamen sie ihm nicht mehr in die Quere.
Er beschäftigte einen eigenen Chauffeur sowie einiges Hauspersonal.
Dazu verfügte er über ein Privatflugzeug, das er sogar selbst fliegen konnte. Eine Jacht an der Nordsee mit Mannschaft, mit der er gelegentlich Urlaub machte.
Dornbach war ein Mensch, der sich daran gewöhnt hatte, alles kaufen zu können. Er duldete keinen Widerspruch. Wer sich ihm in den Weg stellte, wurde mit allen Mitteln bekämpft.
Daraus ergab sich, dass er erbitterte Feinde hatte, die nur darauf warteten, ihm eins auszuwischen. Andererseits waren sich die meisten auch bewusst, dass dies sehr gefährlich sein konnte. Denn Dornbach begnügte sich nicht damit, jemandem nur zu schaden. Er vernichtete, wenn immer möglich, dessen ganze Existenz.
Die Südamerikageschäfte dienten lediglich dazu, seinen Verwandten in Argentinien ein Auskommen zu ermöglichen. Dornbach machte keine illegalen Geschäfte. Zu groß die Gefahr, durch polizeiliche Ermittlungen über die Vergangenheit, belastendes Material ans Licht zu bringen.
Trotzdem war seine Flucht zu jederzeit vorbereitet. Er hatte auf der ganzen Welt Geld angelegt. Sich mehrere falsche Pässe anfertigen lassen. Er konnte Deutschland innert Stunden verlassen, wenn es nötig werden sollte.
Doch nach außen erschien Dornbach als braver Bürger. Es gab nicht einmal eine Eintragung im Polizeicomputer.
***
Die Ermittlungen im Umfeld Dornbachs, die Anders und Schelp anstellten, brachten auch nach mehreren Tagen keine brauchbaren Ergebnisse. Wo sie auch suchten, alles schien in Ordnung, nichts Nachteiliges zu finden. Beim ersten Zusammentreffen mit Merz nach fünf Tagen, musste Anders ihm berichten, dass sie nur sein Geld verschwendeten.
„Dieser Dornbach ist so sauber, dass es schon auffällt. Nicht einmal ein Verkehrsdelikt ist bekannt. Er zahlt eine Menge Steuern, gibt Geld an eine Stiftung für heimatvertriebene Deutsche, alles vorbildlich, ich weiß nicht, wo wir noch suchen sollen.“
Merz war sehr enttäuscht. „Trotzdem, suchen Sie weiter. Irgendwas muss es geben. Haben Sie ihn beobachtet?“
„Nein, bis jetzt nicht, was sollte das bringen? Er macht kaum offen etwas Verbotenes. Und außerdem müssen wir uns vorsehen, dass er uns nicht bemerkt. Wenn er wirklich so empfindlich reagiert, wie Sie das annehmen, was könnten wir dann noch herausfinden?“
„Wir könnten versuchen, jemanden zu finden, der mit ihm unsaubere Geschäfte gemacht hat“, schlug Merz vor.
„Das machen wir schon“, antwortete Anders. „Aber bis jetzt haben wir niemanden gefunden.“
„Egal, suchen Sie bitte weiter!“
Merz hatte erwartet, dass sie rasch zu Ergebnissen kommen würden. So wie er Dornbach eingeschätzt hatte.
Aber jetzt saß er seit fünf Tagen in diesem Hotel, ohne einen Erfolg feiern zu können. Dabei war er so gut vorbereitet gewesen. Die Warterei begann an seinen Nerven zu zehren, und es gab kaum noch Aussicht auf ein Ende.
Ich muss ihm eine Falle stellen, dachte er immer wieder. Aber welche? Wie konnte man einen Dornbach aus der Reserve locken? Und außerdem müsste es ein Vorfall sein, den man ihm ankreiden konnte. Es hilft nichts, wenn wir ihn nur warnen, er muss einen Fehler machen, überlegte Merz.
Die Tage vergingen mit einer quälenden Zähigkeit. Merz dachte bereits daran, aufzugeben, bis ihm endlich doch eine Möglichkeit einfiel.
Was wäre, wenn man bei seinen Importen etwas Kokain finden würde? Ganz plötzlich war ihm diese Idee gekommen. Ich muss nur ein Kilo Kokain besorgen, das im Lagerhaus der Dornbach Import-Export verstecken und dann der Polizei einen Tipp geben.
Niemand würde Dornbach glauben, dass ihm jemand ein ganzes Kilo Kokain untergeschoben hatte. Dann musste er reagieren.
Merz war jetzt wieder in bester Stimmung. Nur, wo bekomme ich ein Kilo Stoff her, war jetzt noch die Frage? Sollte er sich mit seinen Detektiven absprechen? Was, wenn die nicht mitmachen wollten? Nein, das mache ich allein, entschloss er sich schließlich.
Am Abend des gleichen Tages fuhr er mit einem Taxi in die Stadt. Er hatte den Fahrer nach einem Nachtclub gefragt, wo wirklich etwas los sei, und dieser brachte ihn in einen Laden mit dem Namen The Flying Dutchman.
Merz wurde sofort umringt von mehreren Tänzerinnen aus verschiedenen Ländern. Spontan entschied er sich für eine kaffeebraune Südseeschönheit.
Es war noch etwas früh, für einen Nachtclub, deshalb hatte er freie Auswahl. Nachdem der unvermeidliche Champagner auf dem Tisch stand, fragte Merz sofort nach etwas Stoff.
Sie verstand ihn offenbar nicht gleich.
„Cocaine“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Sie war beleidigt. „Gefalle ich dir nicht?“
Merz ließ sich nicht beirren von ihren Händen, die sich an seiner Hose zu schaffen machten. „Besorg mir zuerst etwas Koks. Dann sehen wir weiter!“
Sie stand auf und verschwand in Richtung Toilette.
Etwas später, setzte sich ein kräftiger junger Mann zu Merz. „Sie haben einen besonderen Wunsch?“
„Ja“, antwortete Merz. „Können Sie mir Kokain besorgen?“
Der Mann zuckte zusammen. „Nicht so laut bitte. An wie viel haben Sie gedacht? Ich habe natürlich selbst nichts, aber vielleicht kann ich etwas besorgen.“
„Ein Kilo“, sagte Merz.
Sein Gegenüber sah ihn entgeistert an. „Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen. Ein Kilo Kokain!“
„Aber nein“, antwortete Merz ganz ruhig. „Ich brauche ein Kilo. Wie ist der Preis?“
Der Mann stand auf. „Bleiben Sie sitzen, ich komme gleich wieder.“
Nach ein paar Minuten setzte er sich erneut zu Merz. „Kommen Sie morgen um die gleiche Zeit nochmal. Es wird jemand da sein, der Ihnen weiterhelfen kann.“
Kaum war er gegangen, schmiegte die Tänzerin von neuem an ihn. Merz fühlte, dass er besser gehen sollte und verlangte die Rechnung.
Jetzt war sie noch beleidigter als vorher. „Magst du keine Frauen?“
Merz schubste sie von sich. „Jetzt gerade nicht!“
Er zahlte die gesalzene Rechnung und verließ den Club. Ein paar Schritte weiter steuerte er eine normale Bar an, um noch etwas zu trinken.
Wenn