Verfluchtes Erbe Gesamtausgabe. T.D. Amrein

Verfluchtes Erbe Gesamtausgabe - T.D. Amrein


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Uhr machte er sich auf den Weg zu Mendel. Wieder folgte ihm ein Wagen, den er erneut nicht bemerkte. In der Straße mit den Lauben angekommen, ging er die letzten Schritte zu Fuß.

      Man würde nicht glauben, dass man in einer Großstadt ist, ging ihm durch den Kopf.

      Jeder versuchte den andern mit Hecken und Blumen zu übertreffen. Geschnittene Figuren aus Buchsbäumen, adrette Teiche mit Karpfen und Goldfischen, zahme und wilde Vögel hörte man zwitschern und streiten. Wenn das hier vorbei ist, kaufe ich mir vielleicht auch so einen Garten, dachte Merz. Er ging auf das Gartentor von Mendels Laube zu, das sich unter einem mit Reben bepflanzten Torbogen befand.

      Die einzige Stelle, wo man hineinsehen konnte. Er trat ein und suchte nach seinem Gastgeber. Von Mendel war nichts zu sehen oder zu hören.

      Auch im Gartenhaus, war nichts zu entdecken. Merz schaute sich um, und ging wieder nach draußen.

      Da sah er ihn liegen, neben seinen Rosen, weiß, mit aufgerissenen Augen und einem erschreckten Gesicht.

      Merz ließ seine Flasche fallen und rannte zu ihm hin.

      Tot, fuhr es ihm durch den Kopf, tot wie Fritz. Er kniete sich neben den leblosen Körper hin, versuchte einen Puls zu finden, obwohl er keine Ahnung hatte, wie das funktionierte. Egal, Mendel war tot, das sah er auch so.

      Merz stützte den Kopf in die Hände. Schon zwei tote Freunde wegen diesem Scheissgeld, dachte er verzweifelt. Was mache ich falsch? Bin ich schuld?

      Er brauchte einige Minuten, um sich zu fassen. Ich muss Kommissar Reuter anrufen, fiel ihm ein. Er suchte nach der Karte mit der Nummer.

      Mechanisch stapfte er durch das Gartentor, das noch offenstand und machte sich auf den Weg zur Telefonkabine an der Kreuzung, die er schon gestern benutzt hatte.

      „Polizeipräsidium Frankfurt“, meldete sich eine Stimme. „Was kann ich für Sie tun?“

      „Ich möchte bitte mit Kommissar Reuter sprechen“, sagte Merz mit belegter Stimme.

      „Ich weiß nicht, ob er noch in seinem Büro ist. Moment bitte. Wen darf ich melden?“

      „Merz, Erich Merz.“

      Nach kurzer Zeit meldete sich Kommissar Reuter. „Herr Merz aus der Schweiz?“

      „Ja, guten Abend Herr Kommissar. Können Sie schnell kommen? Ich habe eine Leiche gefunden.“

      „Eine Leiche? Wo? Hier in Frankfurt?“

      „Ja, hier in den Gartenlauben an der Mainzer Landstraße. Die genaue Adresse weiß ich nicht.“

      „Aber Herr Merz, warum verständigen Sie dann mich und nicht den Polizeinotruf? Na, gut, ich werde alles Nötige veranlassen, den Notarzt und eine Polizeistreife.“

      Merz unterbrach, „einen Notarzt braucht er nicht mehr.“

      „Doch, natürlich braucht es das, Herr Merz. Wie wollen Sie zuverlässig den Tod eines Menschen feststellen? Ich werde selbst auch kommen. Bleiben Sie bitte auf der Straße und weisen Sie die Leute ein!“

      „Ja, Herr Kommissar, mache ich“, brummte Merz ergeben.

      Er ging zurück zum Eingang, und bereits nach wenigen Minuten hörte er das Martinshorn eines Polizeifahrzeuges näherkommen.

      Mit erhobenen Armen trat er auf die Straße, um die Beamten auf sich aufmerksam zu machen. Der Streifenwagen stoppte mit quietschenden Reifen, die Polizisten sprangen heraus und einer fragte, „haben Sie uns gerufen?“

      „Ja, das war ich, kommen Sie, da liegt Herr Mendel.“

      Die Polizisten untersuchten den leblosen Mendel. Griffen in seine Taschen und öffneten sein Hemd, um auch an seiner Brust zu horchen.

      Der Notarztwagen war inzwischen ebenfalls eingetroffen, zwei Männer mit weißen Helmen rannten in die Laube. Durch den Lärm begannen sich auch einige andere Laubenbesitzer auf der Straße zu versammeln.

      Der Notarzt schüttelte nach kurzer Untersuchung den Kopf. „Da können wir wirklich nicht mehr helfen. Der Herr ist bereits seit einigen Stunden nicht mehr am Leben. Sieht nach Herzversagen aus“, sagte er zu den Polizeibeamten.

      „Soll ich den Abtransport veranlassen?“ Einer der Polizisten schüttelte den Kopf, „nein. Wir warten auf Kommissar Reuter!“

      Der war inzwischen auch angekommen und wechselte auf der Straße ein paar Worte mit dem Notarzt. Merz konnte aber nicht hören, was gesprochen wurde.

      Danach trat Reuter in die Laube und warf einen Blick auf den Toten, der inzwischen mit einem weißen Laken zugedeckt worden war.

      Erst danach ging er auf Merz zu und reichte ihm die Hand. „Guten Abend Herr Merz! Na dann, erzählen Sie mal.“

      Merz wusste nicht so recht wo er anfangen sollte, deshalb sagte er: „Das ist Herr Mendel, ein alter Freund meines Großvaters. Ich habe ihn über eine Kleinanzeige in der FAZ kennen gelernt. Wir waren für heute Abend verabredet, und als ich gekommen bin, habe ich ihn tot aufgefunden. Darauf habe ich Sie sofort angerufen.“

      „Aber warum rufen Sie jemand von der Mordkommission?“, fragte der Kommissar. „Der Notarzt hat mir bestätigt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein natürlicher Tod vorliegt. Haben Sie einen konkreten Verdacht, dass jemand nachgeholfen hat.“

      Merz knetete seine Hände, „wissen Sie, ich bin hier fremd. Und ich hatte gerade Ihre Karte in der Tasche. Ich habe darüber noch gar nicht nachgedacht aber, wenn man sein erschrecktes Gesicht sieht …“

      „Das ist normal“, wehrte der Kommissar ab. Wenn jemand einen Herzanfall erleidet, erschreckt er sich. Und wenn er schnell stirbt, kann dieser Ausdruck auf seinem Gesicht bleiben. Daraus können Sie nicht irgendwelche Schlüsse ziehen. Aber ich frage Sie jetzt noch einmal? Haben Sie irgendeinen Anhaltspunkt für ein Fremdverschulden?“

      „Nein“, antwortete Merz „Doch ich muss zuerst meinen Kopf etwas in Ordnung bringen.“

      „Gut. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, lassen Sie es mich wissen“, sagte der Kommissar.

      Sein Assistent sah ihn fragend an: „Ermitteln wir?“

      „Nicht wirklich. Aber wenn wir schon da sind, nehmen wir ein paar Fingerabdrücke von Klinken und Schubladen. Außerdem sehen Sie nach, ob etwas durchwühlt oder gewaltsam geöffnet wurde.“ Etwas leiser ergänzte er: „Nehmen Sie auch Abdrücke von dieser Weinflasche. Die hat sicher Herr Merz gebracht, dann können wir sofort vergleichen.“

      Er wandte sich wieder an Merz: „Den Rest können wir den Polizeibeamten überlassen. Wenn Sie wollen, kann ich Sie zur Pension Erika bringen. Die liegt auf meinem Weg.“

      Merz tat erstaunt. „Sie wissen, wo ich wohne?“

      „Das ist nur Zufall“, antwortete der Kommissar. „Wollen Sie?“

      „Ja gern, wenn ich kann, danke.“

      Dieses Mal folgte ihnen kein Schatten. Horst und Jens hatten sich beim Eintreffen der Polizei schleunigst verzogen.

      Auf der Fahrt fragte Merz den Kommissar, „was geschieht nun mit Herr Mendel? Werden sie eine Obduktion anordnen?“

      „Eine Obduktion kann nur der Staatsanwalt anordnen, Herr Merz. Falls wir etwas Auffälliges finden, werde ich ihn darum bitten. Aber ich rechne nicht damit.“

      „Gestern war er noch quicklebendig“, sinnierte Merz. „Und heute ist er einfach tot.“

      „Nehmen sie das nicht so schwer. In seinem Alter muss man damit rechnen. Und es ist eigentlich ein schöner Tod, so in seinen Rosen einfach umzufallen. Viele müssen noch lange Krankheiten ertragen“, antwortete der Kommissar.

      Merz wusste, dass er Recht hatte. Aber er wollte Mendel noch so viele Fragen stellen. Und außerdem war er noch nicht davon überzeugt, dass niemand an seinem Tod Schuld hatte.

      Der Kommissar ließ den Wagen halten, sie waren bei


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