BonJour Liebes Leben .... Rose Hardt

BonJour Liebes Leben ... - Rose Hardt


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seufzte Charlotte, „in bestimmten Situationen denke ich, dass es vielleicht besser wäre, wenn …“ nein, sie konnte das Wort Pflegeheim nicht aussprechen, es wollte einfach nicht über ihre Lippen kommen.

      „Du meinst, dass du Gustavs Wille doch nachkommen solltest!“

      „Ja und nein“, druckste sie, „doch so lange Lilo, die gute Seele, sich so rührend um sie kümmert, bleibt Frida hier, hier in ihrer vertrauten Umgebung. Und überhaupt, schließlich habe ich ihr viel zu verdanken. Ich würde es als Verrat an ihr ansehen. Sie war mir immer eine führsorgliche Schwiegermutter, mehr noch, sie war mir eine gute Freundin, die mir in all den Jahren, mit Rat und Tat zur Seite stand, sie war mir eine große Stütze, gerade dann, wenn Gustav mal wieder einer seiner unsäglichen Affären hatte.“ Beschämt, auch unangenehm berührt von jenen Erinnerungen, senkte sie ihren Blick und ging zum Tisch zurück.

      „Stütze!“, eschauffierte sich Doro lautstark, „also ich hör‘ wohl nicht richtig“, sie folgte ihr auf dem Fuße, wobei sie im Geiste wieder ihre beliebte Wutpeitsche fest umschlossen hielt. „Bei allem Verständnis, meine Liebe, aber du solltest die Kirche im Dorf lassen. Tzzz … Stütze“, wiederholte sie kopfschüttelnd. Verärgert ließ sie sich auf den Gartenstuhl fallen, schnappte die Champagnerflasche beim Halse und kippte das edle Getränk in die Gläser. „In erster Linie meine liebe Charlotte war sie Gustavs Mutter und insofern nur um sein Wohl sowie seinen Seelenfrieden bemüht – glaub mir. Aber sag, warst du wirklich so naiv?“ schob sie aufgebracht hinterher.

      Völlig perplex sah Charlotte zu ihr hin. „Was ist plötzlich wieder in dich gefahren? Ich wusste immer über seine diversen Frauengeschichten Bescheid“, verteidigte sie sich, „und wenn ich ihn hätte verlassen wollen, so hätte ich es getan ... Basta!“

      „Nie im Leben hättest du das getan … Never!“, fügte Doro besserwisserisch an und streckte dabei ihr schmales, adeliges Näschen arrogant in die Höhe.

      „Also ich bitte dich, Doro, nur weil du schlechte Erfahrungen mit den Herren der Schöpfung gemacht hast, brauchst du mich nicht anzupflaumen … Und erst recht nicht, lass‘ ich mir von dir, mein gerade erst aufgebautes Ego demontieren!“ – In solchen Situationen hasste sie Doro, hasste sie für ihre destruktive Art und Weise.

      Für einen Augenblick saßen sie wie Katz‘ und Maus einander gegenüber. Jeder fand sich sowohl in der Position als Katze auf dem Sprung, als auch als schutzsuchendes Mäuschen in einer Ecke kauernd.

      Dieser Zustand war, Gott lob, jedoch nur von kurzer Dauer.

      Doro machte, ganz wie es ihrem Charakter entsprach, den ersten Versöhnungsschritt und sagte: „Ah, bevor ich es wieder vergesse, da fällt mir gerade ein, wenn du Lust hättest so könntest du, in meinem Auftrag, eine Immobilie in Südfrankreich besichtigen – ganz so wie früher“, sie zwinkerte ihr zu und meinte: „auf dein Augenmerk war schließlich immer Verlass.“

      Charlotte war von dem Angebot so überrascht, dass sie vergessen hatte weiter sauer auf sie zu sein. Erstaunt hakte sie nach: „Wie jetzt? … Ist das dein Ernst?“

      „Sehe ich so aus, als ob ich Scherze mache?“ Erleichtert, dass ihr Ablenkungsmanöver geglückt war, prostete Doro ihr zu. „Stößchen auf dein neues Leben. Dann werde ich dir in den nächsten Tagen eine Adresse zukommen lassen … Okay?“, fügte sie mit ihrem schönsten Augenaufschlag an.

       Ja, auch so war Doro, mal beherrscht, mal exaltiert, doch immer wieder versöhnlich und wahrscheinlich hielt gerade deshalb ihre Freundschaft schon so lange.

      Charlotte spürte eine leichte Beklemmung aufsteigen, die sogleich eine Maschinerie in ihrem Kopf in Gang setzte: Ich muss … ich sollte … ach … und könnte sie Lilo mit Frida wirklich alleine lassen? Was wäre wenn? Schließlich trägt sie die Verantwortung! – Nein! Kurzerhand stoppte sie diese Maschinerie die immer mehr Zweifel und Fragen zu produzieren schien, sie in einem rasanten Tempo wieder zurück in den Alltag, in das triste Allerlei zu schubsen drohte. Es ist dein Leben das vor dir liegt, vielleicht deine letzte Chance ermahnte sie schließlich ihr nüchterner Verstand also mache etwas draus! Dann wich die Beklemmung und sie jubelte laut: „Jaaa! … Ja ich werde es tun!“, und diesem Glücksgefühl folgte ein befreiendes Lachen.

      „Na, das ist doch mal eine Ansage!“, antwortete Doro in Begleitung eines zufriedenen Seufzers, dann kann ich gleich Monsieur Renoir Bescheid geben, dass du kommst. Du musst wissen, dass Pierre, ich meine Monsieur Renoir, der Eigentümer des zu veräußernden Objektes ist, und ja, er ist ein wunderbarer Mensch“, schwärmte sie“, wobei in ihren Augen wieder dieses unmissverständliche Strahlen lag. „Ach, was rede ich, du wirst ihn kennenlernen und ihn mögen, davon bin ich felsenfest überzeugt!“

      Ah sieh an, schoss es Charlotte durch den Kopf, verzichtete aber auf eine bissige Bemerkung.

      Sie redeten, planten, tranken Champagner und alberten bis in die späten Nachmittagsstunden, wobei das brisante Thema Männer absichtlich nicht mehr aufgegriffen wurde. Mit einer herzlichen Umarmung sowie Doros Standardspruch: Und immer schön lächeln, dann wird dir die Welt zurücklächeln, gingen sie auseinander.

      Nachdem Charlotte wieder alleine war, legte sie sich zufrieden im Gartenstuhl zurück, lächelte und dachte über Doros Spruch nach. Sie lächelte aber auch deshalb, weil eine neue Welt für sie ihre Pforten geöffnet hatte. „Ja, Welt ich komme“, sagte sie laut und in diesem Moment hätte sie Luftsprünge machen können und sie war mutig genug um erste fantastische Gespinste um ihr neues ich zu weben: Vor ihrem geistigen Auge sieht sie sich als Immobilienmaklerin durch ferne Länder reisen, sieht sich durch traumhafte Villen schreiten und mit den interessantesten Menschen plaudern. Jetzt hielt sie nichts mehr auf dem Stuhl, von ihren Gespinsten aufgejagt lief sie auf der Terrasse auf und ab, sie war so sehr mit ihren neuen Lebensplänen beschäftigt, dass alles um sie herum gar nicht mehr existent war.

      Doch irgendwann mischte sich ein heftiges Wortgefecht mitten in ihre zurechtgesponnene bunte Traumwelt. Sie hörte Frida und Lilo lautstark diskutieren. Frida widersprach trotzig und zum wiederholten Male Lilos Anweisungen, auch wenn Charlotte nicht verstand um was es ging, so war die Modulation in ihren Stimmen schon hinweisführend. Plötzlich hörte sie wie Porzellan zerschlagen wurde, es folgte ein kurzer Aufschrei von Lilo, dann schepperte es erneut. Charlotte lief sofort dem Scherbengeräusch nach. Frida stand wie paralysiert vor den Scherben zweier sündhaft-teuren chinesischen Bodenvasen.

      Lilo hielt vor Schreck, um nicht nochmals aufzuschreien, die Hand vor den Mund. „Frau Frida!“, drang es schließlich ganz entsetzt aus ihr heraus, „oh mein Gott … ein Vermögen liegt auf dem Boden!“

      Charlottes Blick fiel zuerst auf die Porzellanteile, die über dem Boden zerstreut lagen, dann zu Lilo und zu guter Letzt zu Frida die völlig hilflos, wie ein verstörtes Kind, vor den Trümmern stand und offenbar gar nicht begriff was überhaupt geschehen war.

      Für einen Moment stockte Charlotte der Atem und innerhalb von nur wenigen Sekunden lösten sich ihre bunten Träume auf, die Pforte zu ihrer neuen Welt rückte in die Unerreichbarkeit und gemäß dieser Erkenntnis sank sie innerlich zusammen.

      Lilo hatte zuerst wieder die Kontrolle über die Situation. „Frau Frida, nicht traurig sein, das waren doch nur dumme Vasen in denen niemals Blumen standen.“

      „Niemals?“ brüskierte sich Frida, sogleich hielt sie suchend Ausschau und rief: „Wo ist Gustav? Er … er soll das wegmachen“, wobei sie eine entsprechende Geste mit den Händen machte.

      Charlotte und Lilo tauschten für einige Sekunden stumme und fragende Blicke.

      Schließlich hakte sich Lilo bei Frida unter und sagte sie tröstend: „Wir beide gehen jetzt in die Küche, trinken Tee und essen dazu leckere Kekse.“

      Frida gehorchte.

      Charlotte ging in die Hocke, betrachtet den Scherbenhaufen, dachte an Fridas geistigen Zerfall und sieht ihre neuen Lebenspläne zwischen den filigranen Porzellanteilen langsam entschwinden. Sie wollte doch


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