Im Zeichen des Rosenmonds. Karl-Heinz Biermann

Im Zeichen des Rosenmonds - Karl-Heinz Biermann


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schüttelte den Kopf. „Was soll ich Ihnen da erzählen, ist eben meine Frau.“

      „Ist sie auch Türkin?“

      „Ja sicher.“

      „Und schon lange verheiratet, nehme ich an. Kinder?“

      „Zwei“, sagte Yusuf, „sind schon erwachsen.“

      „Haben Sie sonst noch Verwandte hier in Hamburg? Ihre Eltern leben wohl in der Türkei?“

      „Nein, nur die Schwiegereltern leben noch.“

      „Ist Ihre Frau jünger?“

      Yusuf nahm einen Schluck Wasser und sah über das Glas hinweg an Blohm vorbei.

      „Nur ein paar Jahre“, sagte er, als er das Glas wieder auf den Tisch stellte.

      „Verwöhnen Sie Ihre Frau heute noch?“

      Yusuf blies seine Backen auf und pustete anschließend seinen Atem leise hinaus.

      „Ich meine, machen Sie ihr ab und zu noch kleine Geschenke?“ Blohm beugte seinen Kopf vor und schien auf die Antwort zu lauern.

      Yusuf überlegte, was er sagen sollte. Warum stellte sein Gegenüber diese Fragen. Sie wurden ihm unangenehm, aber er hielt sie für zulässig, immerhin wurde der Fisch, den er gerade gegessen hatte, von diesem merkwürdigen Geschäftsmann bezahlt.

      „Wenn Sie genug Geld hätten, könnten Sie Ihrer Frau Schmuck schenken. Sie liebt doch Schmuck? Wie wäre es mit Diamanten?“ Blohm grinste verschmitzt. „War ein kleiner Scherz.“

      „Natürlich besitzt sie Schmuck“, sagte Yusuf etwas ungehalten, „alle Frauen mögen Schmuck.“

      „Natürlich“, pflichtete Blohm ihm bei. „Sind Sie ein streng gläubiger Moslem?“

      Diese Frage überraschte ihn. Er war gerade dabei zu überlegen, wie er das Theater um seine Frau unterbinden konnte. Jetzt zählte er nach, wie oft er in der letzten Zeit in der Moschee gewesen war. Im letzten Jahr, fiel ihm ein, war er zweimal dort gewesen, und in diesem erst einmal, zur Hatim-Feier eines Sohnes von Bekannten.

      „Nicht gläubiger als es meine christlichen Nachbarn sind“, gab er brummig Auskunft.

      „Wollen wir noch ein Dessert zu uns nehmen?“, fragte Blohm.

      Yusuf zog kurz seine Schultern hoch. „Muss nicht sein, für mich nicht, ich muss auch bald wieder los, meine Mittagspause ist begrenzt“, entschuldigte er sich. Ihm war daran gelegen, die Unterhaltung mit Blohm abzuschließen. Er hatte die Einladung zum Essen angenommen, weil er dachte, den Geschäftsmann, solange er in Hamburg blieb, auch weiterhin als Kunden zu gewinnen. In solchen Fällen war oft ein sehr gutes Trinkgeld zu erwarten. Zum Essen hatte ihn allerdings noch kein Fahrgast eingeladen.

      Blohm hatte inzwischen nach dem Kellner gerufen.

      „Kaffee trinken Sie doch?“

      Sie schwiegen eine Weile, bis der Kellner den Kaffee gebracht hatte. Yusuf trank ihn schwarz.

      „Könnten Sie sich vorstellen, eine Fahrt nach Istanbul anzunehmen?“, fragte Blohm.

      „Istanbul? Mit dem Taxi? Ich dachte, Sie machen hier in Hamburg Geschäfte.“

      „Auch. Hamburg, Istanbul, wo auch immer. Ich tätige gerade ein Geschäft zwischen Hamburg und Istanbul.“

      „Und dazu brauchen Sie ein Taxi?“

      „Ja, für einen Transfer.“

      Yusuf überlegte, was Blohm damit meinte.

      „Sie kennen sich doch in Istanbul aus und sprechen türkisch“, hörte er ihn wieder sagen.

      „Ich war erst einmal so richtig in Istanbul, und das ist schon lange her, sonst bin ich auf meinen Reisen immer nur durchgefahren.“

      „Das ist auch nicht weiter wichtig, ich bräuchte vor allem Ihre Diskretion.“

      Yusuf fühlte sich von Blohm beobachtet, als er über dessen Äußerungen nachdachte, sie irritierten ihn und er konnte nichts damit anfangen.

      „Was nehmen Sie für so eine Fahrt?“, hakte Blohm nach.

      „Ich halte es für verrückt, dass sich jemand von hier aus in die Türkei fahren lassen will.“

      „Wieso verrückt? Gab es denn nicht schon solche Touren?“

      „Sicher, aber es ist ungewöhnlich.“ Yusuf rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.

      „Bleiben Sie noch einen Moment, hören Sie mir doch erstmal zu!“ Blohm hob beschwichtigend eine Hand.

      „So etwas habe ich noch nie gemacht, und ich müsste auch meinen Chef informieren. Das geht nicht ohne seine Einwilligung.“

      „Das geht anders“, sagte Blohm und fuhr leiser fort: „Sie müssen mir beantworten, ob ich mit Ihnen über ein Geschäft reden kann, das äußerstes Vertrauen verlangt. Wie ich schon sagte, ich würde von Ihnen als Taxifahrer Diskretion erwarten.“ Er hatte sich über den Tisch zu Yusuf hinübergebeugt.

      „Ist das illegal, was Sie da vorhaben?“ Yusuf ahnte, dass es in eine Richtung lief, die möglicherweise an sein Gewissen ging.

      „Ist es illegal, mit dem Auto in die Türkei zu reisen?“

      „Wenn es voller Rauschgift ist?“

      „Wenn es Rauschgift wäre, dann ja wohl nur aus der Türkei heraus. Nein, Sie fahren runter, um etwas abzuholen.“

      „Ohne meinen Chef davon in Kenntnis zu setzen geht das nicht.“

      „Das sagten Sie bereits. Aber wir brauchen ein Taxi und nicht Ihren Chef. Sie müssen mir jetzt sagen, ob Sie interessiert sind, bevor ich weiterrede.“ Blohm lehnte sich zurück und sah Yusuf abwartend an.

      „Ich müsste auf jeden Fall Vorkasse verlangen, plus Spesen und die Vereinbarung einer Tagespauschale.“

      „Sie können mehr als das bekommen.“

      „Mehr als den regulären Fahrpreis?“

      „Sie können Besitzer eines eigenen Taxis werden.“

      Yusuf starrte sein Gegenüber lauernd an. Er vermutete, dass Blohm gleich wieder sagen würde, es wäre nur zum Scherz.

      „Und selbstständig sein, eine eigene Firma gründen. Sie sind Türke und die sind doch besonders stolz auf ein eigenes Geschäft“, schob Blohm nach.

      Yusuf schüttelte den Kopf. „Niemand zahlt so einen Preis, so etwas gibt es nicht. Da ist doch etwas faul.“

      „Hier geht es um einen lukrativen Auftrag.“

      „Warum suchen Sie gerade mich aus?“

      „Sie sind ein Profi. Sie sind Taxifahrer. Taxifahrer sind clevere Menschen. Und diskret.“ Blohm machte eine kurze Pause. „Sie sind es doch, oder?“

      Yusuf nickte leicht mit dem Kopf.

      „Dann hören Sie zu“, fuhr Blohm fort, „ich will Ihnen den Ablauf des Geschäftes unterbreiten, aber nicht hier, sondern draußen im Taxi.“

      Yusuf nickte wieder.

      *

      Blohm zeigte auf eine der wenigen Parklücken am Straßenrand neben der Außenalster. Er blieb hinten im Fond sitzen und redete mit ruhiger Stimme.

      „Wir werden ein Mercedes-Taxi kaufen, ein bestimmtes Modell, schon ein wenig älter, aber von einer zuverlässigen Baureihe. Ich habe auch schon einen Verkäufer gefunden. Der will fünfzehntausend Euro. Das zahlt man doch dafür, oder?“

      Yusuf zuckte mit den Schultern.

      „Ich handle ihn noch runter, sagen wir auf zwölftausend. Mit diesem Taxi fahren Sie nach Istanbul. Dort verkaufen Sie es. Dieses Modell ist dort sehr begehrt. Das Geld, das Sie dafür bekommen, gehört Ihnen!“


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