Im Zeichen des Rosenmonds. Karl-Heinz Biermann

Im Zeichen des Rosenmonds - Karl-Heinz Biermann


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aber sie hatte weiter geschwiegen. Später, als er in der Nacht aufbrechen wollte, war sie ins Schlafzimmer gegangen ohne ein Wort des Abschieds, und er hatte vor der Tür gestanden und ihm war nichts eingefallen, wie er sich hätte verabschieden sollen.

      Yusuf schob seine Gedanken beiseite und schaltete doch das Radio ein, ganz leise. Er schaute weit nach vorne und sah die Rücklichter der Fahrzeuge, wie sie vor ihm auf dem Weg durch die Nacht ihre roten Spuren hinterließen.

      *

      Blohm erwachte. Er reckte sich und verzog sein Gesicht, als hätte er sich verrenkt. Langsam richtete er sich auf.

      „Sie können die Rückenlehne auch ganz runterstellen, dann können Sie bequemer schlafen“, riet Yusuf ihm.

      Blohm sah durchs Fenster, offensichtlich spähte er nach Hinweisschildern.

      „Wie weit sind wir?“, fragte er.

      „Hinter Dresden.“

      „Wie lange brauchen wir bis Prag?“

      „Schätze anderthalb Stunden, wenn wir weiter so gut durchkommen.“

      „Fahren Sie dort einen Rastplatz an“, sagte Blohm nach einer Weile, „ich denke, wir sollten eine Pause machen.“

      Yusuf nickte. Und getankt werden muss auch, sagte er sich, als sein Blick zur Benzinuhr ging.

      Blohm lehnte sich wieder zurück, ohne die Rückenlehne verstellt zu haben, so wie Yusuf es vorgeschlagen hatte, und war kurze Zeit später trotz seiner unbequemen Position wieder eingeschlafen. Er wachte erst auf, als Yusuf das Taxi auf einen Rastplatz in der Ortschaft Jihlava lenkte und eine Tankstelle ansteuerte. Während der Diesel in den Tank floss, übte Yusuf sich hinter der Zapfsäule in zaghaften Dehn- und Streckübungen.

      „Ich brauche Geld für die Tankfüllung“, rief er über das Autodach hinweg zu Blohm, der gerade ausstieg.

      Blohm kam herum und gab ihm zweihundert Euro. „Gleich für das nächste Mal mit“, sagte er brummig, offensichtlich war er noch verschlafen.

      Als Yusuf von der Kasse zurückkam, entdeckte er Blohm vor dem Motel, das gleich hinter der Tankstelle lag, und verstand dessen Winken so, dass er mit dem Taxi nachkommen sollte. Er musste einmal um die Tankstelle herum fahren, und als er den Parkplatz vor dem Motel erreichte, war Blohm bereits in das Gebäude gegangen. Yusuf blieb im Taxi. Er spürte jetzt, dass er müde wurde, und fuhr seine Rückenlehne etwas runter, aber gleich wieder hoch, als Blohm wieder aus dem Motel herauskam.

      „Wir sollten hier etwas frühstücken. Ich warte im Restaurant auf Sie, bis Sie sich frisch gemacht haben. Die Waschräume sind so früh am Morgen noch angenehm leer“, sagte Blohm, als er am Auto angekommen war.

      Er nahm einen seiner beiden größeren Koffer aus dem Kofferraum und ging ins Motel zurück. Yusuf nahm den Waschbeutel aus seiner Gepäcktasche. Etwas später setzte er sich zu Blohm an den Tisch. Außer ihnen waren keine Gäste im Restaurant. Er hatte sich nach dem Waschen rasiert, was dazu beitrug, dass er sich etwas frischer fühlte. Der Kellner brachte Kaffee und Yusuf genoss den Duft, als er seine Tasse füllte. Danach stellte der Kellner Toast und dunkles Brot sowie eine Platte mit Wurst und Käse auf den Tisch.

      „Ich bestelle uns noch Spiegeleier, oder mögen Sie lieber ein gekochtes Ei oder Rührei?“, fragte Blohm kauend.

      „Spiegelei, und etwas Marmelade für mich.“

      „Sie hatten das Taxi so schnell aufgetrieben“, fragte Yusuf später, als sie schon fast mit dem Frühstück fertig waren und nur noch den Kaffee vor sich stehen hatten. „Kannten Sie den Händler schon vorher?“

      „Durch meine Geschäfte habe ich viele Kontakte.“

      „Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich beim Kauf dabei gewesen wäre. Ich hätte mir den Wagen genauer angesehen. Irgendwie fehlt es ihm an Leistung.“

      „Wie kommen Sie denn darauf?“, Blohm schaute lauernd auf.

      „Heute früh, bei den Steigungen, zog er nicht richtig durch. Und in den scharfen Kurven hatte ich das Gefühl, dass er etwas schwimmt.“

      „Was erwarten Sie, der Wagen hat schon einige Kilometer auf der Uhr.“

      „Ich hab diesen Typ jahrelang als Taxi gefahren, war immer zuverlässig, bis zuletzt. Wir sollten den Wagen in einer Werkstatt checken lassen.“

      „Dazu haben wir nicht die Zeit“, entgegnete Blohm.

      „Wir können auch eine Tankstelle anfahren, den Wagen aufbocken, und ich seh mir das Fahrwerk selbst an.“

      Blohm schüttelte unwirsch mit dem Kopf. „Nein, kommt nicht in Frage, wir sollten die Zeit lieber nutzen, um uns auszuruhen, die Fahrt ist noch lang genug und der Wagen wird es schon schaffen. Sie sagten doch selbst, dass es ein zuverlässiges Auto ist.“

      „Ich wollte nur darauf hinweisen. Aber Sie müssen es wissen, Sie sind der Chef.“ Yusuf tat gleichgültig, aber er machte sich doch Gedanken um das Taxi, schließlich sollte beim Verkauf in Istanbul der Preis nicht durch irgendeinen Mangel am Fahrzeug geschmälert werden.

      „Gönnen Sie sich eine Schlafpause“, sagte Blohm. „Reicht Ihnen dafür die Zeit bis, sagen wir, zwölf Uhr?“

      „Sie meinen ich soll im Auto schlafen?“

      „Es macht Ihnen doch hoffentlich nichts aus? Für die paar Stunden lohnt sich doch kein Zimmer mehr.“

      Yusuf war es egal. Das Frühstück hatte ihn noch müder gemacht. Hauptsache, er konnte schlafen. Er rechnete sich aus, dass er fast fünf Stunden schlafen konnte.

      „Von mir aus, es wird schon gehen.“

      „Ich bleibe hier“, sagte Blohm, „ich werde etwas lesen und ich muss noch ein paar Telefonate erledigen.“

      „Geschäftlich, nehme ich an.“

      Blohm nickte.

      Yusuf fuhr das Taxi um das Motel herum in eine abgelegene Ecke des Geländes. Es gab keinen Betrieb und keinen Verkehr, trotzdem wollte er sichergehen und die wenigen Stunden ungestört bleiben. Die Rückenlehne ließ er ganz runter, fast in die Waagerechte, und da er nicht annahm, im Kofferraum eine Decke zu finden, und auch gar nicht erst danach suchen wollte, rollte er seine Jacke zusammen und legte sie unter den Kopf. Während seiner Arbeit als Taxifahrer war er es gewohnt, in den Wartezeiten mal kurz zu nicken, und er hatte gelernt, wie man im Fahrersitz entspannen konnte.

      *

      Um die Mittagszeit steuerte er das Taxi auf die Autobahn Richtung Budapest, fünfhundert Kilometer waren es bis dahin, wusste er. Blohm hatte nichts erwähnt, ob sie dort übernachten würden. Yusuf fühlte sich ausgeruht; angesichts der sechs Stunden Fahrzeit, die vor ihnen lagen, wünschte er sich aber am Abend ein Bett für die Nacht.

      Das wird anstrengend, dachte er. Anstrengender, als er es sich vorgestellt hatte. Er versuchte sich zu erinnern, ob es anstrengend gewesen war, damals vor dreißig Jahren, als er in die Türkei gefahren war. Ihm fiel nur ein, wie gerne er damals gefahren war, und er glaubte, sich zu erinnern, dass sie immer nur einmal auf der weiten Reise übernachtet hatten, er und seine Familie, und gestoppt hatten sie auch nur zum Tanken. Heute Abend würde er auch wieder nachtanken müssen und spekulierte auf eine längere Pause.

      „Wie hat es Ihre Frau eigentlich aufgefasst, dass Sie so schnell wegmussten und sie einige Zeit alleine bleiben muss?“, fragte Blohm.

      Yusuf war wieder einmal erstaunt. Wieso machte Blohm sich Gedanken über seine Frau? Er suchte nach einer Antwort.

      „Was soll sie schon gesagt haben? Es kann ja mal vorkommen, dass ich eine längere Tour übernehme.“

      „So lange waren Sie aber wahrscheinlich noch nie weg, das wird ihr sicher nicht gefallen haben.“

      „Es wird ihr schon nichts ausmachen.“

      „Haben Sie ihr von dem Geld erzählt, das Sie bekommen?“

      „Nein,


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