Schwarzes Herz. Andreas Menne Peter

Schwarzes Herz - Andreas Menne Peter


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sie ihr ganzes Leben lang gross werden sehen und auch nicht wenig Zeit mit ihnen verbracht.

      Ein wenig war er auch zu einem Ziehvater für sie geworden, weswegen sie auch ein solches Vertrauen zu Bertold hatte, um mit ihm über ihre Gedanken zu sprechen.

      »Wenn ich doch nur wüsste, ob es besser wäre, mit Leonhard vor unserem Geburtstag und vor seiner Ritterweihe zu sprechen oder erst danach.« Isolda seufzte, denn diese Frage hatte sie sich in den letzten Tagen so oft schon gestellt.

      »Hm«, antwortete Bertold erst einmal nur, und nach kurzem Überlegen fügte er hinzu: »Hier weiss auch ich nun keinen passenden Rat.«

      Der Schrei eines Bussards riss sie aus den Gedanken und direkt darauf war der grosse Vogel auch schon zu sehen, wie er nicht weit von ihnen entfernt hinabstiess und sich mit seiner Beute direkt wieder in die Höhe schwang. Fast als wäre sein Schrei ein Zeichen gewesen, dieses Thema zu belassen und nicht weiter darüber zu sprechen.

      »Kommt, Prinzessin, lasst uns aufbrechen, bevor sich noch Falten auf Eurer jungen Stirn vom vielen Grübeln bilden.« Auch wenn dieser Spruch eher spöttisch hätte klingen sollen so war doch mehr Sorge heraus zu hören als es Bertold gewollt hatte.

      Als sie los ritten, ergriff ein leichter Windzug die Haare von Isolda und liess sie genauso wie die Mähne ihres Rappens fliegen, dass sie einen Moment lang wie in einen nachtschwarzen Schleier gehüllt war, bevor sie wieder in den Wald eintauchten.

      Bertold führte sie nun quer durch den Wald, zum Teil entlang der Wege, zum Teil aber auch über schmale Pfade und manchmal ein Stück quer durch den Wald. Das alles mit einer Sicherheit, die klar zeigte, dass er sich seit Jahrzehnten hier bewegte und jeden Baum und jeden Stein kannte.

      Einen schnellen prüfenden Blick warf er auf eine Futterkrippe, zu der er sie führte, die bald schon wieder genutzt werden würde, sobald der Winter hereinbrechen würde und speicherte gedanklich ab, was hier auszubessern und zu richten war.

      Weiter führte sie der Weg zwischen den Bäumen hindurch zu einem seiner Jägerstände, den er aus einfachen Brettern an einen kräftigen Baum gezimmert hatte. Hier stieg er kurz ab, gab Isolda die Zügel seines Pferdes in die Hand um auch hier alle Bretter, die Sprossen der Leiter und die tragenden Pfosten zu prüfen, rüttelte hier und da und fand die ein oder andere Stelle, an der sich etwas lockerte oder ein Brett bald morsch werden würde.

      Ein wenig gab es für ihn durchaus noch zu tun in diesem Herbst.

      Bald erreichten sie auch den Weg, den Isolda am Vormittag schon gekreuzt hatte und folgten dem Pfad bis zur Krippe, an der sie auch entlang gekommen war.

      Nachdem Bertold auch diese geprüft hatte, fragte sie ihn, ob sie nicht noch schnell den Schlenker zum See hoch machen könnten.

      »Aber selbstverständlich doch«, antwortete Bertold lächelnd und so ritten sie hintereinander hinauf bis zum See, in dessen Wasser sich die Nachmittagssonne brach und tausendfach spiegelte.

      Sie ritten zu zwei Drittel um den See herum und einen schmalen Pfad weiter.

      In diesen entlegenen Bereich des Waldes war Isolda kaum gekommen, stellte sie nach einer Weile fest. Die Bäume standen dichter und Strauchwerk rankte sich viel am Boden zwischen den Bäumen entlang des Pfades. Umgestürzte Bäume lagen wirr umher und waren nicht weggeräumt worden, Wurzelwerk durchzog den Boden und schaute an etlichen Stellen heraus, so dass sie vorsichtiger reiten mussten.

      Auf ihre Frage hin bestätigte auch Bertold, dass er auf seinen Ausflügen mit den beiden, als Isolda und Leonhard noch jung waren, nie hierher gekommen war. Zu weit entfernt war dieser Bereich des Waldes und für kleine Kinder auch zu gefährlich. Warum, das würde sie schon gleich selbst sehen, meinte er.

      Und kaum drauf erreichten sie eine Stelle, an der der Pfad zwischen eng stehenden Bäumen und schroffen Felsen ein paar Meter steil bergab führte.

      Sie stiegen hier auch von den Pferden ab, um diese an den Zügeln hinter sich her zu führen, denn sonst hätten sie diese Stelle kaum passieren können. Unten angekommen bildeten mehr als mannshohe Felsen eine natürliche Barriere zur einen Seite, während ein paar Bäume zur anderen Seite so dicht beieinander standen, dass ein Pferd nicht hindurch passte. Und dahinter waren wieder nur Dornenhecken zu erkennen. Nur wenige Schritte weiter machte der Weg einen Knick und nach einem nur einige Schritte messende kurzen und erneut steilen Anstieg öffnete sich der Wald wieder, so dass sie aufsitzen und weiterreiten konnten.

      Zu ihrer Rechten blickten sie zwischen den Tannen und Kiefern über einige Felsen hinab in einen winzig kleinen Talkessel, der etwa auf gleicher Höhe lag wie die Senke, durch die sie eben gekommen waren, umringt von zerklüfteten Felsen, die teils stark überhingen. Es gab keinen sichtbaren Weg hinein oder hinaus, doch unten war auch nur das Grün von Moos und Sträuchern zu sehen.

      »Haltet Abstand und geht nicht zu nah an den Rand der Felsen«, warnte sie Bertold. »Die Steine sind brüchiger als sie aussehen und die Gefahr abzustürzen gross.«

      »Deswegen habt Ihr uns als Kind niemals hierher geführt? Denn natürlich hätten Leonhard und ich diesen Ort genauer erkunden wollen und wären natürlich vielleicht nicht vorsichtig genug gewesen.«

      Bertold nickte und Isolda war erstaunt, welche Geheimnisse der Wald verbarg, die sie in all den Jahren nicht kennengelernt hatte.

      Nur ein paar Schritte weiter fand sich die nächste Futterkrippe. Diese allerdings war fast komplett zerstört, da ein alter knorriger Baum quer über sie gestürzt war und sie unter sich begraben hatte. Der Wurzelteller ragte direkt daneben weit nach oben und hatte einen kleinen Krater in der Erde hinterlassen.

      Bertold seufzte und es war klar, dass hier wohl nichts mehr zu retten war und eine neue Kippe her musste.

      Also noch mehr Arbeit für ihn, dachte Isolda und ihr tat Bertold in dem Moment leid. Denn auch wenn es sein Beruf und daher auch seine Pflicht war, so bedeutete dies doch wieder ein zwei Tage Arbeit für ihn eine neue Krippe zu bauen und hierher zu bringen.

      Bald darauf hatten sie auch wieder einen breiteren Weg erreicht, auf dem sie nebeneinander reitern konnten.

      Am Rande einer Lichtung, zu der sie der Weg führte, hielten sie erneut, um einen weiteren Jägerstand zu inspizieren.

      Während Bertold hier tätig war sah Isolda zwei Hasen zu, die über die Lichtung hoppelten und in ihrem Bau verschwanden.

      Zwei weitere Futterkrippen ritten sie noch an bevor sie den Wald wieder verliessen.

      Vor ihnen lagen in der Hitze des Spätsommers die Felder und dahinter die Stadt, zu ihrer Rechten, etwas weiter entfernt, hinter einer grossen Wiese, das Schloss. Dort auf der Wiese waren auch Ritter zu erkennen, die wohl wie üblich ihre Übungen abhielten. Vielleicht ja auch Leonhard, wie Isolda in dem Moment dachte.

      Der Weg führte sie aber erst einmal zwischen den Feldern hindurch in Richtung Stadt.

      Ein paar Bauern holten sie ein, schwer beladen mit grossen Körben mit Feldfrüchten. Als diese die Pferde schon auf die Entfernung hörten, blickten sie zurück und winkten, da sie Bertold erkannten.

      Als sie heran waren und die Bauern auch die Prinzessin erkannten, stellten sie artig die Körbe ab und verbeugten sich. Freundlich und mit einem Lächeln auf dem Gesicht erwiderte Isolda den Gruss ebenfalls mit einer leichten Verbeugung vom Pferde aus.

      Sie wechselten einige Worte, vor allem die Bauern und der Jäger, über das Wild und die Ernte, wie viel es den Bauern zerstörte. Vor allem die Hasen, die die Blätter weg frassen, so dass die Früchte unter der Erde nicht gescheit gedeihen, waren den Bauern eine Sorge.

      Dann nahmen sie ihre schweren Körbe wieder auf und auch Bertold und Isolda ritten weiter.

      Genau vor der Stadt knickten sie ab und folgten einem anderen kleineren Weg um die Stadt herum, direkt in Richtung Schloss.

      Ein paar Minuten später waren sie kurz vor dem Schlosstor auf Höhe der Ritter angekommen. Isolda hielt kurz inne um Ausschau zu halten. Doch in ihren Rüstungen mit den Helmen auf sahen alle Ritter gleich aus, so dass sie nicht erkennen konnte, ob ihr Bruder


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