Schwarzes Herz. Andreas Menne Peter

Schwarzes Herz - Andreas Menne Peter


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dass dies so bleiben würde.

      Wie als hätte der Zufall genau nur darauf gewartet, hörte er bei diesem Gedanken Schritte hinter sich. Und nach dem dritten Schritt wusste er auch, wer sich ihm näherte, ohne dass er sich umdrehen musste. Winfrieds Schritte waren ihm in den letzten Jahren so vertraut geworden wie die seines Vaters oder seiner Schwester.

      Einen Moment später trat der alte Ritter neben ihn und stützte sich auch auf der Brüstung ab. Aus dem Augenwinkel sah Leonhard, dass er genauso wie er in die Ferne blickte und ihn nicht ansah.

      Leonhard drehte nun doch den Kopf, um ihn anzublicken und Winfried schaute dann auch ihn an. Ruhig und etwas traurig mit seinen alten Augen blickte er ihn an. Und wieder waren keine Worte nötig, um Leonhard mitzuteilen, dass er mit ihm mitfühlte und genau wusste, was in dem jungen Prinzen vor sich ging.

      »Danke«, flüsterte Leonhard schliesslich kaum hörbar.

      Genauso leise antwortete Winfried nach einem Moment, genauso ruhig wie der Blick seiner Augen war: »Ihr braucht mir nicht zu danken, es ist unser aller Pflicht.«

      Ein wenig klang ein Unterton wie Müdigkeit mit und Leonhard nahm wahr wie alt Winfried doch schon war.

      »Ich wünschte, ich könnte mehr für Euch tun, mein Prinz«, fuhr Winfried schliesslich leise fort.

      »Ihr habt mir doch so viel beigebracht und mitgegeben, all die Jahre«, antwortete der Prinz, und wusste nicht, was er sonst hätte sagen sollen.

      Winfried lächelte. »Euer ganzes Leben, seit Eurer Geburt, kenne ich Euch nun, mein Prinz. Und all die Zeit war ich immer da, Euch zu schützen und zu lehren, alles beizubringen, was ich wusste und Euch mitgeben konnte.«

      Eine kurze Pause folgte und dann schwang ein melancholischer Ton mit in seiner Stimme: »Doch nun ist es in ein paar Tagen ganz alleine an Euch, Euren eigenen Weg selbst zu beschreiten.«

      Die Worte überraschten Leonhard. Zum einen wurde ihm bewusst, welche Bedeutung er für Winfried hatte. Die letzten achtzehn Jahre war er Winfrieds Lebensinhalt und -aufgabe gewesen. Als Ritter musste Winfried jederzeit bereit sein, in den Kampf zu ziehen, sollte die Legende eintreten und es notwendig werden. Er war als Prinz eine der drei wichtigsten Personen, die Winfried zu schützen hatte und zugleich war er sein Lehrling gewesen. Wäre es nicht schon Last genug für den alten Ritter, sich tagein tagaus immer einsatzbereit zu halten, immer wachsam, immer trainiert zu sein, ohne sich wirklich Ruhe oder Müssiggang hingeben zu können. Eine Last, die sichtbar an seinen Kräften zehrte, was man seinem Gesicht und auch seiner Haltung inzwischen ansah. Und zudem war es seine Aufgabe gewesen, ihn als Knappen aufzunehmen und mit zum Ritter auszubilden.

      Winfried sah wohl, dass es in ihm arbeitete und bevor Leonhard etwas sagen konnte, sprach er weiter.

      »Nur keine Sorge, mein Prinz. Ich bleibe Euch selbstverständlich erhalten, doch kann auch ich nicht mehr leugnen, dass ich inzwischen alt geworden bin. Drum werde ich das Schwert niederlegen dürfen, sobald ihr Ritter geworden seid.«

      »Aber was wird dann aus Euch, Winfried? Ihr bleibt doch auf immer ein Ritter.«

      »Natürlich, und auch der Ritterschaft erhalten. Doch werde ich mit anderen Aufgaben meinen Teil dazu beitragen. Es gibt genügend zu tun, was ich auch als alter Ritter noch schaffe, wenn viele andere Tätigkeiten für mich beschwerlich geworden sind, die Ihr mit Leichtigkeit wegsteckt.«

      Dann lächelte er den Prinzen an. »Ich könnte mir keinen besseren Ritter vorstellen, der meinen Platz einnimmt.«

      Damit hätte Leonhard nun niemals gerechnet. Und nach einem Moment schoss ihm auch die Röte ins Gesicht. »Ach Winfried!« Er holte noch einmal Luft, wusste aber dann nicht, was er weiter sagen sollte.

      Nun drehte sich Winfried wieder um, stützte sich wieder auf der Brüstung ab, gefühlt schwerer als zuvor. »Egal was das Leben einem bringen mag, was kommen oder passieren mag, alles hat seinen Grund, auch wenn er einem selbst oftmals verborgen bleibt und man niemals erfahren wird, warum etwas geschieht und wo es her kommt. Doch am Ende wird alles seinen Sinn haben.«

      Leonhard schaute ihn bei den Worten an und fragte sich dabei, was Winfried wohl alles im Leben erlebt haben musste, um diese Worte so zu sprechen. Er hatte nie mit ihm über sein Leben gesprochen, das Leben vor der Zeit als Ritter. Das fand er in dem Moment schade, auch, dass er sich vorher nie Gedanken darüber gemacht hatte.

      Doch bevor er etwas sagen konnte, schoss ihm ein anderer Gedanke durch den Kopf: »Wo es her kommt« murmelte er die Worte Winfrieds erneut vor sich hin.

      Warum hatte er sich die Frage nicht schon vorher gestellt? Wo die Legende her kam? Das hatte Meister Mondschein ihm nicht erzählt und er hatte es bisher einfach hingenommen, dass sie halt da war. Er musste sofort mit Meister Mondschein darüber sprechen!

      »Danke!«, sagte er noch zu Winfried und bevor sich dieser wieder ihm zuwenden konnte, eilte er auch schon mit schnellen Schritten los, den Turm hinab und weiter in Richtung Schloss.

      Wenig später klopfte er an die Tür zu den Gemächern von Meister Mondschein, atmete tief durch, um sich zu beruhigen, zum einen durch das schnelle Laufen die Treppen hierher hinauf, zum anderen wegen seiner Aufregung.

      Hoffentlich war er auch da und nicht gerade sonst wo unterwegs. Vor Ungeduld klopfte er noch einmal und hörte danach endlich Schritte in Richtung Tür schlurfen.

      »Ja ja, ich komme doch schon«, antwortet es von drinnen und ein wenig verärgert und doch auch ein wenig überrascht blickte ihn Meister Mondschein an, als er die Tür öffnete.

      »Mein Prinz«, setzte er an, doch Leonhard fragte direkt ungestüm: »Habt Ihr gerade ein wenig Zeit für mich?«

      Fast schien es, als müsse Meister Mondschein überlegen. »Immer doch. Kommt herein.«

      Als Leonhard eingetreten war deutete Meister Mondschein auf die Sessel, doch Leonhard fragte direkt heraus: »Wisst Ihr wo sie her kommt?«

      Meister Mondschein schaute ihn fragend an und als er nicht direkt antwortete, war auch Leonhard klar, warum er keine Antwort bekam. »Die Legende meine ich, wo kommt sie her. Sie kann ja nicht einfach so da sein, sondern irgendwer muss sie erzählt haben oder irgendwo muss sie geschrieben stehen.«

      Nun verschwanden die fragenden Falten von der Stirn des Gelehrten. »Natürlich.« Und damit nahm erst einmal Meister Mondschein in einem der Sessel Platz.

      Leonhard blieb weiter stehen und bevor er nachfragen konnte, fuhr Meister Mondschein auch schon fort: »Die Legende ist niedergeschrieben. Doch lasst Euch die ganze Geschichte darum schnell erzählen.«

      Leonhard verstand den Wink und nahm nun auch Platz, wie vor ein paar Tagen schon, neugierig nach vorne gebeugt und lauschte.

      »Als bekannt wurde, dass die Königin schwanger war, wurde im Schloss einiges umgeräumt. Man begann für das Königskind ein Kinderzimmer einzuräumen. In dem Zuge wurden Möbel und andere Gegenstände hin und her geräumt. Dabei wurde auch eine Truhe Eures Grossvaters aus dem neuen Kinderzimmer in ein anderes Zimmer gebracht. Eine alte und schwere Holztruhe, die ausgeräumt wurde, um sie leichter tragen zu können. Als man die Truhe komplett leer geräumt hatte, stellte einer der Diener aufmerksam fest, dass in den Eisenbeschlägen im Innern der Truhe zwei Löcher waren, die wie Schlüssellöcher geformt waren. Da er zudem meinte, dass der Boden der Truhe viel dicker war als die Seiten wurde dies dem König gemeldet.

      Dieser wusste nichts davon, hatte auch von seinem Vater nie davon erzählt bekommen. Jedoch erinnerte er sich, dass er von seinem Vater auf dessen Sterbebett einen Schlüssel an einer Kette erhalten hatte, den er gut verwahren solle. Wofür, das hatte ihm sein Vater aber nicht mehr sagen können.

      Dieser Schlüssel passte und schloss die Schlösser auf, so dass man den doppelten Boden der Truhe öffnen konnte.

      Darin befand sich ein gefaltetes altes Papier, mit dem Sigel des verstorbenen Königs, Eures Grossvaters. Und darin stand die Legende niedergeschrieben.«

      Meister Mondschein sah die Fragen von Leonhard schon kommen und erzählte direkt weiter: »Euer Vater


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