Schwarzes Herz. Andreas Menne Peter

Schwarzes Herz - Andreas Menne Peter


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Übungslanzen aufeinander zu und die anderen sassen auf ihren Pferden daneben, begleitet von ein paar Knechten, die weitere Lanzen und Schilde neben sich liegen hatten.

      Einer der Ritter hob nun seine Hand zum Grusse, als er zu ihnen rüber blickte und winkte ihr zu. Das wird dann wohl mein Bruder sein, dachte Isolda erfreut und winkte zurück.

      Sie überlegte kurz, hinüber zu reiten, doch nachdem sie in der Übung nicht stören wollte und Bertold sicherlich auch noch zu tun hatte, ritten die beiden weiter und zurück ins Schloss.

      Bertold hatte sein Pferd schon einem der Knechte übergeben, doch Isolda kümmerte sich selbst um ihres nach dem Absatteln, damit es gut versorgt und frisch gebürstet war.

      So bekam sie auch noch mit, wie die Pferde der Ritter von den Knechten in den Stall geführt wurden, nur von den Rittern selber und ihrem Bruder liess sich im Stall keiner blicken.

      »Die Ritter sind mit ihren schweren Rüstungen direkt am Ritterschaftsgebäude abgesessen«, erklärte ihr einer der Knechte, die die Pferde nun versorgten. »Mit dem ganzen Eisenhaufen von Rüstung würden sie hier im Stall womöglich noch stecken bleiben«, witzelte er mit einem schelmischen Grinsen.

      Auch Isolda musste bei der Vorstellung grinsen, so dass der Knecht schnell weg sah und sich wieder auf seine Arbeit konzentrierte.

      Dann sollte ich so langsam einmal schauen, dass ich mich frisch mache und umziehe, bevor ich das Abendessen mit meinen beiden sonderbaren Herren über mich ergehen lassen muss, dachte sie bei sich, als sie den Stall verliess und sich auf den Weg ins Schloss hinein machte.

      Es half ja nichts, auch wenn sie lieber wieder zurück in den Wald geritten wäre.

      Kapitel 3

      oder der 3. Tag im Adventskalender

      Wieder stand Leonhard an der Brüstung des Turms, wie schon am Tag zuvor. Die Sonne schien wieder und nur ein paar kleine weisse Wolken waren am Himmel zu sehen.

      Mit versteinerter Miene schaute der junge Prinz hinaus in die Ferne, ohne dass er wahrnahm, was seine Augen sahen. Zu sehr war er in Gedanken versunken.

      Sechs Tage waren inzwischen vergangen, seit er hier stand, und das Gespräch mit Winfried Auslöser sein sollte, sein Leben schneller und anders zu verändern, als er es sich je hätte vorstellen können.

      Was er später von Meister Mondschein und seinem Rittermeister Wilhelm erfahren hatte, die Legende, hatte ihn innerlich gründlich auf den Kopf gestellt.

      In der ersten Nacht hatte er ewig nicht einschlafen können, zu sehr war er erst verstört gewesen und dann immer mehr aufgewühlt. Seine Gedanken waren immer schneller und schneller in seinem Kopf umher geschwirrt.

      Erst war das Gespräch immer und immer wieder vor seinem inneren Auge Revue passiert, bis er feststellte, dass er sich vielleicht nicht mehr an jeden exakten Wortlaut genau erinnern konnte. Doch der Inhalt begann immer mehr in ihm zu wirken.

      Dann waren in ihm langsam Ängste hoch gekrochen. Was wenn die Legende nicht einfach nur eine Erzählung ist, sondern zur Wirklichkeit wird? Wenn es nicht einfach nur ein Märchen ist, wie man es kleinen Kindern erzählt, sondern Realität? Dann brauchte man sich nicht unter seiner Bettdecke verstecken, wie er es als kleines Kind immer gemacht hatte, wenn er sich vor den Ungeheuern aus Geschichten nachts fürchtete. Nein, dann war dies wirklich eine Bedrohung! Und das sogar für seinen Leib und sein Leben! Und für das aller anderen Menschen hier am Schloss und in der Stadt und rundum auch!

      Diese Erkenntnis traf ihn plötzlich und wie ein Schock, so dass er senkrecht im Bett sass, beide Augen weit aufgerissen und an Einschlafen natürlich in keinster Weise mehr zu denken war.

      So war er schliesslich aufgestanden und unruhig in seinem Zimmer hin und her gegangen, ratlos, was er denn nun tun solle. Rastlos, nachdem es ihm die Kehle zu schnürte und den Magen umdrehte. Nervös, dass es ihm den Schweiss auf die Stirn trieb. Ängstlich, weil er sich alleine und machtlos fühlte.

      Wie lange er da so durch sein Zimmer gelaufen war, das wusste er nicht mehr zu sagen, denn in der Dunkelheit des Zimmers und seiner Gedanken hatte er jegliches Zeitgefühl verloren.

      Irgendwann stand er dann wieder an seinem Fenster und blickte hinaus. Seine Gedanken und auch sein Magen beruhigten sich langsam wieder. So konnte auch in dem Chaos in seinem Kopf langsam wieder der ein oder andere neue Gedanke Fuss fassen.

      Einer davon war die Tatsache, dass er ein Ritter geworden war bzw. in ein paar Tagen zum Ritter werden würde. Doch die jahrelange Ausbildung hatte er ja schon hinter sich. Dass all die Zeit in der Ritterschaft, all die Übungen, all das Lernen einen bestimmten Grund hatte, das war auf einmal wie in Stein gemeisselt, in einen Stein, der bisher für ihn gefühlt eine glatte Oberfläche gehabt hatte, worüber er sich auch nie Gedanken gemacht hatte.

      Als kleines Kind hatte er natürlich Ritter gespielt und war mit seinem Holzschwert durchs Schloss gerannt, wie es jeder kleine Junge gerne macht. Die richtigen Ritter am Schloss bewunderte er genauso wie alle anderen Kinder und für ihn als Prinzen war es einfach, jederzeit nach Belieben zu den Rittern zu schauen, ihnen zuzuschauen und mal auf einem ihrer Pferde zu sitzen, ein Schild in die Hand zu nehmen, einen Helm aufgesetzt zu bekommen. Das war alles für ihn ein Spass gewesen, wie es Kinder nun gerne einmal tun.

      Dass er später selber einmal Ritter werden wollen würde, das stand für ihn seit eh und je fest, so lange er sich zurück erinnern konnte. Und so war es auch klar, dass er als Knappe aufgenommen wurde, sobald er alt genug war und tatsächlich die Ausbildung zum Ritter begann. Es ging alles seinen Weg, ganz von alleine. Denn immerhin war er ja Prinz hier am Schloss und sein Vater oberster Herr der Ritter.

      Immer mehr fand er sich in die Pflichten der Ritter ein, von Winfried angeleitet, die ihm auch als Prinz natürlich nicht erlassen wurden. Auch wenn er sich am Anfang schon einige Male gerne um die eine oder andere lästige Aufgabe gedrückt hätte, doch sowohl Meister Wilhelm, als sein Rittermeister als auch sein Vater liessen keine einzige Ausnahme zu. Winfried war es dann, der sich immer wieder für ihn Zeit nahm und ihm mit ruhigen Worten immer wieder erzählte, warum welche Tätigkeiten gemacht werden mussten und warum es notwendig war, dass ein jeder Ritter sie auch tun können muss. Ein Pferd versorgen, auf- und absatteln, die Ställe ausmisten und und und. Denn was, wenn er einmal als Ritter alleine unterwegs wäre und irgendwo draussen übernachten müsste, dann müsste er ja auch wissen, wie sein Pferd zu versorgen sei, wie er es über Nacht von der Last des Sattels befreien könne und den Sattel am nächsten Morgen auch wieder zum Weiterreiten auf das Pferd bekommen würde. Das war seine erste Lektion damals, und für ihn so einleuchtend gewesen, als ganz junger Knappe, dass er nicht mehr mit dem Schicksal haderte, dies wie jeder andere auch tun zu müssen, sondern mit grossem Elan doch loslegte.

      Und so hatte er sich Stück für Stück in sein Leben gefügt, ohne gar so direkt mitzubekommen, dass dem so war und was er alles tat.

      Hinzu kamen seine Pflichten als Prinz am Schloss, wenn auch nicht viele, da der Vater seiner Schwester und ihm viele Freiheiten liess, doch gewisse Dinge wie eine höfische Erziehung und Ausbildung, gehörten zu seinem Leben natürlich dazu.

      So hatte alles seine geordneten Bahnen bekommen, lief von ganz alleine und ohne dass er sich grundsätzliche Gedanken darüber machen musste.

      Bis vor sechs Tagen, als er lernen musste, dass dieses Leben so nicht auf ewig weitergehen würde, sondern eine jähe Änderung erfahren würde.

      Irgendwann, so am Fenster stehend, hatte er auch wieder Mut gefasst. Immerhin war er ein fertig ausgebildeter Ritter, geübt und trainiert im Umgang mit allen Waffen, und bereit in jede Schlacht zu ziehen, wenn es für das Wohl und die Sicherheit des Landes notwendig werden würde. Dass diese Notwendigkeit nun auf andere Weise gekommen war als er es je gedacht hätte, nicht in Form eines Drachens seiner kindlichen Phantasie, eines Raubüberfalls oder einem kriegerischen Einmarsch fremder Soldaten, das war eine Tatsache, die er hinnehmen musste, denn dies zu ändern lag nicht ansatzweise in seiner Macht.

      So konnte er nun tatsächlich wieder ins Bett gehen, die Augen schliessen und auf Schlaf hoffen.

      Der


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