Serva III. Arik Steen

Serva III - Arik Steen


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      «Ihr könnt mir viel versprechen. Wir wissen, was mit den Veteranen war. Ihr dreht Euer Fähnchen, wie der Wind weht. Erst habt Ihr sie unterdrückt, Justiz vor den Augen von Kindern und Frauen verübt und dann habt Ihr sie zur Verteidigung der Stadt eingesetzt. Und Ihr selbst, Lord, habt im Kerker gesessen. Auf Befehl des Königs. Aber jetzt seid Ihr wieder Kommandeur!»

      «Von Politik versteht Ihr nichts!», sagte der Lord.

      «Aber von Geschichte. Ihr wisst so gut wie ich, dass Politik nicht im Namen eines Volkes geschieht, sondern stets im Namen eines Fürsten.»

      «Weil es die Götter so wollen!», meinte Philipp von Raditon: «Aber was diskutiere ich mit Euch? Da könnte ich auch genauso gut mit einem Esel diskutieren. Ihr seid bockig und einsichtig!»

      «Eure aggressive Wortwahl überrascht mich!», kam als Antwort: «Jeder weiß, dass ich zum Orden gehöre. Aber keiner weiß es von Euch. Und ich denke, ihr wollt, dass das so bleibt!»

      «Ihr würdet mich verraten?»

      «Ihr wisst, dass ich Euch nicht verraten werde. Wir haben einen Ehrenkodex und der gilt für alle Gilden. Aber im Gegenzug erwarte ich, dass auch Ihr fair seid. Vor allem aber verlange ich von Euch, dass Ihr den Priesterlord in Galava informiert.»

      8

       Königspalast Hingston,

       Königliche Gemächer

      Katharina schaute auf ihren Vater. Sein Zustand war unverändert. Sie schaute Tamira an und meinte plötzlich: «Du musst mir einen Gefallen tun!»

      «Was, königliche Hoheit? Alles was ihr wollt!», sagte die Hofdame.

      «Hier gehen Leute ein und aus. Und ich weiß nicht, ob das gut ist. Jeden Tag kümmert sich jemand anderes um ihn. Ich hätte gerne, dass du dich um ihn kümmerst!»

      «Um Euren Vater? Um die königliche Majestät?»

      Katharina nickte: «Ja genau. Dir vertraue ich! Ich möchte, dass du bei ihm bist. Tag für Tag. Nacht für Nacht. Bis er wieder gesund ist! Ich weiß, dass das viel verlangt ist!»

      «Nein, ist es nicht!», sagte Tamira: «Ich tu es gerne!»

      «Sicher?»

      «Ob Ihr es befehlt oder mit darum bittet. Ich werde voll und ganz Euren Wünschen entsprechen!», sagte Tamira.

      «Es ist keine leichte Aufgabe!», meinte plötzlich eine Stimme hinter den beiden. Es war der Medicus: «Du musst ihn waschen, füttern ... die Laken wechseln. Nicht wirklich angenehme Aufgaben. Aber ich würde es gut finden diese Arbeit in den richtigen Händen zu wissen!»

      Katharina schaute den Arzt an: «Sie ist die Richtige dafür! Und ich werde nun auch öfters vorbeischauen!»

      «Wir brauchen jedoch die Genehmigung des Lord Philipp von Raditon!», meinte der Medicus: «Euer Vater hat viele Feinde. Er lässt nicht einmal Eure Mutter alleine zu ihm!»

      «Und das zu Recht!», sagte die Prinzessin, war jedoch über ihre eigenen Worte recht überrascht. Vor allem wie leicht sie ihr über die Lippen glitten: «Meiner Mutter kann man nicht trauen!»

      König Leopold bekam alles mit. Im Grunde wusste das sowohl der Arzt als auch seine Tochter. Zumindest gingen sie davon aus, nachdem sie heute eine Träne gesehen hatten. Und sie hatten recht. Er verstand jedes Wort. Er konnte nur nicht antworten oder reagieren. Vor allem aber war er froh, dass seine Tochter so klare Gedanken fasste. Dass sie ihrer eigenen Mutter nicht vertraute. Zu Recht. Aber sie war immerhin ihre Mutter und dazu noch eine recht manipulative Frau. Er musste so schnell wie möglich aus diesem Zustand hinaus. Sie würde wieder versuchen ihn umzubringen. Da war er sich sicher.

      «Was soll ich tun?», fragte Tamira.

      Der Medicus ging zum König. Er schaute sich die Pupillen an, hielt die Hand an die Stirn um die Temperatur abzuschätzen und meinte schließlich: «Ich werde Euch alles erklären. Aber wichtig wäre es vor allem auch mit ihm zu sprechen. Zu erzählen. Es müssen keine wichtigen Dinge sein aber einfach, damit er Stimmen hört!»

      Tamira nickte: «In Ordnung!»

      9

       Stadt Lios,

       Bürgerplatz

      Die Pravin waren keine wirklichen Befürworter der Todesstrafe. Das sah man der Bevölkerung an. Während in Nehats man solchen Aktionen meist sogar entgegenfieberte, waren die Bewohner der Stadt Lios eher verhalten. Eine Hinrichtung war hier kein Magnet, der viele Schaulustige anzog. Mixtli merkte das sofort. Die meisten Anwesenden waren Soldaten. Es war ihnen befohlen worden hierher zu kommen und der durchzuführenden Todesstrafe beizuwohnen. Von der Bevölkerung wollte das keiner sehen.

      Lelex hatte sich einen Baum ausgesucht, der mitten in der Stadt auf dem großen Bürgerplatz stand. Eine ordentliche Hinrichtungsstätte gab es hier nicht. Die Delinquenten sollten auf einem Pferd sitzen, das Seil um ihren Hals an einem Ast hängen und der Gaul schließlich vorwärtsgetrieben werden. Auch er war kein Befürworter der Todesstrafe und ihm missfiel, was er tun musste. Zwangsläufig fragte er sich natürlich, ob er es tatsächlich tun musste oder ob er es einfach nur vor sich schob, dass es seine Pflicht war. Er hatte sich das alles anders vorgestellt. Die Nehataner auf seine Seite zu ziehen, am Anfang hatte er es als klugen Schachzug angesehen. Mittlerweile bezweifelte er, dass seine Entscheidung richtig gewesen war. Und er vermutete, dass es noch mehr Probleme geben würde. Und die Bürgerinnen und Bürger der Stadt waren ebenfalls verunsichert. Von den eigenen Soldaten ganz abgesehen. Krieger einer fremden Armee liefen frei durch die Straßen. Krieger, die eine fast schwarze Hautfarbe hatten und damit deutlich dunkler als die Pravin waren. Aber vor allem waren sie alle kräftiger und größer.

      «Am Galgen ist keiner ein Held!», sagte Mixtli zu Tlaloc.

      Dieser nickte stumm. Er war schuld daran, dass die drei Männer gehängt wurden und er konnte nichts machen. Er hatte für seine Männer um Gnade gebeten. Hatte erklärt, dass er sie bestrafen würde. Aber vor allem Mixtli hatte dazu gedrängt die Todesstrafe durchzusetzen. Kein ordentliches Verfahren, keine richtige Anhörung. Nein, diese Männer hatten das definitiv nicht verdient. Für ihn waren sie Helden. Sie hatten seinen Befehlen gehorcht und hatten ihn nicht verraten. Sie waren wahre vaterlandstreue und königstreue Soldaten.

      «Zwei Soldaten sind noch flüchtig!», meinte Mixtli: «Es sollte für dich höchste Priorität haben sie beide zu finden und zu töten. Bevor sie Chantico erreichen!»

      «Woher wisst Ihr das?», Tlaloc war entsetzt. Was hatten die Männer alles verraten. Er schaute weg, als das Pferd zum ersten Mal nach vorne getrieben wurde und der erste Soldat am Strick hing. Vermutlich hatte er am meisten Glück. Wenn man davon überhaupt sprechen konnte. Aber die anderen beiden mussten mit anschauen, wie ihr erster Kamerad qualvoll erstickte. Denn das Genick brach nicht.

      «Sie haben nichts verraten. Aber Bauern haben uns berichtet, dass es insgesamt fünf Nehataner waren!»

      «Ich soll die Verfolgung aufnehmen?», fragte Tlaloc überrascht.

      Mixtli nickte: «Wem kann ich sonst vertrauen, wenn nicht dem, den ich zum Kompaniechef gemacht habe?»

      Tlaloc atmete tief ein und aus: «Gebt mir zehn Mann mit! Dann nehme ich die Verfolgung auf!»

      «Ihr bekommt, was Ihr braucht!», sagte nun Lelex, der Hauptmann der Garnison: «Mit Pferden werdet Ihr sie schnell eingeholt haben. Sie sind ja zu Fuß unterwegs!»

      «Richtig!», meinte Tlaloc. Innerlich jubelte er. Das war seine Chance. Er hatte die Männer losgeschickt um Chantico zu warnen. Nun konnte er selbst zum Feldherrn um ihm zu berichten.

      «Auf was wartet Ihr dann?», fragte Mixtli ungeduldig.

      Tlaloc nickte. Gerade wurde der zweite Soldat gehängt. Eigentlich wollte er auch dem letzten Mann die Ehre erweisen. Aber die Zeit drängte. Und so ging er rasch zu seiner Einheit, die gut fünfzig Meter weit weg standen.

      Tlaloc


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