PatchWords. Britta Bendixen

PatchWords - Britta Bendixen


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Daniel sah an ihr vorbei in die Küche und rieb sich die Hände. „Was gibt es zu essen?“

      Marie hätte ihn am liebsten erwürgt.

      „Wie wäre es mit knusprigem Lumpbraten und zarten Be­schissböhnchen?“, grollte sie.

      Irritiert drehte er sich um. „Wie bitte?“

      Sie fixierte ihn kühl. „Was bist du nur für ein feiger Schuft. Ich weiß es, Daniel.“

       Ich hab’s geahnt. Verdammt, Eva! Wir hatten doch abgemacht, dass ich mit Marie rede. Ich bin noch nicht soweit!

      Unschuldig sah er sie an. „Wovon redest du, zum Teufel?“

      „Das weißt du genau. Von dir und meiner besten Freundin.“

      „Du glaubst, dass Eva und ich …?“ Daniel schnaubte entrüstet. „Wie kommst du nur auf so eine schwachsinnige Idee?“

      Er war wirklich überzeugend. Unter anderen Umständen wäre sie ihm glatt auf den Leim gegangen.

      „Ich weiß, dass ihr auf Sylt gewesen seid, als ich weg war.“

      Er tippte sich an die Stirn. „Das ist albern, Marie. Ich konnte nicht mit in den Urlaub, weil ich arbeiten musste. Das weißt du doch. Warum sollte ich also mit Zicken-Eva nach Sylt fah­ren?“

       Ach ja, Sylt. Evas nackter Körper im Meer, die heißen Nächte im Hotel …

      „Heiße Nächte im Hotel, ja?“, fauchte Marie. „Du kotzt mich an, Daniel.“

      Er starrte sie an wie einen Geist. „Was hast du da gesagt?“

      „Du hast mich schon verstanden.“

      Sie musterte ihn voller Verachtung. „Ich muss hier raus. Wenn ich wiederkomme, bist du verschwunden. Für immer.“

      Es dämmerte bereits, als sie das Restaurant betrat. Der Kellner mit den blonden Wuschelhaaren saß am Tresen und trank ein Bier. Marie trat auf ihn zu. „Hallo. Schon Feierabend?“

      „‘Schon‘ ist gut.“ Er drehte sich um, erkannte sie und strahlte. „Oh, hallo! Haben Sie etwas vergessen heute Mittag?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Ich würde nur gern mehr über die Blüten erfahren, die in dem Salat waren.“

      Er ließ sich seine Verwunderung nicht anmerken. „Ach so. Warten Sie, ich hole den Koch.“

       Komischer Grund. Egal. Hauptsache, sie ist hier.

      Er rutschte vom Hocker und ging in die Küche.

      Der Barkeeper sah ihm nach. Andys Hintern ist zum Anbeißen. Zu schade, dass er hetero ist.

      „Möchten Sie was trinken?“, fragte er Marie. Ich wette sie trinkt Weinschorle.

      „Ich mag Weinschorle, doch im Moment ist mir nach etwas Stärkerem“, sagte sie matt. „Einen doppelten Whisky bitte.“

      „Äh …“ Der Barkeeper blinzelte. „Kommt sofort.“

      Als er ein Glas vor Marie abstellte, trat Andy trat mit einem unwirsch dreinblickenden Mann aus der Küche. „Sie wollten mich sprechen?“

      „Ja.“ Sie trank einen Schluck. Ah, tat das gut! „Würden Sie mir verraten, welche Blüten Sie für ihren Salat verwenden?“

      „Das ist kein Geheimnis. Kornblumen, Kapuzinerkresse, Zitronenbaumblüten und Ringelblumen.“

      „Könnte da auch noch eine andere Blüte dabei gewesen sein, eine ähnliche?“

      „Unwahrscheinlich.“

      „Aber möglich ist es?“

      „Möglich ist alles.“

      „Was für eine Blüte könnte das gewesen sein? Wissen Sie das?“

      Mann, die kann nerven! „Keine Ahnung. War das alles? Ich hab Steaks in der Pfanne.“

      „Ja, das war alles, danke.“ So ein Widerling!

      Er brummte etwas und verschwand. Andy setzte sich zu Marie.

      „Es geht mich ja nichts an, aber warum wollten Sie das wis­sen?“

      „Das ist eine lange und verrückte Geschichte.“ Sie trank noch einen Schluck. „Ich hatte einen grässlichen Tag und vielleicht hatten die Blüten damit etwas zu tun.“

      „Sie sind Ihnen nicht bekommen? Das tut mir leid.“

      „Nein, das ist es nicht. Körperlich geht es mir gut.“

       Sie … ein wenig durcheinander … sein. Und … sieht … aus.

      Marie sah ihn prüfend an. Andys Gedanken klangen wie eine gestörte Telefonverbindung. Ließ die Wirkung der Blüten nach? Auch gut. Für einen Tag hatte sie wahrlich mehr als genug gehört.

      „Kann ich Ihnen helfen?“, erkundigte er sich.

      „Kaum“ seufzte sie. „Mein Verlobter schläft mit meiner Freundin.“

      Andy schnalzte mit der Zunge. „Das tut mir leid!“

      „Danke. Und wie sieht nun Ihre Hilfe aus?“

      Er dachte einen Augenblick lang nach. „Wir könnten uns unter­halten“, schlug er schließlich vor und lächelte charmant. „Ich kann gut zuhören.“

      „Tatsächlich?“

      „Oh ja. Ich studiere nämlich Psychologie. Hier arbeite ich nur nebenbei. Also, wie wäre es? Lust auf Herz ausschütten? Wie wäre es beim Chinesen?“

      „Sie können wohl Gedanken lesen“, schmunzelte sie. „Ich liebe chinesisches Essen.“

      ENDE

      Kiwi

      Noch zwei Wochen bis zu meinem 50. Geburtstag. Eine gute Gelegenheit, über die vergangenen Jahre zu resümieren und über die Zukunft nachzudenken.

      Das Resümieren geht schnell: Unverheiratet, keine Kinder. Briefkastentante bei einer Frauenzeitschrift.

      Die ewig gleichen Fragen der Leserinnen ermüden mich; Soll ich mich trennen? Was kann ich gegen den aufmüpfigen Nachwuchs tun? Kann ich meiner Freundin noch vertrauen?Und am Ende kommt regelmäßig die dringende Bitte: Helfen Sie mir! Ich bin verzweifelt!

      Tja, meine Damen, das bin ich auch. Denn wenn ich mich nicht um Ihre Probleme kümmere, dann um die Frau, die mir das Leben geschenkt hat.

      Das ist mein Leben.

      Klingt nicht aufregend, was? Ist es auch nicht. Ganz im Gegenteil – es ist bodenlos langweilig und äußerst frustrierend.

      Meine Mutter ist herzkrank solange ich denken kann. Mit den Jahren wurde ihr Herz immer schwächer, wie die Batterie in einer Taschenlampe.

      Inzwischen ist sie permanent bettlägerig. Und anstrengend. Sie hasst es, wenn ich einkaufe oder meinem Job nachgehe. Sie hasst es, allein zu sein. Sie hasst das Pflegepersonal, das nachmittags vorbeikommt. Sie hasst das Fernsehprogramm und Bücher, deren Schrift für ihre Augen zu klein ist. Sie hasst das Essen, das ich für sie koche.

      Und ich hasse sie.

      Ja, sie hat mir das Leben geschenkt. Doch was für ein Leben ist das? Ich habe keine Freunde, weil ich sowieso keine Zeit für sie hätte.

      Ich habe keinen Partner, weil – siehe oben. Abgesehen davon sieht mich auch schon lange kein Mann mehr an. Ich bin zu dünn, zu grau, zu nichtssagend.

      Ich wünschte, ich hätte ein Leben, das sich zu leben lohnt.

      Ich wünschte, ich hätte Kinder, die mich brauchen, einen Mann, der mich liebt.

      Für Kinder ist


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