PatchWords. Britta Bendixen

PatchWords - Britta Bendixen


Скачать книгу
wird nix“, beschied der Lockenkopf. „Die Jolle ist zu klein für so viele.“

      „Dann eben in zwei Etappen. Die Frauen zuerst“, bestimmte Herbert.

      Inge und Barbara standen am Strand und beobachteten, wie die Jolle mit ihren frierenden Männern näher kam.

      „Wie spät ist es?“, fragte Barbara und rieb die Gänsehaut an ihren Armen glatt.

      „Gleich halb acht. Wieso?“

      Barbara fing an zu kichern.

      „Was ist denn daran so witzig?“, fragte Inge gereizt. „Wir sind völlig durchnässt, kriegen eine Erkältung, deine Schuhe sind ruiniert - und du lachst!“

      „Überleg doch mal“, gluckste Barbara. „Es ist Samstagmorgen, halb acht. Alle schlafen noch, aber wir haben schon das Abenteuer unseres Lebens hinter uns.“

      Nun musste auch Inge grinsen. „Stimmt. Das glaubt uns kein Mensch.“

      Mit leisem Rauschen schlugen kleine Wellen an den Strand, die Luft roch würzig nach Salz und Seetang.

      „Ist ja glücklicherweise alles gut gegangen“, resümierte Barbara, während die Männer aus der Jolle krabbelten. „Sogar Jochens Kamera hat alles heil überstanden.“

      Inge nickte nachdenklich. „Eine Ballontaufe habe ich mir aber anders vorgestellt.“

      „Ach Inge, lass man.“ Barbara winkte ab. „Einfach kann doch jeder.“

      ENDE

      Quid pro quo

      Paul hasste den Typ. Wenn Mark Glaser morgens mit seiner Angeberkarre auf den Parkplatz fuhr und kurz darauf mit Ak­tentasche und maßgeschneidertem Anzug an ihm vorbei schlenderte, hätte er ihm am liebsten eine Faust in sein süffi­santes Grinsen geschmettert.

      Auch an diesem Morgen lächelte er so herablassend wie immer. „Schicker Overall, Paul.“

      Er sagte nichts dazu. Was sollte er auch erwidern? Vielleicht: „Schicke Krawatte, Arschloch. Dieselbe Farbe hat die Kotze, die gleich deine Schuhe schmückt“?

      Paul schnitt gerade die Hecke, als SIE ankam. Rechtsanwältin Victoria Hoffmann arbeitete erst seit wenigen Wochen hier. Sie hatte kurze schwarze Haare, eine Stupsnase und eine Figur wie eine Leinwandgöttin aus den Fünfziger Jahren.

      Er beobachtete sie bei jeder Gelegenheit, achtete aber darauf, dass sie ihn nicht wahrnahm. Sobald sie in seine Richtung sah, drehte er den Kopf weg oder bückte sich nach Unkraut. Er wollte nicht sofort als Hausmeister und damit als unter ihrer Würde eingestuft werden. Man konnte ja nie wissen, vielleicht begegneten sie sich irgendwann unter anderen Umständen.

      Die Heizungsanlage war kaputt. Als Paul mit der Reparatur fertig war, zeigte die Uhr halb sieben. Er hatte längst Feier-abend. Auf dem Parkplatz waren nur noch zwei Wagen: Der rote Angeberschlitten von Glaser und der kleine silberfar­bene Japaner von Victoria Hoffmann. In seinen Träumen war sie Vicky, die Stripperin, die sich zu langsamer Musik gekonnt vor ihm entblätterte, sich nackt an einer Stange rekelte und schließlich vor ihm in die Knie ging ...

      Gleich da vorn war ihr Büro. Er schlich zum Fenster, über­zeugte sich davon, dass niemand in der Nähe war und warf wie so oft einen Blick hinein. Doch diesmal war etwas anders. Heute beugte Vicky sich nicht über Akten, sondern weit über den Schreibtisch. Die Unterarme hatte sie aufgestützt und ihre nackten Brüste schwangen hin und her wie Kirchen­glocken, nur schneller. Zwei Hände hatten ihre Hüfte gepackt.

      Die Hände gehörten Mark Glaser.

      Eine eigentümliche Hitze stieg in Paul auf. Gedämpftes Keu­chen erreichte seine Ohren und verwandelte sich in ein Rau­schen, als wäre er unter Wasser.

      Das Stöhnen wurde lauter, Glaser stieß schneller und härter zu, bis beide ihren finalen Schrei losließen. Laut und hemmungs­los. Waren sie doch sicher, allein und unbeobachtet zu sein.

      Mit rasendem Herzen und feuchten Handflächen sah Paul zu, wie die zwei sich langsam voneinander lösten, Knöpfe schlos­sen und sich auf intime und vertraute Art anlachten. Dann trat er vom Fenster weg, drehte sich um und ging.

      Eine Einladung zum fünfzehnjährigen Bestehen der Kanzlei verbesserte Pauls Laune erheblich. Das war die Chance, auf die er gewartet hatte.

      Unauffällig mischte er sich unter die Gäste, die plaudernd Sekt tranken. In einer Glastür betrachtete er zufrieden sein Spiegel­bild. Der Anzug betonte seine sportliche Figur und stand ihm hervorragend.

      Als Seniorchef Meyer eine Rede hielt, entdeckte Paul Rechts­anwältin Victoria Hoffmann. Sie trug ein Kostüm, meerblau, wie ihre Augen. Ihr Brustan­satz war zu sehen.

      Paul atmete tief ein. Er kannte ihre Brüste, sah sie jede Nacht vor sich. Vergrub sein Gesicht darin.

      Ihr Blick fiel auf ihn. Nur kurz. Dann noch einmal, verwun­dert, nachdenklich. Sie schien zu überlegen, woher sie ihn kannte. Er lächelte ihr zu.

      Nach der Rede ging er zu ihr hinüber und streckte ihr die Hand entgegen. „Hallo. Ich bin Paul.“

      Sie zögerte, erwiderte dann seinen Händedruck. „Victoria Hoffmann. Sie sind ein Mandant?“

      Er lächelte. „Victoria, die Siegreiche. Was für ein passender Name für eine Anwältin.“

      „Nur deshalb habe ich Jura studiert“, sagte sie trocken, mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln in den Mundwinkeln.

      Ein kurzer Blick zur Seite zeigte Paul, dass Glaser auf sie zukam. Verdammt!

      „Trinken wir etwas zusammen?“, fragte er.

      Sie zuckte mit den Schultern. „Warum nicht?“

      „Großartig! Laufen Sie nicht weg, ich bin sofort zurück.“

      Er betrat den leeren Herrenwaschraum. Durch einen Spalt in der Tür sah er, dass Mark Glaser zu Victoria trat und ihr etwas zuflüsterte. Sie lachte und schüttelte den Kopf.

      Paul runzelte die Stirn. Verschwinde, du Widerling. Jetzt bin ich dran!

      Doch Glaser blieb.

      Paul dachte eine Weile nach, dann zog er sein Handy hervor.

      „Herr Glaser, Telefon.“

      Mark Glasers Augenbrauen hoben sich unheilvoll. „Jetzt? Wer ist es denn?“

      „Seinen Namen hat er nicht genannt. Er sagte nur, es sei drin­gend.“

      Mark seufzte, ging zum Empfang und nahm den Hörer auf. „Glaser.“

      „Fahren Sie einen blauen Mazda MX 5?“

      „Ja, allerdings. Wer ist denn da?“

      „Sie sollten mal nach dem Wagen sehen.“

      „Wieso? Was ist mit meinem Auto? Hallo? Hallo!?“

      Kaum hatte Glaser das Gebäude verlassen, holte Paul zwei Gläser mit Sekt vom Empfang und trat auf Victo­ria zu.

      „So, da bin ich wieder. Haben Sie mich schon vermisst?“

      Sie lächelte amüsiert. „Es geht so. Aber Sie hatten mir etwas zu Trinken versprochen.“

      „Und ich pflege Versprechen zu halten.“ Er reichte ihr eines der Gläser. „Bitte sehr.“

      „Danke.“

      Als er ihr tief in die Augen schaute, bemerkte er zufrieden, dass sie seinen Blick erwiderte. Gut so. Durch die Glasfront sah er, dass Glaser auf den Eingang zu­kam.

      Paul fluchte innerlich. Er hatte auf etwas mehr Zeit gehofft. Entwaffnend lächelte er Victoria an. „Welches ist Ihr Büro?“

      Sie sah überrascht auf. „Das letzte auf der rechten Seite. Warum?“

      „Weil


Скачать книгу