Homo sapiens movere ~ geopfert. R. R. Alval
für die es kein Entrinnen gab.
Oh, oh!
Ich hatte mich in den letzten acht Wochen keinen Deut darum geschert, wann ich meine heißen Tage hatte. So nannten die Gestaltwandler die fruchtbaren Tage einer Frau. Ich konnte mich nicht mal erinnern, wann ich meine Periode gehabt hatte. Vor einer Woche? Vor zwei? Mit etwas Glück hatte ich noch ein wenig Zeit, bis ich in Schwulitäten geriet. Ich wollte nämlich definitiv nicht mit ihm schlafen. Na ja, vielleicht ein bisschen. Aber dann bildete er sich womöglich ein, dass ich ihm zustimmte; in allem. „Du wirst dich nicht von mir entfernen! Sollte ich verhindert sein, wird jemand auf dich aufpassen. Wenn es nötig ist, binde ich dich irgendwo fest. Haben wir uns verstanden?“ Der Drang ihm meinen Mittelfinger zu zeigen, war überwältigend. Leider reagierten meine Muskeln noch immer nicht auf meine Befehle. Wieso eigentlich nicht? Es hatte doch sonst nie so lang gedauert! Lag es an Binghams Biss?
Hatte Alan irgendeinen Nerv erwischt?
Oh Gott, was, wenn ich gelähmt bliebe?
Panik überrollte mich und drohte mich zu ersticken. „Sam, du musst mir vertrauen. Ich werde alles Mögliche tun, damit Bingham dir nie wieder zu nah kommt.“ Vertrauen? Für Witze war ich definitiv nicht zu haben.
Wusste er überhaupt, welche Bedeutung dieses Wort hatte? „Ich kann es nicht zulassen, dass er sich ungestraft an Mitgliedern meines Rudels vergreift. Gleich recht nicht an meiner Alpha. Er wird dir nichts antun können, solange du das tust, was ich dir sage.“ Da war ich mir nicht sicher. Was, wenn Bingham jetzt auftauchte? Würde Alan es bemerken, bevor der Vampir ihn angriff? Roman hatte er an dem einen Abend auch nicht kommen gehört. Konnte Bingham Alan umbringen?
Um ehrlich zu sein, ich wollte es nicht wissen.
Es waren nur Überlegungen, die mich davon abhielten, mich meiner Panik hinzugeben oder Alan weiter zuhören zu müssen. „Finde dich damit ab. Ich lasse dich nicht sterben. Dafür bist du mir zu viel wert.“ Ja klar. Als zukünftige Gebärmaschine für seine Kinder. Tja, ohne mich. Da konnte er sich auf den Kopf stellen.
Nackt.
Auf dem Himalaya.
Denn selbst wenn ich vergessen hatte darauf zu achten, wann meine fruchtbaren Tage waren, so hatte ich doch inzwischen dafür gesorgt, dass ich nicht mit einer ungewollten Schwangerschaft konfrontiert wurde. Immerhin war ich nicht so dumm mir einreden zu wollen, dass ich seiner Anziehungskraft gegenüber immun war. Es war mir klar gewesen, dass sich unsere Wege früher oder später wieder kreuzen würden.
Allerdings hatte ich eher mit später gerechnet.
Jetzt hoffte ich nur darauf, dass ich mich dennoch nicht mit ihm einließ. Mit ihm ins Bett zu steigen war gleichbedeutend mit einem willigen Zugeständnis, dass ich ihm keinesfalls geben wollte.
Bitte lieber Gott, lass meine Hormone in Tiefschlaf fallen!
Eigentlich war ich nicht gläubig. Aber es konnte nicht schaden. Mir waren alle Mittel recht, wenn sie nur diese verflixten kleinen Biester in meinem Körper davon abhielten, Alan um den Hals zu fallen und ihn anzubetteln mich endlich flachzulegen.
Um ehrlich zu sein, ich verhütete nicht nur, weil ich bei Alan schwach werden könnte. Es gab einen anderen Mann. Und bei dem schrie mein Verstand nicht nein. Zu schade, dass er noch keinerlei Versuche unternommen hatte – vermutlich auch nie unternehmen würde – und ich dafür einfach zu blöd war.
Zumindest wenn es um ihm ging.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, die Alan neben mir auf der Couch sitzend und meine Wangen streichelnd verbracht hatte, fühlte ich endlich nicht mehr diese Taubheit in meinen Gliedern.
Sie erwachten mit einem grauenvollen Kribbeln allmählich wieder zum Leben. Wie hatte er es geschafft, dass ich so lange nicht dazu in der Lage war mich zu bewegen? War das Absicht gewesen oder ein Unfall? Es wurmte mich, dass ich die Antwort nicht kannte und auch nicht von Alan erfahren würde. „Nimm deine Finger aus meinem Gesicht!“, fauchte ich schleppend, bevor ich mich unbeholfen aufrichtete und keuchend gegen die Lehne des Sofas fallen ließ. Eine Kraftanstrengung, die fast so schlimm war, wie das gestrige Laufen von meiner Küchenanrichte zum Küchentisch. „Wie du willst. Aber du wirst mich noch anbetteln, meine Finger zu spüren.“ Leise Worte, die mehr nach einer Drohung als nach einem Versprechen klangen und die in mir ein irrsinniges Lachen ausbrechen ließen. „Na eher friert doch die Hölle zu, du…“
Schneller als mir lieb war, hatte er mich unter sich auf der Couch begraben. Ich hätte nicht einmal sagen können, wie er das angestellt hatte. Eine Hand hielt meine Handgelenke umklammert, mit der anderen stützte er sich neben mich ab. „Ich verstehe dich nicht. Andere Frauen verzehren sich nach mir. Sie betteln mich an, dass ich sie vögel. Du unterdrückst dein Verlangen, obwohl ich spüre, dass du mich willst. Ich kann es riechen! Warum lehnst du mich ab, Sam?“
Verflixt, wie sollte ich antworten, wenn er auf mir lag, mit Pheromonen um sich warf und seine freie Hand begann meine Seite zu streicheln? „Antworte mir.“, raunte er in mein Ohr, was mir ein höllisches Kribbeln durch die Adern bis in meinen Bauch rauschen ließ. „Weil ich dich nicht ausstehen kann. Ich hasse dich!“, fauchte ich, angewidert von meinem eigenen Verlangen. „Aber du willst mich.“, flüsterte er in mein Ohr, während sich seine Hand unter meine Taille schob und er sich zwischen meine Beine drängte.
Gott sei Dank waren wir beide angezogen.
Denn so wie ich wimmerte, als er begann, seine Hüften kreisend gegen mein Becken zu bewegen, hätte ich für nichts garantieren können. Zu meinem Glück war sein Stolz größer als sein Verlangen. „Ich könnte dir alles geben, wonach du dich sehnst. Ich könnte dir unzählige Orgasmen verschaffen. Ich könnte dich nehmen; auf der Stelle. Hart. Tief. Ich könnte dich lecken, bis du dich vor Lust windest. Sofort. Nur ein Wort von dir und ich nehme dich auf eine Art, wie du noch nie genommen worden bist. Aber…“, seine Zunge schnellte über meine Lippen, „… du willst mich ja nicht.“ Mir einen schnellen Kuss stehlend, sprang er auf, richtete seine Erektion und musterte mich. Ich war viel zu benebelt und zitterte vor Verlangen, als das ich geeignete Worte fand, die ich ihm hätte an den Kopf werfen können. Mein Mund war staubtrocken. Seiner hingegen versprach die Erlösung, nach der ich mich sehnte.
Meine Augen schließend schüttelte ich den Kopf.
Was um Himmels Unwillen dachte ich denn da? Hatte Bingham nicht nur mein Blut, sondern auch mein Gehirn ausgesaugt? Die Vermutung lag nah; auch wenn ich wusste, dass das unmöglich war.
Mein gesamter Körper bebte. Ich kämpfte darum, mich annähernd graziös aufzurichten, möglichst gelassen auf der Couch zu sitzen und diesem dämlich grinsenden Bastard hasserfüllte Blicke zuzuwerfen.
Ich wollte nicht hier sein.
Aber ich hatte die böse Vorahnung, dass sämtliche Argumente der Welt nicht ausreichen würden ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Ich selbst wusste schließlich auch, dass ich vermutlich nirgends sicherer war als bei ihm. Abgesehen von Humphrey, dem ich das ebenfalls zutraute.
Ich hatte allerdings meine berechtigten Zweifel daran, dass Alan mich zu Humphrey gehen ließe. In Alans Augen gehörte ich zu ihm – ob mir das nun passte oder nicht – und es war seine Pflicht, mir beizustehen. Dabei spielte es keine Rolle, ob ich das wollte.
Nach einer einstündigen Diskussion mit Alan hatte ich mehr oder weniger eingewilligt vorübergehend bei ihm zu bleiben. Unter der Voraussetzung, dass ich das Gästezimmer benutzen durfte.
Es wunderte mich, dass er dem so schnell zustimmte.
Seine Darlegungen, die meinen sehr ähnelten, hatten dazu beigetragen mich von der Notwendigkeit dieser temporären Lösung zu überzeugen. Verdammte Scheiße!
Ja, ich hatte Angst.
Bingham konnte mir jederzeit erneut auflauern. Egal, ob ich mich für eine Weile versteckte oder ob ich im Haus blieb. Bei Alan hingegen konnte Bingham zwar ebenfalls auftauchen, würde aber mit einem Wer konfrontiert sein.
Einem verdammt wütenden, wenn ich das hinzufügen durfte.
So