Flucht aus der Würfelwelt. Karl Olsberg

Flucht aus der Würfelwelt - Karl Olsberg


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Rückzug.

      Ich durchstreife das Unterwelt-Höhlenlabyrinth auf der Suche nach Magmaschleim. Es dauert eine Weile, aber schließlich werde ich fündig und erobere zwei weitere Magmacreme-Kugeln, die ich in meiner Hütte zu Feuerresistenz-Tränken verarbeite. Mit deren Hilfe gelingt es mir, weitere Lohen zu vermöbeln, bis ich endlich acht Lohenruten besitze. Ich durchstöbere die Festung und finde in einem abgelegenen Raum eine Schatztruhe, die außer ein paar Goldbarren, einer goldenen Rüstung und anderem unnützen Kram einige Melonensamen enthält. Äußerst praktisch, denn Melonen spawnen von selbst nur im Dschungel, und ein Dschungelgebiet habe ich bisher noch nicht entdeckt. Sicherheitshalber baue ich noch ein paar Glühstein-Blöcke ab und kehre schließlich in die Oberwelt zurück. Dort pflanze ich die Melonensamen ein, verarbeite die Lohenruten zu Lohenstaub und crafte mir aus den Schattenperlen vierzehn Schattenaugen. Das sollte eigentlich reichen, um die nächste Festung zu finden und dort das Endportal zu aktivieren. Nachdem die Melonen reif sind, braue ich mir daraus zusammen mit Unterweltwarzen und etwas Gold drei Heiltränke. Die kann man immer gebrauchen.

      Da gerade die Sonne untergeht, schlafe ich noch einmal in meinem Bett. Am nächsten Morgen breche ich ausgeruht und frohen Mutes auf, um das Ende zu finden und mich dem Kampf mit dem Drachen zu stellen.

      6.

      Die Edgar-Johannsen-Privatklinik für Neuropsychiatrie liegt in einem vornehmen Villenviertel am Stadtrand. Amelie hat eine ganze Weile gebraucht, um mit dem Bus hierher zu kommen. Die Klinik ist in einem großen, alten Haus untergebracht, das um einen modernen Seitenflügel erweitert wurde. Früher muss hier einmal ein sehr reicher Mann gelebt haben. Amelie gelangt durch ein großes Tor über eine Einfahrt mit mehreren Parkplätzen in die Eingangshalle. Eine junge Frau sitzt hinter einem Tresen und blickt sie missmutig an.

      „Was willst du?“, fragt sie.

      „Mein Name ist Amelie Schiller. Ich möchte gern Dr. Johannsen sprechen.“

      „Der Doktor hat momentan keine Zeit.“

      „Bitte, es ist sehr wichtig!“

      „Der Doktor ist ein vielbeschäftigter Mann. Wenn jeder, der hier einfach so vorbeikommt, sofort einen Termin bekäme, dann könnte er sich nicht mehr um seine Patienten kümmern. Das verstehst du doch, oder?“ Sie spricht wie mit einem Kleinkind.

      Amelie improvisiert. „Aber es geht ja um einen Ihrer Patienten, Marko Leyenbrink. Ich habe Informationen, die für seine Behandlung sehr wichtig sein könnten.“

      Die Empfangsdame verengt misstrauisch die Augen. „Was denn für Informationen?“

      „Das kann ich nur Dr. Johannsen persönlich mitteilen.“

      „Der Doktor hat momentan keine Zeit.“

      Amelie versucht, ihren Ärger zu unterdrücken. „Dann warte ich eben hier, bis er Zeit hat!“

      „Das kann aber ziemlich lange dauern. Der Doktor hat viel zu tun.“

      „Das ist mir egal. Notfalls warte ich den ganzen Tag. Es ist wirklich wichtig!“

      Die junge Frau blickt an die Decke, als flehe sie um himmlischen Beistand. „Du bist aber wirklich hartnäckig! Also schön, ich frage kurz nach, wann er einen Termin frei hat.“

      Sie wählt eine Nummer auf ihrer Telefonanlage. „Dr. Johannsen? Hier ist ein Mädchen, das Sie sprechen möchte, eine Amelie Schiller …“

      Der Gesichtsausdruck der Empfangsdame verändert sich, während sie die Antwort des Arztes hört. Ihre missmutige Miene wird durch Überraschung ersetzt.

      „Ja, selbstverständlich, Herr Doktor. Ich sage es ihr.“

      Nachdem sie aufgelegt hat, ist sie plötzlich viel freundlicher. „Du hast Glück, der Doktor hat gleich Zeit für Dich. Nimm doch bitte noch einen Moment dort drüben auf den Stühlen Platz.“

      Amelie muss nicht lange warten. Ein muskulöser Mann mit Glatze, der weiße Arztkleidung trägt, kommt aus einer Seitentür auf sie zu.

      „Amelie Schiller?“

      Sie erhebt sich. „Dr. Johannsen?“

      „Nein, ich bin Pfleger Bertram. Ich bringe dich zum Doktor.“

      Der Mann ignoriert ihre ausgestreckte Hand und führt Amelie durch eine Tür mit dem Schild Zutritt nur für Klinikpersonal in einen neonbeleuchteten Gang. Am Ende befindet sich eine Metalltür, an der ein Warnschild angebracht ist:

      Geschlossene Station – Sicherheitshinweise beachten!

      1 Betreten nur in Begleitung eines Mitglieds des Pflegepersonals gestattet

      2 Beruhigungsinjektion griffbereit halten

      3 Patienten nicht reizen, nicht widersprechen

      4 Renitente Patienten ruhigstellen und ins Beruhigungszimmer überführen

      5 Gewalt nur im Notfall anwenden!

      Bertram öffnet eine Tür mit der Aufschrift Klinikleitung auf der linken Gangseite. Dahinter liegt ein kleines Vorzimmer. Eine ältere Dame mit dunkler Brille blickt von ihrem Computer auf.

      „Das ist Amelie Schiller“, erklärt er. „Ich soll sie sofort zu Dr. Johannsen bringen.“

      Die Frau nickt Amelie zu. Sie deutet auf eine Tür neben ihrem Schreibtisch. „Geh bitte gleich durch. Der Doktor erwartet dich.“

      Das Büro nebenan ist großzügig und modern eingerichtet. Bodentiefe Fenster geben den Blick auf einen kleinen Park mit alten Bäumen frei. An den Wänden befinden sich Regale mit Fachbüchern. Dr. Johannsen erhebt sich von seinem Schreibtisch. Er ist schmächtig, doch seine Augen mustern Amelie mit der Intensität eines Raubvogels. Seine Hakennase verstärkt diesen Eindruck noch.

      „Amelie! Wie schön, dich kennenzulernen!“ Seine Hand fühlt sich schlaff an.

      „Danke, dass Sie sich Zeit für mich nehmen, Dr. Johannsen. Ich bin wegen Marko Leyenbrink gekommen.“

      „Aha, ach so. Ja, natürlich. Marko hat oft von dir gesprochen. Aber setz dich doch bitte.“

      Amelies Herz pocht heftig. Er hat oft von mir gesprochen! Sie ignoriert die Aufforderung.

      „Wie geht es ihm? Kann ich zu ihm?“

      Dr. Johannsen runzelt die Stirn, als müsse er über die Frage nachdenken. Dann schüttelt er den Kopf. „Er darf momentan keinen Besuch empfangen. Leider.“

      „Ich weiß, seine Mutter hat mir erzählt, dass er erst wieder zu sich selbst finden muss oder so. Aber ich bin sicher, dass ich ihm dabei helfen kann!“

      Der Arzt blickt sie scharf an. „Du hast mit Markos Mutter gesprochen?“

      „Ja. Sie hat mir gesagt, dass er in einer reizarmen Umgebung sein muss. Aber ich verstehe das nicht. Wenn er wieder zu sich selbst finden soll, dann ist es doch sicher am besten, wenn er in seiner vertrauten Umgebung ist, oder nicht?“

      Dr. Johannsens Blick scheint sie abzutasten wie ein Radargerät. „Aha. Du bist also der Ansicht, dass du besser als ich weißt, wie Marko zu therapieren ist?“

      „Nein … das hab ich natürlich nicht gemeint. Ich verstehe bloß nicht, wieso …“

      „Setz dich bitte!“

      Amelie folgt der Aufforderung.

      „Also, dann werde ich dir jetzt erklären, was mit deinem Freund passiert ist. Unser Gehirn ist im Grunde nichts anderes als ein sehr leistungsfähiger biologischer Computer. Und wie jeder Computer kann auch das Gehirn Softwarefehler haben. Das nennt man dann eine Geisteskrankheit. Manchmal stürzt das Programm in unserem Kopf ab, und der Mensch fällt in ein Koma. Das kann zum Beispiel durch einen Schock ausgelöst werden, oder durch eine organische Erkrankung.“

      „Marko ist ins Koma gefallen, weil mein Stiefvater ihm eine Überdosis irgendeines Mittels gespritzt hat!“

      „Ach


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