ACRIM. Roland Braxmaier

ACRIM - Roland Braxmaier


Скачать книгу
Nicht einmal hinter den Augenlidern war Farbe.

      Matt und müde lag sie da. Ope Spring traute sich nicht, die Augen zu öffnen.

      Sie hatte Angst.

      Geschürt von ihrem Empfinden.

      Sie lag.

      Und sie spürte einen harten Untergrund. Keinen Boden. Sie lag nicht auf dem Boden.

      Aber wo?

      Und wie war sie zu diesem - Wo?- gekommen?

      Ope kämpfte gegen die erneute Müdigkeit und versuchte zu spüren.

      Ihr Rücken und ihr Po konnten ihr nicht helfen. Sie lag auf einem angenehmen, aber harten Polster.

      Ihre rechte Hand wagte den Vorstoß. Sie zog sie vorsichtig unter ihrem Oberschenkel hervor.

      Weshalb spürte sie ihren nackten Oberschenkel?

      Und warum hatte sie Angst aufzustehen?

      Intuition?

      Trotz der Müdigkeit hatte sie kein gutes Gefühl. Die rechte Hand fuhr weiter nach rechts und schwebte im leeren Raum.

      Hier war ihre Liege zu Ende.

      Wo verdammt noch mal war sie?

      Wie hoch oben war sie?

      Eine erste leichte Panikwelle durchfuhr sie bei dem Gedanken, der Boden könnte unendlich weit unter ihr sein. Worauf begründete sie diese Annahme?

      Sie glaubte, an ihren Fingerspitzen einen leichten Luftzug auszumachen. Luft von unten nach oben?

      Vorsichtig zog sie ihre Hand zurück und umfasste den Rand des Polsters. Langsam schob sie die Hand weiter nach unten. In dieser Situation spielte ihr Kopf ihr grässliche Streiche. Er wollte ihr weismachen, dass unter ihr etwas Unheimliches lag.

      Eine Schlangengrube?

      Ope versuchte ihren Kopf zu bezwingen was fast unmöglich war.

      Ihre Finger erreichten das Ende des Polsters und sie spürte sofort den Temperaturunterschied.

      Das musste Metall sein.

      Danach verließ sie ihr Mut. Noch weiter nach unten wagte sich ihre Hand nicht.

      Vorsichtig zog sie die rechte Hand zurück und legte sie auf ihren Bauch.

      Sofort spürte sie den Stoff.

      Beruhigend und auch wieder nicht.

      Beruhigend, weil ihr Kopf ihr sagte, sie lag zu Hause im Bett, im Nachthemd und war gerade dabei, ihrem Alptraum zu entfliehen.

      Nicht beruhigend, weil sie am Stoff gleich spürte, dass das niemals ein Nachthemd von ihr war.

      Sie sah nichts, rein gar nichts.

      Erst jetzt realisierte sie, dass sie nur dieses Nachthemd trug.

      Erstaunlich fand sie, was man bei Angst alles mit geschlossenen Augen spüren konnte.

      Sie traute sich einfach nicht, die Augen zu öffnen.

      Wenn sie ein leichtes Mädchen gewesen wäre oder eine dieser Party-Gören, dann wäre alles klar.

      Gestern völlig abgestürzt, mit dem Typen nach Hause und hier im Bett gelandet.

      Aber sie wusste aus vielen Gründen, dass das nicht möglich war.

      Das Bett war kein Bett sondern eher eine Pritsche, sie ging nicht auf Partys und kein Mann hätte ein Nachthemd für sie parat.

      Einhundertfünf Kilo wollten eingehüllt sein.

      Wo verdammt noch mal war sie?

      Sie fasste allen Mut zusammen und öffnete ihr rechtes Auge.

      Schwarz.

      Sie sah nur Schwarz und schloss es wieder.

      Die Angst strömte durch ihren ganzen Körper.

      Könnte sie denn aufstehen, wenn sie ganz mutig wäre?

      Sie hob zuerst das rechte, dann das linke Bein an, dann hob sie vorsichtig den Kopf.

      Sie war nicht gefesselt.

      Was machte ihr dann solche Angst?

      Warum stand sie nicht einfach auf und lief davon?

      Wie konnte sie diesen Kreislauf endlich durchbrechen?

      Die Neugier wurde größer als die Angst.

      Der nächste Gedanke entschied über ihre künftigen Handlungen.

      Lag sie womöglich in einer Kiste, einem Sarg?

      Der Panikreflex löste den Schrei aus und wie von einem Katapult abgefeuert richtete sie ihren schweren Oberkörper auf einen Schlag auf.

      Keine Kiste!

      Ihre großen Brüste wippten noch etwas nach. Sie trug nichts außer diesem dämlichen Nachthemd.

      Mit dem Aufrichten entfuhr ihr ein noch heftigerer Schrei. Fast gleichzeitig war so etwas wie ein Knall zu hören und sie wurde trotz geschlossener Augen fürchterlich geblendet.

      Jetzt riss sie die Augen auf.

      Zuerst war sie vom Weiß umhüllt doch mit der Zeit konnte sie erste Umrisse wahrnehmen.

      Ein weißer Würfel.

      Sie saß auf einer Pritsche mitten in einem klinisch weißen, fensterlosen Würfel.

      Sie lachte leise. Toller Alptraum.

      Die Farbe war so makellos und gleichmäßig, dass Ope nicht sagen konnte, wo der Boden aufhörte und die Wand begann.

      Keine Höhe, kein Sarg. Sehr beruhigend.

      Mehr gab es nicht zur Beruhigung.

      Jetzt hatte sie den Mut sich zu bewegen.

      Sie schob sich von der Pritsche und stand barfuss auf dem Boden.

      Warm.

      Langsam umrundete sie die Pritsche, ging vorsichtig zur Wand.

      Der Übergang vom Boden zur Wand war fließend. Es gab nirgendwo eine Kante.

      Mit einer Hand strich sie über die glatte Wand.

      Mit einem weiteren lauten Knall stand sie innerhalb einer halben Sekunde im schwärzesten Schwarz.

      „HEEEYYY! Licht an!“ Sie schrie.

      Nichts.

      Als ob sie niemand hören würde oder wollte.

      Den Gedanken, dass sie hier sich selbst überlassen bliebe bis zum Ende wollte sie nicht aufnehmen.

      Wenigstens kam nicht gleich die völlige Panik auf.

      Um sie herum war selbst nach einiger Wartezeit rein gar nichts zu sehen. Nicht ein einziges Lichtquant war noch im Raum!

      Wo waren sie alle hin?

      Gerade noch strahlte der Raum weiß.

      Plötzlich fiel ihr ein rettender Spruch ein.

      Wenn man sich nicht sicher ist, ob man träumt, so sollte man sich selbst kneifen.

      Spürt man es ist man wach, kein Schmerz bedeutet Traum.

      Vorsichtig und verschämt schob sie das Nachthemd hoch.

      Sie sehnte sich zurück ins Licht, aber nicht jetzt. Ope fuhr mit der rechten Hand unter das Hemd. Zuerst beabsichtigte sie, sich in den Bauch zu kneifen.

      Aber sie wollte es genau wissen. Im zweiten Gedanken fürchtete sie, es aufgrund dessen Fülle vielleicht nicht genug zu spüren, deshalb kniff sie sich heftig in die Brustwarze.

      Ein scheußlicher Schmerz durchlief ihren ganzen Körper.

      Und wie sie das gespürt hatte.

      Jetzt folgte sofort die zweite


Скачать книгу