Auf ihren Spuren. Sabine von der Wellen

Auf ihren Spuren - Sabine von der Wellen


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Gedanken, dass auch der Laptop bereinigt worden sein könnte, wie das zweite Handy meiner Mutter.

      Das ist ein weiteres Geheimnis, das Manuel und ich entdeckten.

      Als ich Manuel das Handy brachte, konnte er es soweit richten, dass wir es untersuchen konnten. Es war eine Prepaid Karte mit der üblichen IMSI und einer Kontaktliste. Da waren Nummern wie meine, die von ihrem Internetcafe, Onkel Andreas, von Michelle, die ich bei der Testamentseröffnung erst kennenlernte, ihrem Friseur, ihrer Autowerkstatt und vielen Taxiunternehmen aus fast jeder Stadt drauf. Alles ganz normal anzurufende Nummern.

      Es gab aber auch andere gespeicherte Nummern, die mit irgendwelchen Namen zusammenhingen, die mir keinen Erkennungswert gaben. Natürlich versuchte ich überall anzurufen, weil ich herausfinden wollte, was diese Menschen mit meiner Mutter zu tun gehabt hatten. Doch eine mechanische Stimme wies mich immer wieder darauf hin, dass diese Nummern nicht vergeben sind.

      Ich habe keine Ahnung, warum meine Mutter ihren Kontaktspeicher mit Menschen und Telefonnummern gefüllt hat, die es nicht gab.

      Ansonsten fand ich keine Bilder, keine SMSen oder sonst was auf dem Handy. Nichts. Selbst die Anrufspeicher präsentierten mir ein vollkommen leeres Dasein und nicht mal ihr letzter Anruf wurde angezeigt.

      Manuel ist aber ein Schlaukopf und fand heraus, dass meine Mutter auch einer gewesen sein muss. Und das, obwohl sie sich mir gegenüber immer als völlige Technikniete ausgab. Sie konnte nicht mal ihren Pin ändern oder etwas herunterladen. Doch Manuel fand ein Programm auf ihrem Handy, mit dem man Daten verschlüsseln und Kontakte als Privat kennzeichnen kann, die dann weder in den Kontakten noch in Anruflisten auftauchen. Aber weil auch alles andere aus dem Handy verschwunden war, glaubt er, dass Daten gelöscht wurden.

      „Das kann man mit so einem Programm. Man kann von außerhalb auf das Handy zugreifen und alles löschen, was anderen nicht in die Hände fallen soll“, hatte er mit roten Wangen erklärt und seine blauen Augen hatte diesen Ausdruck, den sie schnell bekommen, wenn ihn etwas aufregt oder fasziniert. Er hatte damals auch diesen Blick, als Katja einzog. Daher wusste ich da schon, dass sie unser Untergang sein wird.

      Meine Mutter hatte dieses Handy also nicht nur gesichert, sondern es gab auch jemanden, der alle Daten darauf gelöscht hatte, nachdem sie tot war. Natürlich gab ich Manuel auch Mamas anderes Handy.

      Er konnte nichts darauf finden, dass Mamas Aufstieg zum Super-Technik-Hirn anzeigte. Es war ganz normal und ohne Schnick-Schnack und zu ganz normalem Gebrauch bestimmt, ohne irgendwelche Sicherheitsprogramme.

      Nun warten wir darauf, dass Cecilias Laptop einen Blick in seine Daten preisgibt. Der hat hoffentlich noch einige Antworten für mich parat. Aber Manuel erklärte mir schon, dass ich Pech haben könnte und dort auch das Programm seinen Platz gefunden hat, das alles vor uns sichert oder sogar alles gelöscht ist. Das wäre natürlich fatal. Dann wären meine Nachforschungen am Ende. Zumindest die Nachforschungen, in die Manuel involviert ist.

      Es gibt aber noch etwas, dass sich vehement dagegen wehrt, mir seinen Inhalt zu präsentieren und von dem ich mir einiges erhoffe. Es ist dieser versteckte Tresor in einem der beiden Schränke in meinem Zimmer. Niemand weiß, dass es ihn gibt. Ich entdeckte ihn, als ich hierherzog. Ich wollte dort meine drei Kisten mit den Sachen meiner Mutter aus unserer alten Wohnung verstauen. Um Platz zu schaffen, sollte die im Schrank befindliche Kiste entsorgt werden, die mit „Altkleider“ deklariert war. Ich hatte ihn bei meinem ersten Besuch in dieser Wohnung geöffnet und wirklich unansehnliche Pullover, alte Socken und so einen Kram darin gefunden. Klar, dass da keiner drin wühlen wollte. Nicht mal ich. Aber als ich ihn aus dem Schrank heben wollte, ging das nicht. Darum dachte ich mir, dass er etwas sehr, sehr schweres beinhalten muss und zog die unansehnliche Wäsche heraus. Und zu meinem Erstaunen fand ich den Grund, warum sich die Kiste nicht mal verschieben ließ. Sie war um einen Tresor gestellt worden und die Wäsche hatte meine Mutter nur oben auf platziert, um Neugierige von einem Blick hinein abzuhalten.

      Bisher konnte ich diesen Tresor aber noch nicht öffnen.

      Das mit der Kombination und den Passwörtern gestaltete sich wirklich schwierig, weil Mama nicht die genommen hat, die ich erwartete. Kein Geburtsdatum, keine denkenswerte Kombination passte und auch nicht Mamas heißgeliebtes und einziges Passwort, dass sie mir mein Leben lang präsentiert hatte, als wäre sie unfähig, sich mehr als ein Wort zu merken. So gab es dieses eine: Vogelmiere.

      Natürlich hatte meine Mutter über die Vogelmiere auch einiges zu berichten. „Das ist ein wirklich zartes Gewächs mit winzigen, weißen Blüten, dass völlig unscheinbar wirkt. Aber es ist unglaublich widerstandsfähig. Es trotzt Wind und Wetter, Kälte und Schnee … einfach allem. Und es vermehrt sich unglaublich. Es ist einfach nicht totzukriegen.“ Das waren ihre Worte.

      Mama liebte offenbar Kämpfer, obwohl sie mich eher zu einem Weichei machen wollte, mit ihrem: „Sei nett zu allen, respektiere jede Form von Leben und Lebensweise, sei immer hilfsbereit und zuvorkommend und denke immer daran, dass jeder Mensch gleich ist.“ Es fehlte nur noch: Wenn dich jemand schlägt, dann halte auch die andere Wange hin.

      Manchmal schwelgte sie förmlich in Nachsicht und Verständnis für alles und jeden. Es kam mir dann immer so vor, als mochte sie Außenseiter besonders. Penner, Junkies, Homos, Psychopaten … alles ganz tolle Menschen, bei denen nur etwas im Leben anders gelaufen war.

      Sie liebte auch Ordnung. Aber als ich damals das erste Mal in diese Wohnung kam, fand ich hier keine Spur von der ordnungsliebenden Cecilia. Ich denke, wenn mein Onkel Andreas gewusst hätte, dass Mama diese Wohnung nutzte und was darin zu finden war, dann hätte er sie vorher inspiziert und ausgeräumt. So stieß ich auf diese andere Cecilia.

      Ich hatte die Schlüssel schon seit der Testamentsvollstreckung im Besitz, war aber noch so entsetzt, dass Mama tot war, dass ich gar nicht in der Lage war, mich dem Leben wirklich wieder zu stellen. Damals war es auch eher Timo, der darauf brannte zu erfahren, wie es um diese von mir geerbte Wohnung bestellt war. Er malte sich aus, dort einziehen zu können, wenn er sein Studium beginnt. Natürlich ahnten wir beide nicht, dass es eine superteure Penthousewohnung ist. Das wusste nur Onkel Andreas, weil er meiner Mutter wohl damals gesteckt hatte, dass sie noch zu kaufen ist.

      Timo lag mir lange in den Ohren mit seiner WG Idee. So raffte ich mich eines Tages auf und fuhr mit dem Bus in die nahegelegene Stadt, um sie mir anzusehen.

      Natürlich wollte Timo mit. Aber ich wollte erst alleine hinfahren und mich dem Stellen, was mir dort begegnen würde. Ich rechnete nicht mit viel. Doch was ich fand, haute mich um.

      Das sechsstöckige Haus mit den Geschäften im Erdgeschoß war erst vor einigen Jahren erbaut worden. Onkel Andreas Baufirma hatte wohl einen nicht geringen Anteil an dessen Entstehung. Die nächsten vier Stockwerke waren Büroanlagen verschiedenster Firmen und oben gab es dann die Wohnungen. Ich weiß nicht warum, aber diese stand wohl lange leer, bis meine Mutter sie kaufte. Ich weiß nicht mal, ob sie die Küche ausgesucht hatte oder ob die schon drinnen war. Zumindest gebraucht worden war sie nie. Es gab auch kein Geschirr oder Töpfe.

      Der Eingangsbereich hatte mich schon schlucken lassen. Der Flur war groß und mit schwarzweiß gekachelten Fliesen belegt, sowie einer schwarzen Flurgarderobe. Die gleichen Fliesen waren auch in der Küche und im Badezimmer zu finden. Alle anderen Räume sind mit Holzfußboden. Das Wohnzimmer ist riesig und bietet einen Balkon und einen unglaublichen Blick über die Stadt und hat einen offenen Bereich in die Küche. Mich hatten diese drei Räume schon sprachlos gemacht und ich konnte nicht fassen, dass uns das schon lange gehörte und wir doch niemals hergezogen waren.

      Ich war langsam durch das Wohnzimmer geschlichen und hatte in alle Räume geschaut, deren Türen offenstanden. Aus irgendeinem Grund umging ich die einzige Tür, die geschlossen war. Doch als ich alles inspiziert hatte und mich sogar der Ausblick von dem großen, überdachten Balkon schwindelig gemacht hatte, steuerte ich diese Tür an. Ich erwartete nichts. Gar nichts. Aber was ich fand, zog mir die Beine unter dem Arsch weg.

      Der Raum war dunkel, weil alle Schalosien heruntergelassen waren. Als ich das Licht anknipste, offenbarte sich mir ein voll eingerichteter großer Raum mit einem überdimensionalen Schreibtisch, einem dicken Leder-Chef-Drehsessel, zwei großen, massiven Schränken,


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