Schrecken der Vergangenheit. Nadine Kim Wulf

Schrecken der Vergangenheit - Nadine Kim Wulf


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      <<Ich habe in der Apotheke nachgefragt. Das darfst du nehmen>>, flüsterte sie ihr ins Ohr.

      <<Wenn ich dich nicht hätte. Du bist die Beste>>, seufzte Anni.

      <<Mach nicht so ein Drama daraus. Ich war nur in der Apotheke>>, antwortete Chris mit einer dermaßen guten Laune, dass Karsten hellhörig wurde. Aufmerksam beobachtete er, wie sie zielstrebig auf ihren Ziehvater zusteuerte. Mit einem überwältigenden Lächeln im Gesicht, legte sie ihm die Tageszeitung an seinen Platz und drückte ihn kurz zur Begrüßung. Gleich würde eine Bombe platzen.

      Das hatte Karsten im Gefühl. Und das mit anzusehen, war fast so schön wie ein Kinobesuch. Nur eben ohne Popcorn.

      <<Morgen Kleines>>, sagte Nik abwesend. Ein Artikel im Sportteil hatte bereits sein Interesse geweckt. Mit lautem Getöse suchte er in den einzelnen Blättern, bis er den passenden Teil endlich fand. Auch die beiden Jungs hatten sich mit Shake Hand begrüßt und frotzelten über den gestrigen Abend. Sie hatten sich nach Toms Schicht verabredet und waren sprichwörtlich versackt.

      Zwischen Kaffee und einem Bissen von seinem Croissant wanderte Karstens Blick weiter von einem zum anderen. Irgendwann hielt es ihn nicht mehr auf dem Stuhl. Er war noch nie für seine geduldige Art bekannt gewesen. Das Geplänkel am Tisch dauerte ihm einfach viel zu lange.

      <<Sagt mal Jungs, gibt es einen Grund für eure ausgelassene Stimmung? Normalerweise kriegt ihr doch morgens kaum die Zähne auseinander.>> Ein heftiger Schmerz fuhr ihm vom Knöchel an aufwärts. Er hatte vergessen, dass Thea direkt neben ihm saß und seine Ungeduld mit einem Tritt abstrafte. <<Möchtest du vielleicht hier sitzen?>>, fragte er gespielt. <<Dann bist du näher an deinen Füßen.>>

      <<Nein. Ich denke, ich sitze hier ganz prima. Aber danke>>, konterte sie frech.

      Maximilian und Tom hatten die Arme vor der Brust verschränkt und grinsten verschwörerisch. Und Karsten wäre beinahe der Geduldsfaden gerissen. Er konnte es nicht leiden, wenn man ihn im Dunkeln tappen ließ. Allem Anschein nach, wusste jeder hier über irgendetwas Bescheid. Nur eben er und Nik nicht. Das war einfach nur unfair. Endlich hatte Tom ein Einsehen mit ihm und räusperte sich. <<Ähm. Nik?>>

      <<Mh?>>, knurrte der hinter seiner Zeitung.

      <<Darf ich dich was fragen?>>

      Mit dem Zeigefinger drückte er eine Ecke der Seite nach vorne und späte seitlich zu ihm rüber.

      <<Natürlich. Was gibt´s?>>, fragte er und trank zeitgleich einen Schluck Kaffee.

      Mit einer liebevollen Geste legte Tom seinen Arm um Chris. Jetzt zeigte sie ihr schönstes Lächeln und die unbändige Liebe zwischen den beiden war für jeden greifbar. Karsten vergaß automatisch das Kauen. Die Lunte brannte bereits.

      <<Ich habe Chris gestern eine Frage gestellt, die sie mit – Ja – beantwortet hat.>>

      <<Und?>>, fragte Nik und Karsten konnte es kaum glauben. Sein bester Freund stand ja sowas von auf dem Kabel.

      <<Und ich wollte nun auch dich fragen, ob du mir gestattest, Chris zu heiraten.>>

      „ Boom“, dachte Karsten und sah mit Entzücken, dass Nik sich an seinem Kaffee verschluckt und sich hustend nach vorne gebeugt hatte.

      <<Okay. Irgendwie hatte ich mit einer etwas anderen Reaktion gerechnet>>, sagte Tom leicht irritiert und begegnete Chris` leuchtenden Augen. Nik räusperte sich, hatte aber seine Stimme wieder gefunden.

      <<Und ihr seid euch ganz sicher?>>, fragte er. Als ob die Frage noch irgendwie relevant gewesen wäre. <<Aua!>>, stöhnte er auf und warf Thea einen verstohlenen Blick zu. Unbekümmert strich sie sich weiter die Butter auf eine Hälfte ihres Rosinenbrötchens und verteilte weiterhin Tritte unterm Tisch, wann immer es nötig war. <<Ich meine, ich freue mich natürlich für euch.>> Und das tat Nik wirklich. Man hatte ihn für den Moment nur total überrumpelt. Mit so etwas rechnet doch niemand. Er legte die Zeitung weg und stand auf, um seine Kleine in die Arme zu schließen. <<Wenn es das ist, was du willst, dann habt ihr natürlich meinen Segen.>>

      Chris schmiegte sich erleichtert an seine Brust. <<Das bedeutet mir sehr viel. Danke, Nik.>>

      Tom trat dazu und Nik reichte ihm mit geschürzten Lippen und zusammen gekniffenen Augen die Hand. <<Oh, oh!>>, sagte Tom und wich einen Schritt zurück. <<Ich erinnere mich vage, dass du mir schon einmal fast die Hand gebrochen hast. Ich hoffe, du hast nicht gerade vor, dass zu wiederholen?>>

      <<Kommt darauf an>>, antwortete er und erinnerte sich zurück, an den besagten Tag. Als er nach Wochenlangen Krankenhaus - und Rehaaufenthalten endlich nach Hause zurückgekehrt war und ihm durch die Blume mitgeteilt wurde, dass die beiden längst zusammen waren.

      Ihm verdankte Nik, dass er überhaupt noch am Leben war. Aber die Umstände ihres ersten Aufeinandertreffens waren für ihn noch immer schmerzhaft und schwer zu verarbeiten. Im Grunde war Tom genauso ein Opfer gewesen, wie er selbst. Erik, der eigentlich Magnus hieß und der Kopf der Bande war, hatte ihn erpresst und damit gedroht, seiner Großmutter etwas anzutun, sollte er nicht das tun, was man von ihm verlangte. Also machte er mit, ohne überhaupt zu wissen, was passieren würde. Und ehe er sich versah, war er gefangen, in einem intriganten Spiel aus Hass und Habgier.

      Doch seine Schuldgefühle wuchsen mit jeder Sekunde. Mit ansehen zu müssen, was Magnus ihnen während der Geiselnahme alles angetan hatte und vor allem welche Angst Chris vor ihm hatte, zerriss ihn innerlich. Er hatte alles versucht, um den Irren von ihnen fernzuhalten. Er hatte sich sogar in den Schussweg geworfen und damit Nik vermutlich das Leben gerettet. Aber all seine Bemühungen liefen ins Leere. Erst als es keinen Ausweg mehr zu geben schien, und Nik zu verbluten drohte, fasste sich Tom ein Herz und setzte sein eigenes Leben aufs Spiel, um das von Chris, Anni und Nik zu retten. Was sein zukünftiger Schwiegervater nicht vergessen hatte. Deshalb konnte er sich keinen besseren Ehemann für seine Kleine wünschen. Chris war nicht seine leibliche Tochter, aber das spielte für ihn auch nie wirklich eine Rolle. Er liebte sie so wie seinen eigenen Sohn. Und mit anzusehen, wie sehr sie wieder Freude am Leben hatte, machte ihn umso glücklicher.

      <<Habt ihr denn schon einen Termin?>>, fragte er.

      <<Ja, damit kämen wir zu dem eigentlichen Knackpunkt>>, antwortete Chris. <<Wir werden wohl erst im nächsten Jahr einen Termin anvisieren können.>>

      <<Wenn es am Geld liegt, darum braucht ihr euch keine Gedanken zu machen.>>

      Chris schüttelte den Kopf. <<Nein, nein. Geld hat damit nichts zu tun. Das Problem ist meine Trauzeugin. Sie steht mir in nächster Zeit leider nicht zur Verfügung>>, erklärte Chris, woraufhin sich nun Maximilian an seinem Brötchen verschluckte. Anni ließ resigniert den Kopf hängen.

      <<Ja was denn? Wann wolltet ihr es ihm denn sagen?>>

      Nik wich zurück und runzelte die Stirn. <<Mir was sagen?>>

      Maximilian seufzte und stand auf. <<Vielen Dank Sweety>>, knurrte er.

      <<Gern geschehen.>>

      <<Okay Dad. Wir wollten eigentlich noch warten, aber da Sweetheart hier ihren Mund nicht halten kann….>> Er presste die Lippen auf einander. <<Ich werde hier ausziehen. Wir suchen bereits nach einer passenden Wohnung.>>

      <<Was ist daran so schlimm, dass du so ein Geheimnis daraus machen musst? Ich habe eigentlich schon viel eher damit gerechnet.>>

      <<Es liegt nicht daran, dass ich mich nicht wohl hier fühle, Dad. Eher daran, dass Anni und ich demnächst wohl mehr Platz brauchen.>>

      <<Und du dir leider Gedanken über eine Schwangerschaftsvertretung für mich machen musst. Den Platz an der Anmeldung habe ich bereits fest gebucht>>, fügte Anni hinzu und merkte, das ihr wieder übel wurde. <<Am besten, ich schließe mich gleich im


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