Frauenvolle Morde. Martin Cordemann

Frauenvolle Morde - Martin Cordemann


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Sie, dass es Mord war?“

      „Keine Ahnung.“ Ich wusste es nicht. Es wäre zuviel gesagt zu behaupten, dass es mir egal war, aber... naja! „Aber hierzu sei angemerkt, dass ein Mord einen Fall weitaus spannender macht, als wenn es keiner ist!“ (Was nun zugegebenermaßen eine extrem beschissene Satzkonstruktion war!) „Warten wir doch einfach auf den Autopsiebericht.“ Das bedeutete auch, dass hiermit der Dienst für heute beendet war. „Es wäre natürlich nett, wenn wir Ihnen gleich zu Beginn hier einen netten Mord bieten könnten, aber... sieht wohl ziemlich unwahrscheinlich aus.“

      „Eine Frage.“

      „Hmm?“

      „Mögen Sie die Musik von Richard Kleidermann?“ Kleidermann? Derjenige, der die schlechteste, mir bekannte Version meiner mehr als geliebten Rhapsody in Blue verbrochen hatte? Ich hob geringschätzig eine Braue und sie schrie auf: „Oh nein... machen Sie das noch mal!“

      Meine Braue hob sich wieder, diesmal vor Verwunderung. „Bitte?“

      „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ihre Braue...“

      „Ich gebe zu, nicht die originellste Geste heutzutage und ich hab sie auch bei Spock geklaut...“

      „Sie sind nicht zufällig... Star-Trek-Fan, oder?“

      „Hmmm.“ Meine Wohnung war überfüllt mit Raumschiffen, Figuren, Büchern, Zeitschriften und Videos, wobei der Löwenanteil allerdings an die Figuren ging, die ich aber, im Gegensatz zu wahren „Sammlern“ ausgepackt hatte. Ein „Sammler“ ließ seine Figur verpackt, damit sie wertvoller blieb und ihr Preis im Laufe der Zeit stieg – eine Theorie, die nicht so richtig aufgegangen war! „Ja, kann man, glaube ich, so sagen.“

      „Das war ja zu befürchten.“ Kam es zurück. „Können Sie sich vorstellen, dass ich auf dieses Augenbrauenheben stehe und können Sie sich vorstellen, dass ich noch nie jemanden getroffen habe, der ein so absoluter Fan von Star Trek ist und dass ausgerechnet ein Mensch wie Sie...“ Sie schüttelte den Kopf. Sie musste sich so fühlen wie ich, wenn ich mal wieder festgestellt hatte, dass das Mädchen, in das ich mich unsinnigerweise verliebt hatte, jemand anderen liebte – dieses Gefühl, eigentlich endlich sein Ziel erreicht zu haben, aber dann dort feststellen zu müssen, dass schon jemand anders auf dem Gipfel des unbezwungenen Berges ein Hotel gebaut hatte.

      „Haben Sie Modelle?“ fragte ich. Sie nickte. „Auch Figuren?“ Sie nickte wieder. „Bedauerlich.“ Sie war auf dem besten Weg, sich nahtlos in oben erwähnte Kategorie einzufügen.

      „Haben Sie alle Folgen auf Video?“ Ich nickte.

      „Classic, Next Generation, Deep Space Nine und Voyager. Seit ich arbeite, kann ich’s mir leisten, mir die Sachen auf Englisch zu kaufen, wenn sie rauskommen.“ Das war lange bevor einem das Zeugs in Komplettboxen auf DVD nachgeschmissen bekam, wo man sich Sachen noch mühsam aus dem Fernsehen mit Video aufnehmen und durch ein Buch die Nummern der Episoden bestimmen musste… aber wem erzähl ich das hier eigentlich? „Ja, ich bin im Moment auf dem neusten Stand.“

      „Ja, ich auch.“

      Das Schicksal verschränkte die Arme vor der Brust und grinste mich fies und breit an. Ich hatte bisher erst eine einzige Frau getroffen, die andeutungsweise dieses Hobby vertrat wie ich, aber das war eine genauso lang zurückliegende wie deprimierende Geschichte... also in etwa genau das, was mir hier bevorstand! Da fand man also einen der wenigen Menschen, mit dem man sich angeregt über seine Lieblingsserie(n) unterhalten konnte und was war: Dieses Wesen war – eine Frau? – eine Emanze? – eine Feministin? – schlicht unsympathisch? – JA!

      „Ich bedauere es genauso wie Sie, glauben Sie mir!“ Aber vielleicht konnte sich ja alles ändern. Vielleicht konnten wir ja Freunde werden, uns lieben lernen, heiraten, unser erstes Kind Spock nennen und ihm beibringen, wie man eine Augenbraue hob... Vielleicht konnte ich aufhören, so viel zu saufen? Die Chancen dafür standen wesentlich besser! Verliebten sich die gegengeschlechtlichen Partner in den Kriminalfilmen eigentlich ineinander oder hielten sie dieses Spannungsverhältnis aufrecht, damit der Zuschauer auch beim nächsten Mal noch einschaltete, um zu sehen, ob die beiden sich ihre Liebe noch immer nicht gestanden hatten? Schlicht und ergreifend war mir das völlig egal!

      Ohne uns seitdem ineinander verliebt zu haben trafen wir uns am nächsten Morgen zum Dienst. Überraschenderweise lag der Bericht des Gerichtsmediziners bereits vor, es konnte aber auch daran liegen, dass ich mein Limit von 15 Minuten, die ich normalerweise zu spät kam, diesmal überreizte und mit 57 Minuten Verspätung selbst meine eigenen Rekorde in den Schatten stellte. So war es kaum verwunderlich, dass, als ich in mein Büro-oder-wie-immer-man-diese-miese-kleine-schäbige-Kammer-die-ich-jetzt-auch-noch-mit-einer-Partnerin-teilen-musste-nennen-wollte kam, ich meinen Sessel bereits besetzt vorfand.

      „Guten Morgen“, begrüßte ich meine Kollegin Juridike Fischer.

      „Sie sind 57 Minuten zu spät!“ begrüßte mich meine Kollegin Juridike Fischer.

      „Das ist nur fair. Ich wollte Ihnen Gelegenheit geben, sich mit dem Fall auseinanderzusetzen.“

      Sie deutete auf die Mappe. „Gerichtsmedizin. Schlaftabletten.“

      „Aha, was besonderes?“

      „Hmm.“ Sie schüttelte den Kopf. „Vielleicht...“

      Ich begann in dem Bericht zu blättern. „Vielleicht was?“

      „Naja, sie war gegen das Mittel allergisch.“

      „Aha.“ Über den Rand meiner Brille, die ich heute nicht trug, weil ich sie „so schnell“ nicht gefunden hatte, sah ich sie an. „Das ist doch interessant.“

      „Vielleicht hat sie ja gedacht, dass sie bei gewöhnlichen Schlaftabletten nicht sterben würde...“

      „Oder nicht so gut, hmm? Wann machen Arztpraxen gewöhnlich auf?“

      „Keine Ahnung.“

      „Dann rufen Sie doch bitte mal diesen Arzt von unserer Toten an...“

      „Wieso ich?“

      „Sie sitzen an meinem Schreibtisch auf meinem Platz, wäre es da zuviel verlangt, wenn Sie auch meine Arbeit tun würden?“

      „Ja.“

      „Machen Sie es trotzdem!“

      „Hat Ihr Chef nichts dagegen, dass Sie zu spät kommen?“

      „Heute wird er das als reine Feigheit, mich mit Ihnen auseinandersetzen zu müssen auffassen. Für gewöhnlich wäre er nämlich schon hier und würde mir sagen, wie wenig gut er es findet, dass ich zu spät komme.“

      Sie schien nicht überzeugt, aber befriedigt und begann zu wählen, während ich mir die Berichte ansah. Allergie gegen... ich hatte so ein schlechtes Gedächtnis für chemische Verbindungen. Die Spurensicherung hatte, wie erwartet, kein Zeichen für Einruch oder ähnliches gefunden, so blieb uns nur, die Spur des Arztes zu gehen und den Fall abzuschließen. „Pizza...“ murmelte ich, weil mir wieder eingefallen war, dass der Mann der Toten gesagt hatte, sie hätten Pizza zu Mittag gegessen. „Moment...“ Ich blätterte im Bericht des Leichenaufschneiders. Da hatten wir es ja: Peperoni! Scheinbar hatte sie eine ganze Menge davon gegessen. Nun, das war doch etwas, womit man arbeiten konnte. Peperoni...

      „Was murmeln Sie da eigentlich die ganze Zeit vor sich hin?“ wollte Juridike Fischer wissen.

      „Nichts...“ Ich nahm ihr das Telefonbuch aus der Hand. „Sind Sie fertig?“ Sie nickte und ich wählte die Nummer der gerichtsmedizinischen Abteilung.

      „Ja?“

      „Rhode hier.“

      „Ach ja, wenn Sie den wollen, der die Leiche untersucht hat, mit dem sprechen Sie!“

      „Na hervorragend. In Ihrem Bericht steht, dass sich im Körper der Leiche von der letzten Mahlzeit Reste von Peperoni befunden haben.“

      „Ja,


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