Frauenvolle Morde. Martin Cordemann

Frauenvolle Morde - Martin Cordemann


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hochnäsige Göre, herausgeputzt bis zum Gehtnichtmehr, karrieresüchtig, arrogant...“ Er winkte ab. „Ich bin froh, dass sie nicht mehr bei uns ist.“ Er kaute und schluckte. „Was macht sie denn bei euch so?“

      „Nerven!“ Ich zog eine Grimasse. „Sie soll in Partnerarbeit in die Sache eingeführt werden.“

      „Partnerarbeit?“ Horstmann verschluckte sich beinahe vor Lachen. „Wer ist denn der Arme?“

      „Das bin ich!“ murmelte ich. Doch statt ihn zu Tränen zu rühren brach er in lauthalses Gelächter aus. Nach etwa drei Minuten, sein Gesicht war inzwischen blau angelaufen und alle Kollegen musterten ihn mit Misstrauen, verabschiedete ich mich dann und kehrte zurück zu meinem neuen Partner.

      „Hat Ihnen das Essen geschmeckt?“ fragte ich höflich.

      „Ich habe nicht gegessen, ich habe gearbeitet.“

      „Schmeckt Ihnen die Arbeit?“

      „Sehr witzig.“

      „Keiner meiner besten Sprüche, ich geb’s zu. Aaaaalso, solange wir keinen Fall haben, kann ich Sie schwerlich in die Arbeit einweisen...“

      „Ich kenne die Arbeit, ich war auf der Polizeischule. Im Gegensatz zu Ihnen“, fügte sie schnippisch hinzu.

      „Bin eben Quereinsteiger!“

      „Und ich habe mit Auszeichnung bestanden!“ unterstrich sie... was auch immer.

      „Herzlichen Glückwunsch!“

      „Wie Sie Ihre Fälle lösen“, begann sie, denn offensichtlich hatte sie sich endlich dazu entschlossen, mir Honig um den Bart zu schmieren, anstatt sich wie ein personifiziertes unsympathisches Arschloch zu verhalten, das selbst den emanzipiertesten, femininsten Leserinnen inzwischen auf die Nerven gehen müsste. „Lachhaft! Halten Sie nichts von wissenschaftlichen Methoden? Computern? Analysen? Statistiken?“ Ahhh, so lief der Hase also. Computer machen die Arbeit von Menschen. Computer können töten, dann können sie auch Verbrechen aufklären. Was wollte die eigentlich von mir? „Sie haben Ihre Fälle doch nur gelöst, weil Sie Glück hatten!“

      „Ich seh das Problem noch nicht!“

      „Wenn Sie Pech haben, versagen Sie, mein Lieber!“

      „Tun wir das nicht alle?“

      „Nicht, wenn wir wissenschaftlich arbeiten. Da braucht es kein Glück und da gibt es kein Pech.“ Ich lachte auf. „Wenn man Fakten hat, kann man Schlussfolgerungen ziehen.“

      „Eine... eine Frage: Warum gehen Sie mir eigentlich die ganze Zeit auf den Sack? Wollen Sie testen, wie lange es dauert, bis Sie mich zur Weißglut gebracht haben? Oder ist das Ihre Art Hallo zu sagen und sich mit Ihrem neuen Mitarbeiter gut Kind zu machen? Meine Geduld hat in den letzten Jahren rapide abgenommen, und Sie, mein liebes Kind, erschöpfen Sie heute über Gebühr! Ich kann Ihnen also nur raten, freundlich und höflich und zurückhaltend raten, von jetzt an ein bisschen nachzudenken... Ach, was appelliere ich an Ihren Verstand? Perlen vor die...“ Ich war jetzt echt genervt und ließ es auch heraushängen: „Kurz und knapp: Wenn Sie mir weiterhin auf die Nerven gehen kriegen wir beide Probleme miteinander! Und ich würde mich an Ihrer Stelle nicht darauf verlassen, dass ich so unbedarft bin, wie ich auf Sie wirke!“ Meine aufgestauten Aggressionen trafen voll ins Schwarze und sie wurde ein bisschen kleiner. Nicht unbedingt viel, aber immerhin schien sie in Erwägung zu ziehen, dass ich gefährlicher sein könnte, als ich im ersten Moment den Eindruck machte. „Mögen Sie... Mögen Sie Discomusik?“ fragte ich.

      „Ja.“

      Ich seufzte. Es war zum Verzweifeln. Es gab wirklich nichts an diesem Wesen, das irgendwie positiv war, auf dem man eine positive Beziehung hätte aufbauen können. „Okay, ich geb es auf“, murmelte ich und legte meine Füße auf den Schreibtisch, nahm mir mein Buch und harrte irgendwelcher Dinge, die nichts Besseres zu tun haben würden, als einfach mal vorbeizuschauen. Für gewöhnlich passierte nichts. Manchmal kam jemand herein, heute nicht. Nur meine Kollegin, mein Partner, befand sich in meiner Nähe, musterte mich mit kaum verhohlener Abneigung und versuchte, schlauer zu sein als ich.

      Kurz vor Dienstschluss, ich war gerade frohen Mutes aufgestanden, um mich meiner wohlverdienten Ruhe zu nähern, trat Kronzucker nach einem zaghaften Klopfen in mein Büro-das-nicht-nur-keins-war-sondern-nun-auch-nichtmalmehr-meins­, in unser Büro-das-nicht-nur-keins-war-sondern-das-ich-jetzt-mit-einer-der-sympathischsten-Personen-überhaupt-teilen-durfte und meinte, er hätte da was für uns. Wenn er nur etwas für sie gehabt hätte, beispielsweise ihre Versetzung in eine andere Abteilung, wäre ich schon zufrieden gewesen, aber wie es aussah, kam Arbeit auf uns zu.

      „Selbstmord!“ erklärte Kronzucker.

      „Wann?“

      „Heute Nachmittag. Lohmann ist schon da.“

      „Prima.“

      „Fahren Sie beide hin, Lohmann macht dann Dienstschluss.“ Er wandte sich an meine Partnerin. „Es macht Ihnen doch nichts aus, länger zu arbeiten?“

      „Das ist mein Job.“

      „Harry, wann werde ich das mal von Ihnen zu hören bekommen?“

      „Wenn ich pensioniert bin!“ Er reichte mir einen Zettel mit den wichtigsten Informationen, ich reichte ihn meiner Partnerin und bevor sie ihn Kronzucker zurückgeben konnte, befanden wir uns schon auf dem Weg in die Tiefgarage. „Möchten Sie fahren?“

      „Wenn Sie mir nicht zutrauen, dass ich...“

      „Haben Sie einen Führerschein?“

      „Ich...“

      Ich reichte ihr den Wagenschlüssel und sie nahm ihn. „Na also, geht doch.“

      „Sie haben es wohl gerne, wenn Sie von Frauen bedient werden.“

      „Ich seh hier keine Frau! Jedenfalls nichts, was ich mir unter einer Frau vorstelle. Außerdem hätte es, wenn ich es Ihnen nicht angeboten hätte, ja wohl sofort geheißen, ich würde keiner Frau zutrauen, Auto zu fahren. Also fahren Sie, verflucht noch mal!“

      Wir fuhren los. Ich drehte die Beatles (das „Weiße Album“, das die Autodiebe seinerzeit verschmäht hatten, zum Glück!) laut genug auf, um sie zwar zu verstehen, nicht aber den Polizeifunk, was sie mit der Bemerkung: „Scheußliche Musik!“ quittierte. Also tauschte ich die Beatles gegen Frank Zappa aus, denn ich war mir sicher, damit würde sie („Das ist ja noch schlimmer!“) viel mehr anfangen können!

      „Schlaftabletten“, meinte Lohmann und war schon auf dem Sprung.

      „Probleme mit dem Einschlafen, Lohmann?“ erwiderte ich, aber Lohmann schien es mehr nach Hause zu ziehen.

      „Sie hat Schlaftabletten genommen“, erklärte er, „35 Jahre, verheiratet, kein Abschiedsbrief, aber eine Überdosis Schlaftabletten. Selbstmord. Ich hau jetzt ab.“ Sprachs und tats.

      „Schönen Abend noch. Ist hier irgendjemand der Gerichtsmediziner?“

      „Das bin ich“, sagte selbiger, „Harry Rhode, wenn ich nicht irre?“

      „Sie irren nicht!“

      „Wie ich Ihren Kollegen schon gesagt habe, es war voraussichtlich eine Überdosis Schlaftabletten.“ Wir befanden uns inzwischen, was ich zu erwähnen versäumte, im Schlafzimmer der Toten. Auf dem Nachttisch befand sich ein leeres Glas, in dem sich noch Spuren der aufgelösten Schlaftabletten befanden. Das sah sogar ich als Laie. Die Tote lag im Bett, sie trug ihre gewöhnliche Straßenkleidung, jedenfalls trug sie kein Ballkleid oder ein wunderbares schwarzes Negligé mit Rüschen, durch das sich sanft ihre alabasterne Haut erkennen ließ und das ihre perfekte Figur... So etwas jedenfalls nicht! „Sie hat gewartet, bis sich die Schlaftabletten im Wasser aufgelöst haben und hat dann das Gemisch getrunken. Dann wird sie sich hingelegt haben und langsam eingeschlafen sein.“

      „Gut, vielen Dank.“ Das war etwas, das sich selbst der unbegabteste Kriminalschriftsteller noch


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