SAOMAI. June A. Miller

SAOMAI - June A. Miller


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Massage war Teil ihres Medizinstudiums gewesen. Doch Neill ließ sie besser in dem Glauben, eine einfache Masseurin zu sein.

      „Ach und wo ist diese Schule?“, fragte er.

      „Hier in Bangkok. Kennst du den alten Königspalast?“

      „Wat Pho? Da bin ich vor Jahren mal gewesen. Wie alle Touristen, schätze ich“, antwortete Neill.

      „Ja, aber was die wenigsten Touristen wissen, ist, dass der Palast eine renommierte Universität beherbergt. Und eben die Massage-Schule. Das medizinische Wissen von dreitausend Jahren wird dort gelehrt.“

      „Und da bringen sie euch bei, so hart zuzupacken, ja?“, stöhnte Neill erneut auf, als sie eine besonders verspannte Muskelpartie bearbeitete.

      „Wenn du dich nicht so verkrampfen würdest, könntest du es sogar genießen“, entgegnete Saomai amüsiert.

      Sie war froh über die ungezwungene Art, mit der Neill sie vorhin empfangen hatte. Immerhin, nach gestern Nacht! Dennoch fühlte sie sich nicht wohl in ihrer Haut. Ihr war nur allzu klar, was er heute von ihr erwartete und noch immer war sie nicht sicher, ob sie diese Rolle tatsächlich spielen konnte. Auf Befehl einem Mann zur Verfügung stehen – das taten doch nur ‚leichte‘ Mädchen!

      Rasch schob sie den Gedanken beiseite. Eine Weile arbeitete Saomai schweigend vor sich hin. Gekonnt turnte sie auf Neill herum, um ihn zu kneten, zu dehnen und in die tiefliegenden Muskelschichten vorzudringen. Dabei studierte sie ausgiebig seine Anatomie. Arme und Beine waren muskulös, das breite Kreuz verschmälerte sich zur Taille hin zu einem fast perfekten V. Er fühlte sich samtig und gepflegt an. Nicht unattraktiv für sein Alter, musste sie zugeben. Im Vergleich zu ihren olivbraunen Händen war er nur furchtbar blass. Europäer halt.

      Wann immer sich Neill bewegte, traten die Muskeln kraftvoll unter der glatten Haut hervor. Eigentlich ist er sogar ganz schön sexy, dachte Saomai und ein Kribbeln entflammte in ihrer Mitte. Bilder vom Abend zuvor drängten in ihr Bewusstsein. Sie versuchte, sich abzulenken, indem sie das Gespräch wieder aufnahm.

      „Wie bist du nach Bangkok gekommen?“

      Neill drehte den Kopf, um besser sprechen zu können.

      „Ich hab‘Architekur studiert und ging nach dem Studium nach Singapur“, begann er. Als müsste er das näher erklären, setzte er nach: „Die Architektur dort war damals ziemlich neu und beeindruckend. Ist sie eigentlich immer noch.“

      „Ja“, gab ihm Saomai zu verstehen, dass sie wusste, wovon er sprach.

      Sie war oft mit ihrem Vater dort gewesen.

      „Dort verliebte ich mich dann in eine Thailänderin. Sie war die Tochter eines sehr erfolgreichen Architekten hier in Bangkok und überredete mich, für ihren Vater zu arbeiten. Also zog ich nach Bangkok.“

      Er machte eine Pause und Saomai dachte bereits, er hätte seine Geschichte beendet, als er mit Wehmut in der Stimme fortfuhr: „Bei Arun habe ich alles gelernt, was ich über das Bauen weiß.“

      „Und was ist dann passiert?“

      „Die Kurzform? Seine Tochter hat mich betrogen, ich verließ die Firma und gründete meine eigene.“

      „Hm“, machte Saomai. „War es sehr hart?“

      Ihre Frage ließ offen, ob sie die Trennung oder die Gründung seines Unternehmens meinte. Neill wählte letzteres.

      „Ich hatte Glück und startete durch, als hier der große Bauboom losging. Ein paar thailändische Freunde verhalfen mir zu den ersten Grundstücken, die ich ziemlich lukrativ verkaufen konnte. Was ich in Singapur gesehen hatte, entwickelte ich mit thailändischem Einschlag weiter und machte mir mit diesem Baustil schnell einen Namen.“

      „Ein Norweger, der die Architektur Singapurs ins Thailändische übersetzt. Alle Achtung!“, scherzte Saomai.

      „Du weißt, dass ich Norweger bin?“, fragte Neill überrascht.

      Saomai hielt in ihrer Bewegung inne. Ich muss aufpassen, was ich sage! Sie konnte kaum zugeben, dass sie alles über ihn wusste, was in Zeitungen und Internet zu finden war. Daher antwortete sie das Nächstbeste, das ihr einfiel und setzte die Massage mit noch mehr Druck fort.

      „Chandra hat es mir erzählt.“

      „Aha“, presste Neill gequält hervor, schien sich mit der Antwort jedoch zufrieden zu geben.

      „Hast du Angestellte?“, fragte Saomai weiter in dem Ansinnen, das Gespräch irgendwie auf Lamom zu lenken.

      „Ja, ein ganzes Gebäude voll. Zwei Blocks weiter. Ich bin aber nur gelegentlich drüben, arbeite lieber von hier“, gab Neill Auskunft.

      Also doch introvertiert, dachte Saomai, zufrieden mit der Diagnose, die sie ihm in der Sky Bar ausgestellt hatte.

      „Solltest du über Nacht bleiben“, Neill wählte seine Worte offenbar mit Bedacht, denn er zögerte kurz, „wirst du Howard kennenlernen. Meinen Privatsekretär. Er ist meine rechte Hand, denkt an alles, plant meinen Tag…“

      „Ok.“

      Mehr schien Neill über Howard nicht sagen zu wollen und so nahm Saomai den Gesprächsfaden von vorhin wieder auf. „Wie ist das Immobiliengeschäft heute?“

      „Was meinst du?“

      „Na, wie kommst du zum Beispiel an Baugrund?“

      „Dafür habe ich Partner.“

      „Und wo nehmen die ihn her?“

      „Die sind gut vernetzt, kennen Leute, die wieder Leute kennen…“, gab Neill wage zur Antwort.

      …und bringen auch mal jemanden um, der nicht freiwillig verkauft!, vollendete Saomai in Gedanken seinen Satz.

      Bedrückt widmete sie sich einer Muskelverklebung in seiner Schulter. Es entstand eine Pause.

      „Das tut so gut“, raunte er kurz darauf wohlig.

      Diese Stimme!

      Saomai ballte ihre Hände zu Fäusten und strich mit den Knöcheln von Neills Schultern bis zu seinem Hintern. Dort angekommen, ließ sie die Handgelenke rotieren, um die Muskelschicht entlang der Hüftbeuger zu stimulieren. Diesen Vorgang wiederholte sie dreimal. Dann arbeitete sie sich Millimeter um Millimeter seinen Rücken hinauf.

      „Was machst du da nur?“

      Sein Tonfall war Leiden und Genuss zugleich und ließ Saomais Phantasie Pirouetten drehen. Dennoch schaffte sie es, ihm mit sachlicher Stimme zu erklären: „Ich lockere mit den Ellenbogen deine Rippen und biege sie auseinander. So komme ich an die Muskeln, die dich quälen.“

      Beeindruckt hob Neill das Gesicht aus seinem Kissen.

      „Du hast in deinen Ellenbogen mehr Gefühl, als die meisten Masseure in ihren zehn Fingern, weißt du das?“

      Schlagartig setzte das Kribbeln wieder ein. Vielleicht fällt mir die Rolle doch gar nicht so schwer, dachte Saomai. Sie beugte sich vor, brachte ihren Mund an Neills Ohr und flüsterte: „Stell dir nur mal vor, was meine Finger dann erst können!“

      „Uh“, machte Neill und rutschte unruhig auf der Massagebank hin und her.

      Wissend, welche Wirkung ihre Bemerkung gehabt haben musste, gab Saomai die Anweisung: „Umdrehen!“

      Neills Kopf, den er gerade wieder abgelegt hatte, fuhr hoch. Er drehte den Oberkörper, bis er sie ansehen konnte und sagte mit gespielter Entrüstung: „Aber ich bin nackt!“

      Saomai fand langsam Gefallen an diesem Spiel. Sie lächelte süß, entgegnete aber im strengen Tonfall einer Krankenschwester: „Keine Ausreden!“

      Wie ein paar Tage zuvor richtete sich Neill auf, sah langsam an sich herab und zeigte ihr ein breites Grinsen.

      „Oh nein!“, wies Saomai sein Ansinnen zurück, obwohl der Anblick seiner Blöße ihre Glut weiter anfachte. „Eine Thaimassage


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