Harry in love. Christina Masch
sah William zu Isabel herüber. „Verzeihung!“, war alles, was Isabel sagte, ehe sie aus dem Raum rannte und in ihr Zimmer lief.
Just in dem Moment kam Harry aus dem Kinderzimmer heraus und sah Isabel in Tränen aufgelöst in ihrem Zimmer verschwinden. Doch noch bevor sie die Tür schließen konnte, folgte er ihr. „Ist es meine Schuld?“, fragte Harry auch sofort. Isabel, die Harry nicht bemerkt hatte, erschrak und sah ihn apathisch an. „Willst Du wegen mir wieder fort? Das brauchst Du nicht, denn ich gehe! Gleich morgen Früh reise ich ab und ich werde jetzt in mein Zimmer gehen, so dass wir uns nicht mehr über den Weg laufen müssen.“
Isabel stand noch immer wie angewachsen genau vor Harry und starrte ihn an. Mit gebrochener Stimme sagte sie: „Nein, es ist nicht wegen Dir. Ich habe mich gegenüber Prinzessin Jane unmöglich verhalten!“
„Was ist denn passiert?“, fragte Harry ruhig und sah Isabel besorgt in die Augen.
„Sie wollte sich bedanken, dass ich mich um Marybeth kümmere, doch ich bin nicht freiwillig hier: Meine Mutter hat das eingefädelt, weil sie wütend war, dass ich sie belogen habe … Und das ist alles nur Deine Schuld!!!“, rief Isabel nun doch wütend und aufgebracht zugleich aus. „Warum musstest Du auch in mein Leben treten???“
Harry antwortete darauf nichts, trat jedoch einen Schritt näher an Isabel heran. Unweigerlich stiegen Isabel gleich noch mehr Tränen in die Augen. Verzweifelt hämmerte sie dann hilflos mit ihren Fäusten auf Harrys Brust ein.
„Isabel! Beruhige Dich!“, bat Harry und versuchte Herr der Situation zu werden, indem er Isabels Handgelenke ergriff und sie festhielt. Doch Isabel kämpfte weiterhin gegen Harry an.
„Isabel, weder William noch Jane, geschweige denn Marybeth können etwas dafür, dass wir beide ein Problem miteinander haben! Und selbst wenn Deine Mutter dafür verantwortlich ist, dass Du jetzt hier bist, hättest Du sicherlich auch absagen oder Dich verweigern können. Niemand kann Dich zwingen hier zu sein! Aber vorhin, als ich in das Kinderzimmer kam, sah es nicht danach aus, als ob Du Dich gequält hättest …“
„Du hast doch keine Ahnung!“, schrie Isabel und versuchte abermals, Harry ihre Handgelenke zu entziehen.
Doch umso mehr sie zog, umso fester hielt Harry sie fest. „Mag sein, doch eines weiß ich: Meine Nichte hat Dich in ihr Herz geschlossen und sie ist todunglücklich, dass Du sie wieder verlassen willst. Tu der Kleinen das nicht an, denn sie kann definitiv nichts für das ganze Durcheinander und sie ist auch noch viel zu klein, um das Ganze hier zu verstehen! Sie sieht mit ihren kindlichen Augen nur eines: Du bist böse auf sie und damit ist sie gänzlich überfordert.“
„Es tut mir leid!“, kam es völlig kraftlos von Isabel, die aufgehört hatte, sich Harrys Griff zu entziehen.
„Mir tut es auch leid, dass ich Dir eben wehtun musste. Doch bevor ich jetzt Deine Hände wieder freigebe, darf ich da noch eine Bitte äußern? Es geht um Marybeth!“ Isabel nickte, sah jedoch bedrückt zu Boden. „Bitte gehe zu ihr und sage ihr, dass sie nicht schuld daran ist und Du sie weiterhin lieb hast. Mir wollte sie nämlich nicht glauben.“ Leicht verwirrt sah Isabel zu Harry auf. „Danke“, sagte Harry jedoch nur und ging.
Vor Isabels Zimmertür traf Harry prompt auf William, der gerade zu Isabel wollte. Doch Harry schüttelte den Kopf und bat seinen Bruder, wieder mit ihm nach unten zu kommen.
„Wo ist Marybeth?“, fragte William.
„In ihrem Bettchen.“ Stirnrunzelnd sah William Harry überrascht an. Harry grinste. „Ja, ich habe sie dort hingebracht.“
Eine viertel Stunde später klopfte Isabel leise an die Kinderzimmertür an und betrat dann auf Zehenspitzen das Zimmer. Marybeth lag in ihrem Bettchen, hielt einen Teddy fest in ihren Arm gedrückt und sah zum Leuchtbilderhimmel, den die Spieluhr an die Decke projizierte.
„Hallo, kleine Maus“, flüsterte Isabel.
„Tante Bell!“, rief Klein Marie überrascht. „Bist Du noch böse mit mir?“
Isabel lächelte geknickt. „Aber nein, Du kannst doch gar nichts dafür!“
„Bleibst Du jetzt bei mir?“, fragte Marybeth hoffnungsvoll und setzte sich auf. Isabel schluckte. „Bitte, ich bin auch ganz artig! Versprochen!“, flehte Marybeth von Neuem.
„Weißt Du Marybeth, ich weiß nicht, ob das so gut ist …
„Bist Du böse auf meine Mami?“
„Nein.“
„Auf meinen Papi?“, fragte Marybeth weiter. Isabel musste unweigerlich schmunzeln und schüttelte verneinend den Kopf. „Onkel Harry! Hat er Dir wehgetan?“
„Nein, hat er nicht.“
„Und warum weinst Du dann?“
„Ach Schatz! Ich war heute böse zu Deinen Eltern und auch nicht nett zu Dir oder zu Deinem Onkel. Dein Papi hat Dir doch heute erzählt, dass Dein Onkel und ich uns gestritten haben.“ Marybeth nickte bestätigend mit ihrem kleinen Kopf. „Und der Streit war so doll, dass das noch eine Weile dauern wird bis wir uns wieder vertragen. Deine Mami hat aber gehofft, dass wir uns gleich wieder versöhnen. Doch das klappt leider nicht.“
„Willst Du deshalb wieder weg? Find ich aber doof!“, beschwerte sich Marybeth und zog einen Flunsch. Isabel seufzte.
„Liest Du mir was vor?“, fragte Marybeth plötzlich völlig überraschend.
„Eine Gute-Nacht-Geschichte?“, fragte Isabel daher leicht verwirrt. Breit lächelnd nickte Marybeth. „Na gut, dann hole ich mal das Märchenbuch.“
„Kann ich doch holen!“, rief Marybeth und schneller als Isabel gucken konnte war Marybeth auch schon wieder aus ihrem Bettchen gehuscht und zum Bücherregal herübergerannt. Zurück kam sie mit einem ganz alten und dicken Buch, welches sie aufs Bett warf. „Darf ich auf Deinen Schoß?“
„Na, dann komm mal her, kleine Prinzessin!“, sagte Isabel. Sie setzte sich Marybeth auf ihre Knie, drückte ihr ihren Teddy wieder in den Arm und warf dann über Marybeth und sich die Zudecke, damit sich Marybeth nicht erkältete. „Und welche Geschichte soll ich Dir vorlesen?“
„Dornröschen!“
„Was, schon wieder? Die Geschichte kennst Du doch aber schon!“
„Ich will aber trotzdem Dornröschen hören!“
„Also schön, Dornröschen“, ergab sich Isabel.
Während Isabel das Märchen von Dornröschen vorlas, saßen William, Harry und Jane in der Wohnstube und überlegten, wie das hier jetzt weitergehen sollte. Harry wollte zwar noch immer abreisen, doch Jane bestand darauf, dass er blieb.
Als Isabel nach einer Stunde noch immer nicht wieder aus dem oberen Stockwerk nach unten gekommen war, wurde William ein wenig stutzig und er ging nach oben, um nachzusehen. Doch Isabel war nicht, wie angenommen, in ihrem Zimmer. Vorsichtig öffnete er daraufhin Marybeth’ Zimmer. Im dortigen Schaukelstuhl vor dem Kinderbett saß Isabel und schlief und in ihrem Schoss lag Marybeth und schlief ebenfalls.
William schmunzelte. Vorsichtig rief er Isabels Namen, doch sie reagierte nicht. Selbst als er sie zaghaft an der Schulter berührte, reagierte sie nicht. William schüttelte amüsiert den Kopf. Behutsam nahm er seine Tochter von Isabels Schoss und legte sie in ihr Bettchen und deckte sie warm zu.
„Ich hab Dich lieb, Tante Bell“, kam es schlaftrunken von Marybeth, ehe sie sich zur Seite drehte und weiterschlief.
Sofort erwachte Isabel aus ihrem Schlaf und wollte reflexartig Marybeth auf ihrem Schoß festhalten. Als sie merkte, dass diese bereits in ihrem Bettchen lag und William neben ihr stand, wurde sie knallrot. „Verzeihen Sie vielmals, Euer Hoheit.“
„Es ist alles okay. Sie müssen sich nicht entschuldigen“, flüsterte William.
„Doch, für vorhin. Ich weiß nicht, was da in mich gefahren war. Ich …“
„Sprechen Sie