Harry in love. Christina Masch

Harry in love - Christina Masch


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Jane ihren Schwager.

      „Hallo, Jane. Bitte verzeih, dass ich Eure Nachtruhe störe.“

      „Ach, das geht schon in Ordnung; wäre ja nicht das erste Mal …“, sagte Jane leicht süffisant.

      „Ich glaube, es ist besser, wenn ich wieder gehe“, stammelte Harry.

      „Nein, Du bleibst!“, bestimmte William.

      Überrascht sah Jane ihren Mann an. Wenn William Harry seinen Willen aufzwang, dann hatte das schon etwas zu bedeuten. „Was ist los?“, fragte sie daher auch sogleich.

      „Es geht um Miss Canningham“, erklärte William knapp.

      Jane nickte und setzte sich auf die Sessellehne zu ihrem Mann. Sie sah dabei jedoch weiterhin fragend zu Harry. Harry musste unweigerlich schmunzeln. „Ich habe sie heute wiedergetroffen und es verlief nicht ganz so, wie es hätte sein können.“

      „Hast Du sie wieder einmal in die Enge getrieben?“, fragte Jane ernst.

      „Jane!“, rief William entsetzt. Harry sah überrascht in die Runde.

      Nun war es William, der tief und lang anhaltend seufzte. „Nein, Harry hat diesmal gar nichts gemacht, er wurde gleich an der Tür abserviert.“

      „Oh … Ich würde sagen, da wollte Dich jemand nicht sehen“, stellte Jane leichtfertig fest.

      „Danke, Darling, aber so weit waren wir auch schon.“

      „Hach Gott! Ist ja schon gut, ich lass die Herren der Schöpfung wieder allein! Ich dachte nur, ich könnte vielleicht aus der Sicht einer Frau etwas dazu beitragen. – Falls Du Dich, mein lieber Mann, eventuell daran erinnern möchtest, dass es auch bei uns einmal eine Zeit gab, wo ich vor Dir davongerannt bin und Dich am liebsten zum Teufel gejagt hätte?! Gut möglich, dass es der jungen Lady ähnlich ergeht? Oder wie fändest Du es, erst eine ganze Woche von jemandem Dir völlig unbekannten verfolgt zu werden. Und kaum bist Du ihn los, taucht er anscheinend an jeder Straßenecke doch wieder auf!“, warf Jane schnippisch in den Raum, ehe sie sich erhob, um zu gehen.

      Prompt zog William sie wieder auf seinen Schoß. „Entschuldige, Darling. – Ja, Du könntest Recht haben, was Miss Canningham betrifft“, überlegte William.

      Harry fuhr sich verzweifelt mit den Händen durchs Haar. „Und was mache ich jetzt? Oder was kann ich machen, damit Miss Canningham, oder besser gesagt Isabel – so lautet nämlich ihr schöner Vorname – mich doch noch anhört?“

      „Hmmm? Wie wäre es, wenn Du ihr einen Brief schreibst?“, schlug Jane vor. Fragend sahen beide Männer sie an. Jane schmunzelte. „Was? Es wäre eine Möglichkeit, Isabel – ohne dass sie mit Harry persönlich sprechen muss – mitzuteilen, warum, wieso, weshalb er wie gehandelt hat und eben, was ihm daran liegt, noch einmal mit ihr persönlich zu sprechen.“

      „Und was ist, wenn ihr Vater den Brief abfängt?“, fragte Harry ängstlich.

      „Wenn Du den Brief über einen Boten übergeben lässt, der ihn nur ihr persönlich aushändigen darf, denke ich, wird sie ihn auch bekommen. Was sie dann aber damit macht, steht in den Sternen. Doch vielleicht wirft sie ihn ja nicht gleich ungelesen in den Müll und antwortet Dir stattdessen bestenfalls“, erklärte Jane weiter. „Und wenn Du ganz viel Glück hast, schreit Dir als Antwort auch nicht gleich ein großes fettes ‚Nein‘ entgegen.“

      „Wenn doch, dann weißt Du auf jeden Fall, woran Du bist. Und auch, wenn es noch so schmerzlich ist, wirst Du sie dann wohl oder übel vergessen müssen“, setzte William Janes Gedanken fort.

      Harry seufzte, was sich jedoch in ein Gähnen verwandelte.

      „Okay, ich denke, mehr gibt es vorerst dazu nicht zu sagen, und Du, Harry, machst jetzt, dass Du ins Bett kommst! Das Gästezimmer erwartet Dich bereits.“ Damit schloss Jane das nächtliche Gespräch.

      „Jane?“

      „Ja?“

      „Danke“, waren Harrys einfache Worte darauf.

      „Hey, schon gut. Als Gegenleistung erwarte ich jedoch, dass Du übernächsten Samstag Deine Nichte zum Kinderrummel begleitest!“

      William fing prompt an zu lachen, während Harry – sich ergebend – Kopf und Schultern sinken ließ und nickte. Jane strahlte und hauchte ihrem Lieblingsschwager einen Kuss auf die Wange.

      Als Jane am nächsten Morgen von der Toilette kam, es war gerade erst halb sechs, hörte sie ein seltsames Rascheln aus dem Gästezimmer. Vorsichtig öffnete sie die Tür und war überrascht, Harry völlig bekleidet am Sekretär sitzen zu sehen. „Guten Morgen, Harry. Darf ich fragen, was Du da machst?“

      Um Harry herum lagen auf dem Boden und auf dem Schreibtisch jede Menge Papierknäuel. Harry seufzte und warf den Stift auf den Tisch. „Ich versuche einen Brief zu schreiben.“

      „An Miss Canningham?”

      Harry nickte.

      „Und seit wann sitzt Du da schon?“, fragte Jane bereits erahnend.

      „Seit ich den Raum betreten habe.“

      „Aja! Und wie sieht es mit etwas Schlaf aus?“

      Harry musste daraufhin sogleich gähnen.

      „Kaffee?“

      „Hast Du schon welchen fertig?“, fragte Harry überrascht und sah auf seine Armbanduhr.

      Jane lachte. „Nein, aber ich setze welchen auf. Kommst Du mit in die Küche?“ Harry folgte ihr.

      Während der Kaffee durch die Maschine lief, setzte sich Harry auf die Eckbank am Giebelfenster und unterhielt sich leise mit Jane.

      „Schon was auf Papier gebracht oder alles nur Entwürfe?“

      Harry grinste müde. „Mehr oder weniger. Ich schreibe was und verwerfe es dann aber doch gleich wieder. Ich weiß irgendwie nicht, wie und wo ich anfangen soll. Geschweige denn wie ich das, was mir durch den Kopf geht, in Worte fassen soll. Es klingt alles irgendwie so aufgesetzt.“

      „Wie wäre es denn auch erst einmal mit einer Mütze Schlaf, ausgeruht sind Deine Gedanken garantiert geordneter. Falls nicht, schreib doch erst einmal alles nur runter, ohne Punkt und Komma. Erst einmal alles nur heraus aus dem Kopf. Danach kannst Du immer noch sortieren und überlegen, was von dem, was Dir so durch Kopf ging, Du ihr mitteilen willst“, schlug Jane vor.

      „Eigentlich ist mein Problem ja gar nicht das, was ich Isabel schreiben will, sondern immer die Überlegung, was sie auf das ein oder andere erwidern würde“, gestand Harry kleinlaut.

      „Oh, Harry, Dich hat es ganz schön erwischt, was?! Doch nichtsdestotrotz kannst Du nicht beeinflussen, wie Isabel auf Deine Zeilen reagieren wird. Daher sei einfach nur Du selbst: Sei ehrlich zu ihr und vor allem auch zu Dir! Du wirst sehen, wenn sie den Brief liest und Dich verstehen will, wird sie sich schon irgendwie bemerkbar machen.“

      Harry seufzte. Jane schob ihm daraufhin einen großen Pott Kaffee vor die Nase und reichte ihm Briefpapier und Füller. Danach ließ sie Harry allein in der Küche zurück. Harry nahm einen Schluck von dem Kaffee und atmete noch einmal tief durch, ehe er erneut zu Stift und Papier griff und seine Gedanken einfach niederschrieb.

      Drei Stunden später betrat William die Küche und war überrascht, seinen Bruder schlafend am Küchentisch vorzufinden. Vor ihm lagen mehrere beschriebene Blatt Papier. William nahm sich die Freiheit heraus und griff nach den Zetteln und las einen nach dem anderen durch. Nun endlich schien er zu begreifen, was Harry bewegte.

      Die letzten drei Blatt Papier waren dann auch der Brief an Miss Canningham:

      Isabel,

      ich weiß nicht, ob Du bereits nach dem dritten Wort wieder aufgehört hast zu lesen oder ob meine Worte überhaupt bei Dir Gehör finden.

      Ich weiß auch nicht, ob der Brief nicht schon längst durch den Reißwolf gewandert ist oder nur in irgendeiner Ecke


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