Empörung, Revolte, Emotion. Группа авторов

Empörung, Revolte, Emotion - Группа авторов


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Grammatikthema „Aufforderung“ wird im folgenden Unterrichtsvorschlag im kommunikativen Zusammenhang erarbeitet und gemäß einem realitätsbezogenen, handlungsorientierten Unterricht anhand authentischer Materialien in den Blick genommen. Im Sinne eines aufgabenorientierten Fremdsprachenunterrichts sollen neben der Inhaltsdimension die Bedeutung und Funktion der Sprache im Zentrum stehen und die Lernenden als Sprachanwender und potenzielle Diskursteilnehmer gesehen werden. Aufgrund ihres Weltwissens, ihrer bisherigen Sprach- und Lebenserfahrungen verfügen viele Lerner über die Fähigkeit, hintergründige Sprech- und Redeabsichten zu entschlüsseln, und diese Fähigkeit sollte in einem modernen, auf Kommunikation angelegten Fremdsprachenunterricht genutzt und weiterentwickelt werden: Denn Kompetenz in einer (Fremd-)Sprache heißt nicht nur, das Gesagte zu verstehen, sondern auch, das Gemeinte zu erkennen und darauf entsprechend zu reagieren (cf. Nieweler 2006: 167–168). Dabei gilt zu bedenken, dass nicht nur Kalkül, sondern auch (nicht rationale, weniger bewusste, spontane usw.) Emotionen in der Kommunikation eine entscheidende Rolle spielen. Schließlich ist für Emotionen ihr „gefühlter“ Kern charakteristisch – Emotionen spürt man, sie sind keine reinen Gedankeninhalte, es braucht affektives Erleben (cf. Frenzel/Stephens 2017: 20). Hierfür sollten die Lernenden sensibilisiert werden, etwa, indem sie ihre eigenen emotionalen Reaktionen auf bestimmte Äußerungen formulieren (siehe hierzu auch Punkt (2) im Unterrichtsvorschlag).1

      Die Tatsache, dass es keine Eins-zu-eins-Zuordnung von Sprechabsichten zu korrespondierenden Redemitteln gibt, stellt eine potenzielle Schwierigkeit dar, sodass im Unterricht thematisiert werden sollte, dass ein Sprechakt wie die Aufforderung mit mehreren Redemitteln (in unterschiedlicher grammatikalischer Form, z.B. als Aussage, Frage, Imperativ, Infinitiv) wiedergegeben werden kann. Die Lernenden werden so dafür sensibilisiert, dass die Wahl der Redemittel von den Begleitumständen der Äußerung (Kommunikationssituation, sprechende Person, Ort, Zeit, Medium) abhängig ist.2 Mit Blick auf die Lernermotivation sind dabei von Anfang an Zweck und kommunikativer Nutzen der grammatischen Strukturen transparent zu machen – schließlich sollen diese nicht um ihrer selbst willen erlernt werden, sondern einem besseren Verständnis von Diskursen in der Fremdsprache und der Befähigung zu eigenen intentionalen Sprechhandlungen dienen.

      Spracharbeit im aufgabenorientierten Fremdsprachenunterricht

      In der Fremdsprachendidaktik herrscht heute fachübergreifend Konsens, dass im Zeitalter der Kompetenzorientierung grammatikintegrierende Konzepte gefragt sind, die ein kommunikationsorientiertes, funktionales und anwendungsbezogenes, ganzheitliches Lernen fokussieren.1 Der Lehrperson kommt bei der Konzeption entsprechender Einheiten die Aufgabe zu, einen Schwerpunkt auf die für Lernende interessanten Themen und Kommunikationszusammenhänge mit lebensweltlichem Bezug zu legen, denen Redemittel und Grammatikphänomene zugeordnet werden.

      Hieran besonders anschlussfähig ist das ‚task based language learning‘-Konzept, das v.a. darauf abzielt, den konkreten und persönlichen Lebensbezug beim Fremdsprachenlernen durch authentische Aufgaben herzustellen, bei denen Lernende als sie selbst agieren. Obschon kein detaillierter Konsens über die Lernaufgabe besteht, gibt es etliche Übereinstimmungen hinsichtlich ihrer Charakteristika, die hier zusammenfassend genannt werden sollen: lebensweltlicher Bezug, Handlungsorientierung, Komplexität, Outcomeorientierung, Transparenz, Inhaltsorientierung (bei gleichzeitiger Berücksichtigung formaler Aspekte der Sprache), Problemorientierung, Lernerorientierung und Offenheit (cf. Fäcke 2010: 82). Damit unterscheidet sich dieses Aufgabenverständnis deutlich von herkömmlichen Übungsaufgaben (z.B. Einsetzübungen von Verben) im Fremdsprachenunterricht. Authentische Lernaufgaben so zu strukturieren, dass sie adäquat fordern, ist besonders anspruchsvoll, wenn die außerunterrichtliche Realität in ihrer inhaltlichen Komplexität von den Lernern erfasst wird, aber nicht ohne Arbeitseinsatz bzw. unterstützende Unterrichtsarrangements in der Fremdsprache bearbeitet werden kann (Scaffolding).2 Lehrende müssen also für ihre Lerngruppen zielführende Phasen der Einübung grammatischer Strukturen mitdenken, da sie wichtig sind, um sprachliche Merkmale zu üben und zu reflektieren, aber jede Einübung sollte zu einer Anwendung, d.h. zu einer möglichst freien Aufgabe hinführen (cf. Brinitzer et al. 2016: 112). Bei der Konzeption grammatikintegrierender Lernarrangements im aufgaben- und kommunikationsorientierten Fremdsprachenunterricht können die in Teil 3 erwähnten onomasiologischen Grammatiken eine gute Hilfe für die Unterrichtsvorbereitung sein (cf. Engel/Tertel 1993: 64–74, Buscha et al. 1998: 239–294).

      5 Emotionen, (Auf-)Forderungen und Studierende in der Corona-Krise

      Emotionen und Aufforderungen begegnen Lernenden häufig in ihrem analogen Alltag wie auch in der digitalen Welt, in der sie sich heute selbstverständlich bewegen. In akuten Krisenzeiten wie der globalen Corona-Pandemie erfahren sie diese verstärkt auf einer neuen und persönlich bedeutsamen Ebene. Unser aller Leben wird seit Beginn der Pandemie von medial vermittelten Diskursen verschiedenster (politischer, gesellschaftlicher …) Institutionen und Akteure geprägt und es gilt z.B. diversen Forderungen zum Einhalten von Hygienevorschriften Folge zu leisten („Hände waschen“, „Abstand halten“, „Maske tragen“ etc.). Gleichzeitig verbinden sich Aufforderungen, Sozialkontakte zu vermeiden, mit Appellen an den Gemeinsinn; auf Twitter lagen die Hashtags #BleibtZuhause und #SocialDistancingNow im Trend (cf. Pahl 2020: 27). Daneben brechen sich andere Emotionen und Forderungen in Form von Corona-Protesten Bahn, bei denen Menschen ihre Empörung darüber zum Ausdruck bringen wollen, dass die demokratischen Verfahren aus ihrer Perspektive keinen Ort für kritische Stimmen haben.1

      Neben anderen Gesellschaftsgruppen sind es nicht zuletzt Lernende und Studierende selbst, die in der Corona-Krise ihre Stimme erheben und z.B. ihre Forderungen für Bildungsgerechtigkeit und angemessene Lernbedingungen artikulieren. Anfang 2021 gingen in Frankreich zahlreiche Studierende auf die Straße, um die Lehrbedingungen unter Corona anzuprangern und um für eine Gleichbehandlung von Schulen und Hochschulen zu demonstrieren. Sie klagten über psychische und finanzielle Probleme und forderten u.a. die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an Universitäten.2 Auch in deutschen Universitätsstädten gab es Demonstrationen für Hilfen von der Politik. Die immer wieder in der Gesellschaft, aber auch in einzelnen Kursen kundgetane Aussage von Studierenden, dass ihre Lage in der aktuellen Corona-Pandemie nicht ausreichend wahrgenommen werde, bildet den Ausgangspunkt für die nachfolgend skizzierten Lernaufgaben. Sie stellen Ideen vor, um ein zentrales und reales Bedürfnis aus der Lebenswelt der Lernenden, nämlich gehört zu werden und Forderungen zu artikulieren, in den Unterricht hineinzutragen und darauf aufbauend landeskundliches und interkulturelles Lernen rund um den aktuellen Corona-Diskurs mit grammatischem Lernen zu verbinden.

      Forderungen im Diskurs: Ein kompetenzorientierter Unterrichtsvorschlag

      Diesem Lernarrangement für Fortgeschrittene liegt eine Aufgabenprogression zugrunde, bei der die Lernenden sich zunächst mit dem inhaltlich-situativen und sprachlich-kommunikativen Kontext rund um den Corona-Diskurs vertraut machen, bevor sie sprachliche Merkmale emotionaler (Auf-)Forderungen rezipieren, analysieren und schließlich selbst kreativ anwenden.

      Die nachfolgend skizzierte Unterrichtssequenz wurde für Deutschlernende an der Universität entworfen und in allgemeinsprachlichen Kursen mit vorrangig inhaltlichem bzw. landeskundlichem Schwerpunkt durchgeführt.1 Germanistikstudierende belegen daneben oft auch explizit sprachbezogene Grammatikkurse. Ihre Situation unterscheidet sich also vom insgesamt eher integrativ ausgerichteten DaF-Unterricht für Lernende an weiterführenden Schulen in Frankreich.

       (1) Textlektüre + Bildimpuls zum „Unwort“ des Jahres 2020 („Corona-Diktatur“)

       → Fokus: Lesen + Sprechen (Erarbeitung des Kontextwissens – Sprachkritik)

      Ausgehend von einem Brainstorming (Was ist ein „Unwort“? Was könnte das „Unwort des Jahres 2020“ sein?) lesen die Studierenden den Text „Gleich zwei Begriffe zum ‚Unwort des Jahres 2020‘ gekürt“2, recherchieren unbekannte Vokabeln und erschließen den Themenwortschatz (z.B. „systemrelevant“, „Querdenker“ etc.).

      Im Anschluss erklären sie mit ihren Worten, was mit dem Wort „Corona-Diktatur“ gemeint ist und reflektieren,


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