USA. Hannelore Veit
berichtet«, höre ich immer wieder auf »Fox and Friends«, dem Frühstücksfernsehen des konservativen Senders Fox, in das sich Trump selbst manchmal gerne per Telefon zuschaltet. Präsident Trump sei ein guter Verhandler, kein klassischer Politiker. Kapitalismus und freie Marktwirtschaft seien die Antwort auf alles, verkünden da Moderatoren und Experten.
Heimunterricht: Leben in der konservativen Blase
Die Trandems laden mich auch drei Jahre nach meinem ersten Besuch wieder zu sich nach Hause ein. Die Kinder, die inzwischen achtjährige Elsie, der sechsjährige James und die vierjährige Marcella freuen sich auf die Fernsehkameras. Alle drei lernen Klavier spielen. Elsie, die älteste, hat extra für uns ein neues Lied einstudiert.
Lydia unterrichtet die Kinder zu Hause. Das sogenannte Homeschooling ist in den ländlichen Bundesstaaten wie North Dakota nicht so selten. Zwei Millionen Kinder, das sind knapp vier Prozent der Schulpflichtigen, werden von den Eltern zu Hause unterrichtet. Nach Lehrplänen, versteht sich, aber nicht an Schulen. Oft sind es die Entfernungen, die Eltern dazu bringen, ihre Kinder zu Hause zu unterrichten. Lydia und John sagen, sie wollen einfach so viel Zeit wie möglich mit ihren Kindern verbringen, die ohnehin zu schnell erwachsen werden. Sehr oft hört man in konservativen Kreisen auch, dass die öffentlichen Schulen zu liberal seien. Das ist auch für die Trandems ein wesentlicher Beweggrund. »Oft sind die Lehrer und Lehrerinnen ideologisch geprägt, wollen keine Diskussionen oder andere Meinungen. Ganz schnell sind Kinder da isoliert, wenn sie eine andere Meinung haben. Das will ich nicht für meine Kinder. Ich will nicht, dass sie mit ihrem christlichen Weltbild Außenseiter sind.«
Bis zum Highschool-Abschluss, bis 18, will Lydia ihre Kinder unterrichten. Meinen Einwand, dass sie vielleicht nicht genug Kontakt mit Gleichaltrigen hätten, wischt Lydia lachend vom Tisch. »Ich lache, weil ich dieses Argument immer wieder höre. Nein, meine Kinder haben sehr viel Kontakt zu anderen, wir treffen uns einmal in der Woche in unserer Homeschooling-Gemeinschaft, da sind die Kinder in Gruppen mit Gleichaltrigen und haben auch andere Mütter als Lehrerinnen. Wenn der Unterrichtsgegenstand zu schwierig wird, dann gibt es Experten in unserer Gruppe, die die Kinder unterrichten. Wann immer ich mich als Lehrerin meiner eigenen Kinder überfordert fühle, habe ich Unterstützung durch andere. Aber ich kenne meine Kinder besser als jede andere, kann viel mehr auf ihre Bedürfnisse eingehen und ihre Begabungen fördern.«
Externe Tests müssen absolviert werden, sie sichern, dass Kinder, die zu Hause unterrichtet werden, auch die vorgeschriebenen Lernziele erreichen. Noch etwas ist Lydia wichtig: »Meine Kinder sollen ihre Meinung offen sagen können, aber auch andere Standpunkte respektieren.«
Den Dialog, das Verständnis für andere, das vermissen Lydia und John im gegenwärtig so gespaltenen Amerika. Auch wenn sie selbst sehr konservativ sind und ihre Haltung eloquent verteidigen, Platz für andere Meinungen muss sein. »Ich habe viele Bekannte und auch Freunde, die ideologisch ganz woanders stehen als ich«, sagt John. »Das ist gut so. Ich kann ein gewisses Verständnis für sie aufbringen, aber ich muss deswegen nicht meine Meinung ändern.«
Und auch zum Homeschooling hat John, der auf Individualismus setzt und zu viele Vorschriften als Einmischung des Staates in private Angelegenheiten sieht, eine dezidierte Meinung: »In North Dakota finanziert die property tax, die Grund- und Vermögensteuer, zu 60 Prozent das öffentliche Schulsystem. Das ist unfair. Ich schicke meine Kinder nicht in öffentliche Schulen und finanziere ihre Ausbildung selbst, warum soll ich dann so viel property tax zahlen? Da liegt gerade ein Gesetzesvorschlag im Kongress unseres Bundesstaates auf dem Tisch, ich hoffe, er geht durch.«
Fast schon im Weggehen frage ich ihn noch kurz, was er vom Impeachment-Prozess gegen Präsident Trump hält. »Ein Scherz«, sagt John, »das wollten die Demokraten von Tag Eins an.«
Unverbrüchliche Treue
Nachdem in den USA im Jahr 2020 eine Krise die andere jagt (und eine dritte Reise nach Fargo wohl doch übertrieben wäre), setzen John und ich unsere Konversation über E-Mails fort, in mehreren Etappen.
Die Corona-Krise hat Spuren hinterlassen. »Stay at home«, zu Hause bleiben, hat es überall geheißen. Auch hier in den USA waren Schulen geschlossen, nur die notwendigsten Geschäfte durften offenhalten, in vielen Bundesstaaten galten die Einschränkungen bis weit in den Juni hinein.
Johns Autowerkstatt hat, wie alle Kleinunternehmen in diesem Land, Einbußen hinnehmen müssen. Doch es geht wieder aufwärts. Zu seinem Präsidenten steht er nach wie vor, auch zu dessen Krisenmanagement, das auf viele dilettantisch gewirkt hat und von der Bevölkerung mehrheitlich als unzulänglich empfunden wurde. »Trumps frühzeitiges Einreiseverbot aus China wurde als rassistisch und xenophob kritisiert, im Nachhinein haben die, die zuerst kritisierten, gesagt, er habe nicht genug getan. Ich bin überzeugt, Präsident Trump hat das Bestmögliche getan in einer sich ständig ändernden Situation. Er hat nicht unbedingt alles richtig gemacht, aber er hat nicht gezögert, die Führungsrolle zu übernehmen, in Situationen, in denen andere zuerst das politische Fahrwasser ausgelotet hätten. Er ist ein Macher.«
Und: »Die Corona-Krise hat meine Haltung zum Präsidenten nicht verändert, aber sie hat gezeigt, wie opportunistisch seine Gegner sind: nur darauf aus, den Präsidenten zu Fall zu bringen. Sie denken nicht an die Amerikaner, die unter der Krise leiden, oder daran, was die Wirtschaft braucht. Sie sind nur darauf aus, ihre eigenen Ziele zu verfolgen – das sollte objektiv denkenden Menschen wirklich die Augen öffnen.«
Dass Trump auf dem Höhepunkt der Pandemie oft Wissenschaftlern widersprochen hat oder Hydroxychloroquin aus reinem Bauchgefühl heraus und ohne wissenschaftliche Grundlage als Medikament empfohlen hat, darüber sieht John hinweg. »Wenn der Präsident etwas besser gemacht haben könnte, dann: nicht so viel Vorsicht walten lassen.«
Die Wirtschafts-Ankurbelungsprogramme – 1200 Dollar per Scheck oder Prepaid Card für jeden Steuerzahler, Überbrückungshilfe für Kleinunternehmen – waren für John Trandems Geschmack zu viel des Guten. »Ich wette, wäre das nicht ein Wahljahr, wären die Geldgeschenke magerer ausgefallen.«
Die Corona-Pandemie war noch nicht vorbei, da brach die nächste Krise über das Land herein. Ein brutaler Mord, man kann es nicht anders nennen, begangen durch einen Polizisten an dem Afroamerikaner George Floyd in Minneapolis. Massenproteste gegen den in den USA systemimmanenten Rassismus und gegen Polizeigewalt waren die Folge. Der Präsident meldete sich zu Wort, aber nicht, um an Einigkeit und Zusammengehörigkeit zu appellieren, sondern um sich für Law and Order, Recht und Ordnung, stark zu machen und um mit dem Einsatz von Truppen gegen Demonstranten zu drohen.
Der Präsident habe sich bei den Protesten in seiner Rhetorik zurückgehalten – »oddly«, ungewöhnlich für ihn, findet John, doch es sei richtig gewesen: »Proteste sind Sache der lokalen Behörden. Hier in Fargo hat die Polizei gute Arbeit geleistet und versucht, einen Dialog mit den Demonstranten aufzubauen.« Dass die Medien Trump kritisieren, überrascht John nicht, »die Mainstream-Medien sind seine Gegner«.
Könnte die Wiederwahl Trumps nach diesem turbulenten ersten Halbjahr 2020 gefährdet sein? »Es fällt mir schwer zu glauben, dass die Demokraten angesichts einer fehlenden Vision, eines schwachen Kandidaten und einer schwächelnden Wirtschaft gegen Trump bestehen können. Unter Trump hatten wir ein noch nie dagewesenes Wirtschaftswachstum und eine extrem niedrige Arbeitslosigkeit. Dank ihm sind wir halbwegs gut aus der Corona-Krise herauskommen. Die Börsen steigen wieder. Gegen Trump zu sein ist keine Plattform, mit der die Demokraten gewinnen können.«
Was hält John Trandem von Joe Biden, will ich wissen, dem auch durchaus wohlmeinende Beobachter vorwerfen, ständig ins Fettnäpfchen zu treten und des Öfteren seine eigenen Statements geraderücken zu müssen? »Ein schrecklicher Kandidat, der genau das verkörpert, was die Linke Präsident Trump vorhält: Er ist ein Lügner. Biden ist ein Rezept für Peinlichkeit und Versagen – die Linken werden das erst erkennen, wenn es zu spät ist.«
Es ist mehr oder weniger pro forma, dass ich John Trandem noch einmal die Frage stelle: Wen wird er wählen?
»Mit gutem Gewissen Donald Trump«,