USA. Hannelore Veit

USA - Hannelore Veit


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in eine Halle hinter der Werkstatt: An die 20 amerikanische Schlitten aus den 1960er und 1970er Jahren stehen da, alle liebevoll restauriert. John ist auf Lincolns spezialisiert. »Das ist ein 1978er Lincoln Continental Mark 5, Diamond Jubilee Edition, in lindgrüner Speziallackierung«, erklärt er mir und hebt die Stoffhülle, die das Auto vor Staub schützt. Manche der Autos tragen die Initialen der Erstbesitzer, es sind Spezialanfertigungen, wunderschön, aber für Reisen durch das Land ungeeignet. »Sie sind Benzinfresser, das geht ins Geld«, muss John eingestehen. Er nützt seine Sammlung für Ausflüge mit gleichgesinnten Freunden. »Cruise nights« nennen sie das. Wenn ein Kunde sich in einen seiner Oldtimer verliebt, dann verkauft John sie auch – zwischen 3000 und 10 000 Dollar kosten die meisten Autos, an einer kleinen Tafel in der Werkstatt sind die Kaufpreise angeschrieben. Aus gutem Grund fast versteckt: Am liebsten behält John die Autos selbst.

       Delegierter 1237

      Kommen wir noch einmal zurück zu Donald Trump. John ist Republikaner, und nicht nur das: Er ist in der Republikanischen Partei in North Dakota engagiert.

      »Haben Sie gewusst, dass ich Mister 1237 bin?«, fragt er mich. Als ich ihn fragend anschaue, lächelt er verschmitzt. »Ich war der Delegierte, der Trump 2016 die Nominierung sichergestellt hat«, sagt er stolz und erzählt mir die Geschichte.

      Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) wollte wie viele andere amerikanische Medien die erste sein, die ankündigt, dass Trump die für die Nominierung nötige Zahl der Delegierten hinter sich hat. 1237 Delegiertenstimmen musste Trump erreichen, um in den Vorwahlen von keinem anderen republikanischen Kandidaten mehr übertrumpft werden zu können. Also startete die AP Ende Mai 2016 einen Telefon-Rundruf und landete bei John, der gerade mit einem anderen Delegierten auf dem Weg zu einer Veranstaltung war. »Wie viele Stimmen haben sie schon?, habe ich den Reporter gefragt. 1235 war seine Antwort. Fragen Sie doch zuerst Ben Koppleman, er ist mein Beifahrer«, erzählt John. Der AP-Reporter tut es, Koppleman bestätigt: Er wird für Trump stimmen. »Haben Sie jetzt 1236 Stimmen für Trump? Dann fragen Sie mich nochmal! Now I’m your guy!« Johns Stimme war damit die 1237ste für Donald Trump, die Stimme, die ihm auf dem Parteitag die Kür zum Präsidentschaftskandidaten garantiert hat. Für die Medien war John ab diesem Zeitpunkt Mister 1237. Beim Parteikonvent in Cleveland ein paar Monate später, im Sommer 2016, war John dann auch Mitglied der Delegation aus North Dakota – die Delegation aus dem kleinen und eher unwichtigen Bundesstaat hatte einen Ehrenplatz in der Versammlung, weil, wie es im US-Politjargon heißt, »they carried Trump over the top«, sie haben ihm die Nominierung gesichert.

       Trump-Fan auch drei Jahre später

      John ist ein Trumper der ersten Stunde. Aber hat Trump in seiner Amtszeit gehalten, was er versprochen hat? Im Vorwahlkampf 2020 fliege ich noch einmal nach Fargo. Drei Jahre Trump, drei Jahre Populismus mit erratischer Außenpolitik, mit nicht eingehaltenen Versprechen und einem Image im Ausland, das zwischen Showman auf Ego-Trip und gefährlichem starkem Mann schwankt.

      Es ist Jänner und ich erfahre, was Winter im nördlichen Mittleren Westen wirklich heißt. Der Tag ist sonnig und strahlend schön, aber klirrend kalt – minus 29 Grad Celsius zeigt das Thermometer. Der Red River ist zugefroren, im Landeanflug auf Fargo als Fluss nur zu erkennen, weil sich ein weißes Band in Mäandern durch die Stadt schlingt. Schneefahrbahnen gibt es auch im Stadtzentrum. Fußgänger sieht man kaum – wenn, dann gleichen sie dick vermummten Michelin-Männchen. Ihre Autos lassen die Fargoans laufen, wenn sie Besorgungen erledigen – und sie parken möglichst direkt vor der Tür. Jeder Schritt weniger zählt.

      In Johns Werkstatt warten mehrere Kunden auf ihre Autos. Winter ist Hochsaison. Zeit für ein Gespräch über Politik hat John Trandem aber immer.

      Wenig überraschend fällt die Bilanz nach drei Jahren Trump für John positiv aus. »Trump hat eine Steuerreform durchgesetzt, die hat fast allen etwas gebracht. Und ich bin sehr zufrieden, dass er Obamacare weitgehend entschärft hat«, sagt John und bringt Beispiele, warum Obamacare schlecht war: »Wir hatten eine Krankenversicherung, bevor Obamacare Gesetz wurde, wir haben etwas mehr als 400 Dollar Prämie im Monat gezahlt, der Selbstbehalt lag bei 6000 Dollar. Obama hat versprochen, dass jede Familie 2500 Dollar im Jahr sparen würde, dass wir unsere Ärzte und auch unsere Krankenversicherung behalten könnten. Eine Lüge. Es hat nicht lange gedauert, dann gab es unsere Krankenversicherung nicht mehr. Sie haben uns eine andere angeboten: Die Prämie war dreimal so hoch, der Selbstbehalt war viermal so hoch. Also waren wir acht Jahre lang gar nicht versichert. Wir haben uns dann einer christlichen Selbstversicherungsgruppe angeschlossen. Ich hatte eine Operation, die war gedeckt, die Hebamme für meine Frau ebenfalls. Das funktioniert für uns und unsere Selbstversicherung ist auch staatlich anerkannt. Aber bei Verwandten von mir ist das anders. Sie waren früher versichert. Die Prämien waren mit Obamacare plötzlich sehr viel höher, sie konnten sich die Versicherung nicht mehr leisten. Um einen Zuschuss zu erhalten, haben sie ein bisschen zu viel verdient. Weil sie keine Versicherung hatten und sich keine leisten konnten, mussten sie – weil Obamacare das so vorschrieb – fast 2000 Dollar im Jahr Strafe zahlen. Das ist unfair. Damit hätten sie Arztrechnungen bezahlen können. Das hat viele in meinem Bekanntenkreis getroffen.«

      Obamacare hat zwar für Millionen Amerikaner eine Krankenversicherung überhaupt erst möglich gemacht – für Arbeitslose, Menschen mit schlecht bezahlten Jobs oder Menschen mit bereits bestehenden Krankheiten, aber Obamas Gesundheitsreform hat sich eben nicht für alle gleich ausgewirkt. John und seine Bekannten zählen zu den Verlierern.

      Johns Lieblingsthema ist aber die Wirtschaft. »Business is great. Alles läuft bestens«, strahlt John. »Mit meiner Werkstatt verdiene ich so gut wie nie zuvor, die Kunden geben mehr Geld aus, sie kaufen neue Autos. Wir besitzen ein paar Wohnungen, die wir vermieten, keine einzige steht frei, wir haben keine Mietausfälle. Und unsere Mieter sind keine Großverdiener, sie kommen aus den unteren Einkommensschichten.« Aber John will fair bleiben und gibt zu, dass nicht alles auf Trumps Wirtschaftspolitik allein zurückzuführen ist.

      Wie viele Amerikaner legt John Geld an der Börse an, als Zukunftsvorsorge in einem Land, in dem Pensionsvorsorge in erster Linie der Eigeninitiative überlassen bleibt. Die Märkte sind unter Trump nach oben geklettert. Nicht an Trumps Wahlsieg zu glauben, war ein Fehler, sagt John heute: »Weil ich nicht sicher war, ob Trump oder Hillary die Wahl gewinnen und wie die Märkte reagieren würden, bin ich in sichere Anlageprodukte umgestiegen. Das hätte ich nicht tun sollen. Trump ist gewählt worden und die Aktien sind nach oben geschnellt.« Er lächelt spitzbübisch. Von den sicheren Produkten ist John Trandem längst wieder auf risikoreiche Anlageprodukte umgestiegen.

      Und noch etwas, fast hätte John es vergessen. Auch die Richterbestellungen Trumps findet er extrem positiv: die große Anzahl von Bundesrichtern, die Trump in den letzten drei Jahren nominiert hat, und vor allem die zwei konservativen Richter am Obersten Gerichtshof, Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh, wie alle Obersten Richter auf Lebenszeit nominiert und damit für vermutlich die nächsten Jahrzehnte Garanten für eine konservative Auslegung der Gesetze. »Das ist ermutigend«, sagt John, »die Gerichte sollten sich an die Verfassung und die Gesetze halten und nicht gesellschaftspolitische Entscheidungen treffen, wie sie das mit der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare getan haben. Der Begriff Ehe ist ohnehin falsch, eine Ehe kann es nur zwischen Mann und Frau geben, das steht so geschrieben, das ist gottgegeben.«

      Auch was Trumps Außenpolitik betrifft, die die Welt als sprunghaft und unberechenbar ansieht, ist John ganz auf der Seite des US-Präsidenten. »Er macht das, was wir seit Jahren und Jahrzehnten verabsäumt haben. China hat er gezeigt, dass wir uns nicht über den Tisch ziehen lassen. Mit Mexiko und Kanada hat Trump ein neues und besseres Freihandelsabkommen verhandelt. Er hat da sogar die Demokraten mit an Bord bekommen. Mit dem Schlag gegen den iranischen General Soleimani im Jänner 2020 hat er gezeigt, dass er gegenüber dem Iran entschieden auftritt. Das ist gut. Das ist man im Ausland nicht mehr gewöhnt. Trumps Nordkoreapolitik kann man kritisieren, aber wenigstens tut er etwas – nicht wie seine Vorgänger, die nichts getan haben. Mit einem Verrückten wie Kim Jong-un umzugehen, ist schwierig. Aber wir zeigen Stärke und sind gleichzeitig bereit zu verhandeln.«

      Johns


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