Kommunales Abgabenrecht Nordrhein-Westfalen. Andreas Wagener
Anzahl der Hunde zu schätzen.
Zu 2.: Herr Meier ist u. a. nach der örtlichen Hundesteuersatzung verpflichtet, die Anzahl der Hunde, ggf. deren Rassen, die gehalten werden, mitzuteilen, ebenso die Beendigung der Hundehaltung (z. B. durch Tod, Verkauf oder Verschenken des Hundes). Sollte er also wieder einen oder mehrere Hunde besitzen, hätte er dieses der Stadt S. mitteilen müssen.
2.4 FESTSETZUNG VON ABGABEN – ABGABENBESCHEIDE
Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens werden die Abgaben durch Bescheid festgesetzt. Die Schriftform ist nach § 155 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b KAG vorgeschrieben. Die Definition des Verwaltungsaktes (im Abgabenrecht: § 118 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG) stimmt inhaltlich mit § 35 VwVfG überein. Nach § 155 Abs. 3 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b KAG sind zusammengefasste Bescheide an Gesamtschuldner möglich. Der Bescheid stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar und ist die rechtliche Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Abgabenverhältnis, § 218 Abs. 1 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a KAG.
Wesentliche Inhalte eines Abgabenbescheides sind:
•Briefkopf (erlassende Behörde, Facheinheit, Ansprechpartner/in),
•Adressat (= Abgabepflichtige/r),
•Datum des Bescheides,
•Überschrift (Art der Abgabe),
•Kassenzeichen (wichtig für Überweisungen bzw. Lastschriften),
•Bemessungsgrundlage (z. B. Anzahl der Hunde, Anzahl und Art der Abfallbehälter, Wasserverbrauch nach cbm, versiegelte Fläche),
•Hebesatz (bei der Grundsteuer oder Gewerbesteuer), Steuersatz (z. B. bei der Hundesteuer), Gebührensatz (z. B. bei der Abfall- oder Abwassergebühr),
•Höhe der zu zahlenden Abgabe (Produkt aus Bemessungsgrundlage und Abgabensatz),
•Erhebungs- bzw. Bezugszeitraum (z. B. das aktuelle Jahr oder Nachzahlung für das Vorjahr),
•Fälligkeiten der Zahlungen,
•Angabe der Rechtsgrundlagen und ggf. ergänzende Erläuterungen,
•Rechtsbehelfsbelehrung und
•die Bankverbindung(-en) der Behörde.
Praktischer Hinweis: Schauen Sie sich verschiedene Bescheide z. B. zur Hundesteuer, zu Grundbesitzabgaben oder Vergnügungsteuer an und überprüfen diese anhand der jeweiligen Rechtsnormen (z. B. GrdStG, Satzungen) und der obigen Inhaltsangabe auf Vollständigkeit und Richtigkeit.
Während der Abgabenbescheid Rechtswirkung nach außen entfaltet, ist es zur Verfolgung der Ansprüche verwaltungsintern erforderlich, dass die Forderungen schnellstmöglich gebucht werden. Gemäß § 23 Abs. 4 KomHVO sind die der Kommune zustehenden Forderungen vollständig zu erfassen und durchzusetzen. Die Buchungen erfolgen entweder automatisiert über eine entsprechende Fachsoftware oder manuell durch die Erstellung von Annahmeanordnungen oder gleichartigen Kontierungsbelegen und anschließender Buchung durch die Finanzbuchhaltung. Unterlassene oder verspätete Buchungen führen dazu, dass Einzahlungen nicht oder nur mit erhöhtem Verwaltungsaufwand zugeordnet werden können. Darüber hinaus ist die gebuchte Forderung die (praktische) Grundlage für das Mahn- und Vollstreckungsverfahren, sofern der Abgabenschuldner seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt.
2.5 SONDERMASSNAHMEN DER ERHEBUNG
Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen ist der Abgabenbescheid, vgl. § 218 Abs. 1 AO. Die festgesetzten Abgaben sind zu den angegebenen bzw. vorgeschriebenen Fälligkeitsterminen zu entrichten, § 220 Abs. 1 AO.
Es kommt jedoch vor, dass der Schuldner die Abgabe nicht entrichten kann. Beispiele hierfür können sein:
•Es wird eine hohe Gewerbesteuernachzahlung festgesetzt, die nicht in einer Summe beglichen werden kann.
•Der Schuldner ist arbeitslos geworden und nicht in der Lage, die Abgabenschuld zu zahlen.
In derartigen Fällen kann ein Antrag auf Stundung der Abgabe gestellt werden. Nach § 222 AO können die Finanzbehörden9 Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung soll in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung gewährt werden.
Bei einer Stundung werden die Fälligkeiten verändert, d. h., in die Zukunft hinausgeschoben, die eigentliche Abgabenforderung bleibt aber buchhalterisch unverändert bestehen.
Sofern Stundungsanträge genehmigt werden, werden Stundungszinsen gesondert erhoben, vgl. § 234 AO. Ein vollständiger oder teilweiser Verzicht ist eventuell nach § 234 Abs. 2 AO möglich. Die Stundungszinsen werden durch Verwaltungsakt festgesetzt, in der Praxis vielfach zusammen mit dem Stundungsbescheid. Die Höhe der Stundungszinsen beträgt 0,5 % pro Monat, also 6 % pro Jahr, vgl. § 238 AO.
Sofern die Verwirklichung des Abgabenanspruchs nicht möglich ist, darf die Forderung befristet oder unbefristet niedergeschlagen werden. Bei der Niederschlagung gemäß § 261 AO (i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 6 lit. b KAG sowie § 27 Abs. 2 KomHVO) handelt es sich nur um eine verwaltungsinterne Maßnahme; sie verhindert nicht das Entstehen von Säumniszuschlägen. Deren Höhe beträgt 1 % monatlich auf den abgerundeten, rückständigen Steuerbetrag, somit 12 % pro Jahr, vgl. § 240 AO.
Eine weitere Maßnahme ist der teilweise oder vollständige Erlass von Forderungen (§ 227 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a KAG, § 27 Abs. 3 KomHVO). Der Erlass hat Außenwirkung und führt zu einem Verzicht der Behörde auf die Erhebung der Abgabenschuld. Nach § 227 AO muss die Einziehung der Abgabe für den Schuldner nach Lage des Einzelfalles unbillig sein; gemäß § 27 Abs. 3 KomHVO muss sie eine besondere Härte bedeuten.
Beispiel:
Die 85-jährige Rentnerin R. verfügt über ein Hausgrundstück. Aufgrund einer angrenzenden Neubaumaßnahme erhebt die Stadt Erschließungsbeiträge, darunter von R. 10.000 €. Wegen der geringen Rente werden ihr die Beiträge gestundet, sodass sie monatlich 250 € an Erschließungsbeiträgen entrichtet. Zusätzlich wären Stundungszinsen zu erheben, auf deren Festsetzung wegen der Besonderheit des Einzelfalles aber nach Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse verzichtet wird.
Unabhängig von den vorgenannten Maßnahmen können Verspätungszuschläge gemäß § 152 AO gefordert werden. Diese richten sich gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht (fristgemäß) nachkommt; die Erhebung ist ins Ermessen der Behörde gestellt.
8Hierbei ist zu beachten, dass über die AO und die örtliche Satzung Art. 13 GG – Unverletzlichkeit der Wohnung – eingeschränkt wird.
9Und ebenso Gemeinden und Gemeindeverbände gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG sowie § 27 Abs. 1 KomHVO
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