Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet. Timo Handel
f. Veranstaltungsseiten
Mit der ebenfalls häufig anzutreffenden Möglichkeit, Veranstaltungen in das soziale Netzwerk einzustellen, können Nutzer, die z.B. eine Geburtstagsfeier planen, aber auch kommerzielle Veranstalter zu ihren Veranstaltungen einladen. Die Veranstaltung kann für alle Nutzer des sozialen Netzwerks offenstehen140 oder aber eine ausdrückliche Einladung voraussetzen.
Auf der Seite können die Nutzer mit dem Veranstalter und anderen Teilnehmern in Verbindung treten und der Veranstalter kann weitere Informationen zu seiner Veranstaltung kundgeben.
g. Orte und Bewertungsmöglichkeiten
Zum Teil können im Rahmen der Statusmitteilung auch Orte, z.B. ein Restaurant, angegeben werden, an denen man sich aktuell aufhält. Der Betreiber/Inhaber des Ortes, also z.B. des Restaurants, hat die Möglichkeit, diesen im Rahmen des sozialen Netzwerks zu verwalten und Informationen einzustellen. Aber auch die Nutzer des sozialen Netzwerks können Informationen zu dem jeweiligen Ort eingeben und dafür sorgen, dass immer mehr Orte erfasst werden. In diesem Zusammenhang besteht regelmäßig auch die Möglichkeit, dass der Nutzer seinen Besuch des Ortes bewertet.
h. Unternehmens- und Fan-Seiten bzw. Fanpages
Verschiedentlich bieten soziale Netzwerke z.B. Unternehmen und Parteien, aber auch Personen des öffentlichen Lebens (z.B. Musiker und Bands, Sportler, Schauspieler, Politiker etc.) die Möglichkeit, eigene Seiten, sog. Fan-Seiten, zu betreiben. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie anders als Nutzerprofile keine Freundesliste bzw. Kontaktliste besitzen, sondern sich die Nutzer vielmehr durch einen einfachen Klick mit der jeweiligen Seite verbinden, ihr damit folgen und kundtun können, dass ihnen das Unternehmen oder die Person des öffentlichen Lebens gefällt, sie ein Fan von ihm/ihr sind. Die Nutzer, die einer solchen Fan-Seite folgen, nennt man Follower.
Mit der Seite kann der jeweilige Betreiber, z.B. durch das Verbreiten von Textbeiträgen, Fotos und Videos, mit den Nutzern des sozialen Netzwerks in Kontakt treten und für sich selbst oder seine Produkte werben.141 Die Seite ermöglicht ihrem Betreiber damit die Kommunikation mit den Nutzern und insbesondere Followern auf breiter Ebene.142 Daneben können die Nutzer regelmäßig auch Beiträge an die Seite „posten“ oder dem Betreiber private Nachrichten senden und mit ihm in Kontakt treten. Die öffentlichen Beiträge des Seitenbetreibers, aber auch der Nutzer können wiederum kommentiert, geteilt und mit „Gefällt mir“ markiert werden.
Der Betreiber der Seite kann grundsätzlich festlegen, ob er Nutzerbeiträge vor ihrem Erscheinen zunächst überprüfen und aktiv freigeben möchte oder nicht. Zudem kann er Nutzerbeiträge entfernen und einzelne Nutzer von der Nutzung der Seite ausschließen.143 Hierfür kann er einzelne Nutzer mit bestimmten Rechten ausstatten und sie – ähnlich wie bei Gruppen – zu Administratoren und Moderatoren der Seite machen.
i. News Feed
Daneben besitzen soziale Netzwerke regelmäßig einen sog. News Feed, der nicht selten die Startseite des sozialen Netzwerks darstellt. In dem News Feed werden insbesondere durch einen Algorithmus bestimmte Inhalte dargestellt, die z.B. kürzlich durch andere Nutzer in das soziale Netzwerk, sei es deren Nutzerprofil, eine Gruppe etc., eingestellt wurden. Dabei muss es sich nicht nur um Inhalte von Nutzern handeln, denen gefolgt wird, sondern es können auch Inhalte von Dritten durch das soziale Netzwerk empfohlen werden, z.B. aufgrund der ermittelten Interessen. Der News Feed gibt damit einen Überblick über das, was in dem sozialen Netzwerk geschieht und welche Inhalte eingestellt und geteilt wurden.
j. Suchfunktion
Mittels einer regelmäßig gegebenen Suchfunktion können Nutzer eines sozialen Netzwerks zudem gezielt nach Inhalten suchen, wie z.B. Beiträgen anderer Nutzer, Gruppen, Unternehmens- und Fan-Seiten etc. Die Suchfunktion dient aber auch der weiteren Vernetzung und damit der sozialen Interaktion der Nutzer miteinander, indem über sie andere Nutzer des sozialen Netzwerks gesucht und gefunden werden können.
2. Soziale Netzwerke als Querschnitt verschiedener Online-Angebote
Soziale Netzwerke beinhalten mit den vorgenannten und noch vielen weiteren Funktionen eine Vielzahl der Funktionen verschiedener klassischer Internetangebote. Sie können bspw. Elemente und Funktionen von Fotoplattformen, Videoplattformen, Internet- bzw. Meinungsforen, Bewertungsplattformen, Dating-Angeboten und vielem mehr besitzen. Soziale Netzwerke stellen damit einen Querschnitt bzw. eine Kombination verschiedener solcher Internetangebote dar.144 Wiederum finden sich damit innerhalb dieser Internetangebote verschiedene Elemente sozialer Netzwerke, die den aufgezählten, aber auch anderen Angeboten ebenfalls eine soziale Komponente zukommen lassen und sie zu sozialen Netzwerken i.S.d. Legaldefinition machen können.145
Der Schwerpunkt von sozialen Netzwerken liegt auf der sog. Online-Community bzw. Netzgemeinschaft. Soziale Netzwerke sind gerade eine „Netzwerkgemeinschaft im Internet“.146 Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie grundsätzlich keine eigenen Inhalte, sondern nur sog. User Generated Content, also von den Nutzern selbst erstellte Inhalte, bereithalten und eine Plattform zur Verfügung stellen, mittels derer die Nutzer sich untereinander austauschen, in Kontakt treten und miteinander agieren können,147 indem sich die Nutzer miteinander verbinden bzw. vernetzen und eigene Inhalte (z.B. Texte, Bilder, Filme und Musik) in die Plattform einstellen sowie Inhalte anderer Nutzer teilen, kommentieren etc.148 In erster Linie dienen sie damit der sozialen Interaktion der Nutzer untereinander.149
Dies spiegelt sich in den dargestellten typischen Funktionen wider, die einzeln und in Kombination auf die Verbreitung von Nutzerinhalten und die Interaktion der Nutzer mit diesen Inhalten und damit untereinander gerichtet sind. Die Funktionen zielen gerade darauf ab, dass Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 NetzDG teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen. Sie dienen damit gerade der Bestimmung sozialer Netzwerke nach der Legaldefinition des NetzDG.
III. Facebook, Instagram, Twitter, YouTube und Co.
Die großen und besonders bekannten Angebote wie Facebook, Instagram, Twitter150 und YouTube sind soziale Netzwerke i.S.d. gesetzlichen Definition, aber auch nach den tatsächlichen Anschauungen bzw. Funktionen, die sie bieten. Gleiches gilt für die Business-Netzwerke LinkedIn und Xing.
Auch wenn diese Angebote sich zum Teil auf bestimmte Inhaltskategorien konzentrieren, wie z.B. die Verbreitung von Fotos (Instagram), Kurznachrichten (Twitter), Videos (YouTube) oder geschäftliche bzw. berufliche Inhalte (LinkedIn und Xing), wohnt ihnen jeweils eine bedeutende soziale Komponente inne. So können andere Nutzer auf die jeweils eingestellten Inhalte reagieren und diese z.B. kommentieren. Auch können Nutzer anderen Nutzern „folgen“ und damit bewirken, dass ihnen (neue) Inhalte des Nutzers, dem sie „folgen“, im Rahmen des Angebots bevorzugt angezeigt werden.
Die genannten und mit ihnen vergleichbare Angebote sind daher als soziale Netzwerke zu qualifizieren.
33 Dies gilt vor allem für das soziale Netzwerk Facebook, das hinter Google die zweit meistbesuchte Webseite der Welt ist, siehe Pille, Meinungsmacht sozialer Netzwerke, S. 95. 34 Duden, Plattform, abrufbar unter http://www.duden.de/rechtschreibung/Plattform, zuletzt abgerufen am 29.12.2020. 35 Vgl. Gummer, in: Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, RStV § 52 Rn. 7f., zum Plattformbegriff des mit Inkrafttreten des MStV außer Kraft getretenen Rundfunkstaatsvertrags (RStV). 36 BT-Drucks. 18/13013,