Recht des geistigen Eigentums. Thomas Ahrens
zur Anwendung entsprechender Verfahren erhalten bleiben.
Als chirurgische Behandlung ist ein Eingriff in den lebenden KörperKörperlebender eines Menschen oder Tieres anzusehen.1 Verfahren zur therapeutischen Behandlung sind solche, die im Sinne der Anwendung medizinischer Maßnahmen die Ursachen oder Symptome einer Funktionsstörung des KörperKörpers heilen, lindern, beseitigen oder abschwächen oder dem Risiko des Erwerbs einer solchen Störung vorbeugen oder dieses verhindern.2
Diagnostische VerfahrenVerfahrendiagnostisches dienen der Feststellung einer bestehenden Erkrankung und der Ursachenermittlung.
Als Kriterium, inwiefern die genannten Verfahren von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind, kann regelmäßig das Merkmal des Heilzwecks dienen.3 Keinen Heilzweck verfolgen rein kosmetischeVerfahrenkosmetisches Verfahren, wie Haarbehandlung durch Schneiden, Färben usw. Dagegen ist ein Verfahren zum Implementieren von Haarbündeln in die Kopfschwarte mittels atraumatischer Nadeln als chirurgisches Verfahren trotz seines kosmetischen Zwecks von der Patentierung ausgeschlossen.4 Erzeugnisse zur Anwendung in einem der genannten Verfahren, sind jedoch aufgrund § 2a Abs. 1 Nr. 2, S. 2 PatG (bzw. Art. 53 (c), S. 2 EPÜ) patentierbar. Dazu gehören insbesondere pharmazeutische Produkte, medizintechnische Geräte, Herzschrittmacher, Prothesen usw.
3. Computerimplementierte ErfindungErfindungcomputerimplementierteen und mathematische Methoden
Aufgrund der steigenden Bedeutung der Computertechnik besteht bereits seit den 1970er Jahren ein wachsendes Bedürfnis, ComputerprogrammeComputerprogramm, also Programme für Datenverarbeitungsanlagen, zu schützen. Neben dem möglichen Schutz nach dem UrhG (s.u. § 69 I. 3.) wird auch regelmäßig versucht, einen geeigneten Patentschutz dafür zu ermöglichen. Denn durch das UrhG kann zwar ein Computerprogramm an sich geschützt werden, jedoch nicht die Ideen und Grundsätze, die ihm oder einzelnen seiner Algorithmen zugrunde liegen. Einen derartigen Schutz könnte jedoch das Patentrecht ermöglichen. Durch den Vorschlag einer Richtlinie1 hat die Kommission der EG versucht, den Schutz sog. „computerimplementierter ErfindungenRichtliniecomputerimplementierte Erfindung“ EU-weit zu harmonisieren. Eine derartige Erfindung ist nach dem Richtlinienvorschlag jede Erfindung, zu deren Ausführung ein Computer, ein Computernetz oder eine sonstige programmierbare Vorrichtung eingesetzt wird und die auf den ersten Blick mindestens ein neuartiges Merkmal aufweist, das ganz oder teilweise mit einem oder mehreren Computerprogrammen realisiert wird.2 Dieses Richtlinienprojekt ist jedoch vorerst gescheitert, da es im Juli 2005 durch das Europäische Parlament abgelehnt wurde.3 Für einen für die Bundesrepublik geltenden möglichen Patentschutz von Computerprogrammen ist also auf den TechnikTechnik-begriffbegriff abzustellen, wie er von deutschen Gerichten (insbesondere BGHBGH, BPatGBPatG) und dem EPA verstanden wird.4 Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Technikbegriff nicht statisch ist, sondern modifiziert werden kann, sofern die technologische Entwicklung und ein daran angepasster effektiver Patentschutz dies erfordern.5
Fraglich ist also, wann TechnizitätTechnizität vorliegt und ein Computerprogramm nicht als Erfindung ausgeschlossen ist i.S.v. § 1 Abs. 3, 4 PatG bzw. Art. 52 Abs. 2, 3 EPÜ. Die üblichen physikalischen Wirkungen (z.B. elektrische Ströme) eines Computerprogramms auf eine Datenverarbeitungsanlage sind alleine nicht ausreichend, um dem Programm alleine oder in Kombination mit der Datenverarbeitungsanlage technischen Charaktertechnische-r CharakterCharaktertechnischer zu verleihen. Erforderlich ist ein darüber hinausgehender technischer Effekt.6
Ein Computerprogramm hat technischen Charakter, wenn zur Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe von Naturkräften, technischen Maßnahmen oder Mitteln (z.B. von hydraulischen Kräften, elektrischen Strömen in Schaltelementen und Regeleinrichtungen oder von Signalen) unmittelbar Gebrauch gemacht und somit unmittelbar ein technischer Effekt ausgelöst7 wird. Das ist beispielsweise der Fall bei einem Antiblockierregelungssystem für druckmittelbetätigte Fahrzeugbremsen, bei dem eine optimale Bremswirkung erreicht werden soll.8 Nach diesem Grundsatz sind allgemein Verfahren zur Steuerung technischer Geräte (wie Fernsehgeräte, Handys, Motorsteuerungen etc.), die heute üblicherweise mittels eines programmierten Mikroprozessors ablaufen, als technisch anzusehen. Nicht dem Patentschutz zugänglich ist jedoch z.B. ein Verfahren zum Betrieb eines Kommunikationssystems, bei dem von einem Kunden an seinem Rechner vorgenommene Bedienhandlungen erfasst und mit Referenzprotokollen verglichen werden, wobei dem Kunden unter bestimmten Bedingungen interaktive Hilfe angeboten wird.9
Laut einer weiteren BGH-Entscheidung10 ist für die Frage der Technizität zunächst zu klären, ob der Gegenstand der Erfindung zumindest mit einem Teilaspekt auf technischem Gebiet liegt. Danach ist zu prüfen, ob dieser Gegenstand lediglich ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches darstellt und deshalb vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Der Ausschlusstatbestand greift nicht ein, wenn diese weitere Prüfung ergibt, dass die Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Laut dieser BGH-Entscheidung wurde erkannt, dass eine Erfindung zwar das Technizitätserfordernis erfüllen kann, aber dennoch als reines Datenverarbeitungsprogramm (i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 PatG) anzusehen und somit nicht patentfähig ist.
Bei anderen BGH-Entscheidungen11 wurde zwar die Technizität von Erfindungen nicht ausgeschlossen; jedoch wurden bei der Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit (s.u. § 9 IV) nur diejenigen Teile der Erfindung berücksichtigt, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen. Somit wurden im Ergebnis in den betreffenden BGH-Entscheidungen die Erfindungen zwar als technisch (i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 3 oder 4 PatG bzw. Art. 52 Abs. 2 Buchst. c oder d EPÜ), jedoch aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (i.S.v. § 4 PatG bzw. Art. 56 EPÜ) doch nicht als patentfähig angesehen.
In einer weiteren Entscheidung, bei der es um die Ermittlung eines Flugzeugzustands durch Auswertung von Messwerten zu technischen Parametern ging, stellte der BGH12 fest, dass auch für mathematische Methoden i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 PatG dasselbe Kriterium gilt, wie für den Patentierungsausschluss für Programme für Datenverarbeitungsanlagen.
4. Biotechnologische ErfindungErfindungbiotechnologischeen
Die PatentPatent-ierbarkeitierbarkeit von Erfindungen auf dem Gebiet der Biotechnologie ist schon lange allgemein anerkannt und hat mit der Implementierung der RichtlinieRichtliniebiotechnologische Erfindung über den Schutz biotechnologischer Erfindungen1 ausdrücklich ihren Niederschlag im PatG bzw. EPÜEPÜ gefunden (§ 1 Abs. 2, § 1a Abs. 2–4 und § 2a Abs. 2 PatG bzw. analog Art. 53 b) EPÜ, R 26–34 AOEPÜ).2 Bei diesem Gebiet spielen auch ethische und moralische Fragen eine wichtige Rolle und beeinflussen die Gesetzgebung. So reguliert das Gentechnikgesetz die Forschungsarbeit; Embryonenschutzgesetz und Stammzellgesetz können die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen einschränken. Laut DPMA3 werden folgende Einsatzgebiete der Biotechnologie unterschieden: die „Grüne“ Biotechnologie betrifft pflanzliche Anwendungen, bspw. für landwirtschaftliche Zwecke; die „Rote“ Biotechnologie befasst sich mit medizinisch-pharmazeutischen Anwendungen, also mit der Herstellung von Medikamenten und Diagnostika; die „Weiße“ (oder Industrielle) Biotechnologie umfasst bspw. Herstellungsverfahren für chemische Verbindungen in der Textil- oder Lebensmittelindustrie; die „Blaue“ Biotechnologie befasst sich mit der Nutzung von Organismen aus dem Meer und die „Graue“ Biotechnologie betrifft den Bereich der Abfallwirtschaft (Kläranlagen, Dekontamination von Böden u.ä.). Besondere ethische Herausforderungen für das Patentrecht ergeben sich aus der „Grünen“ und aus der „Roten“ Biotechnologie, die teilweise von der Öffentlichkeit kritisch begleitet wurden, wie bspw. die Verfahren zum „Krebsmaus-Patent“4 und zum „Brokkoli-Patent“5.
Für Erfindungen auf dem Gebiet der Biotechnologie gelten dieselben PatentPatent-tierungsvoraussetzungierungsvoraussetzungen (NeuheitNeuheit, erfinderische TätigkeitTätigkeiterfinderische, gewerbliche Anwendbarkeitgewerbliche AnwendbarkeitAnwendbarkeitgewerbliche