Recht des geistigen Eigentums. Thomas Ahrens
ein in der NaturNatur bereits vorhandener Stoff kann patentiert werden, sofern dessen Existenz nicht bekannt war und zur Abgrenzung gegenüber einer bloßen Entdeckung eine LehreLehretechnisches Handeln zum technischen Handeln vorliegt (s.o. § 8 I. 1.). Eine Lehre zum technischen Handeln kann ein technisches Verfahren zur Isolierung des Stoffes aus seiner natürlichen Umgebung oder zu dessen Herstellung sein wie in § 1 Abs. 2 S. 2 PatG (bzw. R 27 a) AOEPÜ) für biologische Materialien angeführt.6
Ausdrücklich ausgenommen von der Patentierbarkeit sind jedoch:
der menschliche KörperKörpermenschlicher und die bloße Entdeckung seiner Bestandteile (§ 1a Abs. 1 PatG bzw. R 28 a), b), c), R 29 Abs. 1 AOEPÜ);
PflanzensortePflanzensorten, TierrasseTierrassen sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zu deren Züchtung (§ 2a Abs. 1 Nr. 1 PatG bzw. Art. 53 b) S. 1 EPÜ);
und (jeweils nach § 2 Abs. 2 PatG bzw. R 28 AOEPÜ):
Verfahren zum KlonenKlonen von menschlichen Lebewesen;
Verfahren zur Veränderung der genetischen IdentitätIdentitätgenetische der Keimbahn des menschlichen Lebewesens;
die Verwendung von menschlichen EmbryoEmbryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken;
Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere. Der Patentierungsausschluss umfasst auch Erzeugnisse, die nur unter Verwendung und Zerstörung menschlicher Embryonen hergestellt werden können.
Diese Ausnahmen betreffen nicht (so dass also grundsätzlich ein Patent erteilt werden kann):
Bestandteile des menschlichen KörperKörpermenschlichers, sofern eine Isolierung oder Gewinnung mit einem technischen Verfahren erfolgt (§ 1a Abs. 2 PatG bzw. R 29 Abs. 2 AOEPÜ);
Pflanzen und Tiere, sofern die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist (§ 2a Abs. 2 Nr. 1 PatG bzw. R 27 (b) AOEPÜ);
mikrobiologischeVerfahrenmikrobiologisches Verfahren oder ein sonstiges technisches Verfahren und deren Erzeugnisse, sofern es sich nicht um eine PflanzensortePflanzensorte oder TierrasseTierrasse handelt (§ 2a Abs. 2 Nr. 2 PatG bzw. Art. 53 (b) und R 27 (c) AOEPÜ).
Für ausführliche Erläuterungen wird auf die Kommentierung zu den genannten Gesetzesnormen sowie auf weiterführende Literatur verwiesen.7 Ergänzend wird auch auf das Sortenschutzrecht (s.u. § 36) hingewiesen.
II. Gewerbliche Anwendbarkeitgewerbliche AnwendbarkeitAnwendbarkeitgewerbliche
Liegt eine technische ErfindungtechnischeErfindung vor, so ist diese nur dann patentfähig, wenn auch die sonstigen Voraussetzungen aus § 1 Abs. 1 PatG bzw. Art. 52 Abs. 1 EPÜ erfüllt sind. Dazu gehört u.a. die gewerbliche Anwendbarkeit. Gemäß § 5 PatG (bzw. Art. 57 EPÜ) gilt eine ErfindungErfindung als gewerblich anwendbar, wenn ihr Gegenstand auf irgendeinem gewerblichen Gebiet einschließlich der Landwirtschaft hergestellt oder benutzt werden kann. Dazu gehören insbesondere auch Bergbau, Jagd, Fischerei und Gartenbau. Da bereits die mögliche gewerbliche Herstellung ausreicht, kommt es bei Erzeugnissen nicht auf die anschließende (gewerbliche) Benutzbarkeit an. Also ist gewerbliche Anwendbarkeit auch gegeben, wenn ein Erzeugnis ausschließlich im nichtgewerblichen Bereich benutzbar sein sollte, wie etwa Spielzeug, Sportgeräte, medizinische Geräte, Arzneimittel, Prothesen sowie Kriegswaffen.1 Die gewerbliche Anwendbarkeit im patentrechtlichen Sinne setzt außerdem nicht voraus, dass die Erfindung Gewinn verspricht.
Wichtig ist jedoch deren AusführbarkeitAusführbarkeit. Das heißt insbesondere, dass die Erfindung2
in der Patentanmeldung ausreichend offenbart ist;
funktioniert; das heißt der Kausalzusammenhang zwischen der zu lösenden Aufgabe (im objektiven Sinn) und der vorgeschlagenen Lösung muss erkennbar sein. Dabei ist es ausreichend, wenn der Erfinder verstanden hat, wie die Erfindung funktioniert; es ist nicht notwendig, dass er auch verstanden hat, warum sie funktioniert;
wiederholbar ist; also nicht vom Zufall abhängt;
fertig ist; das heißt, ein FachmannFachmann muss ohne Versuche, die das übliche bzw. zumutbare Maß überschreiten, und ohne eigene erfinderische Überlegungen imstande sein, die Erfindung umzusetzen.3 Eine Serienreife ist jedoch nicht erforderlich.
§ 9 Stand der TechnikStand der Technik, Neuheit, erfinderische Tätigkeit
Weitere Voraussetzungen für die PatentPatent-fähigkeitfähigkeit einer Erfindung sind, dass sie neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 1 Abs. 1 PatG bzw. Art. 52 Abs. 1 EPÜ). Eine Beurteilung dieser Kriterien erfolgt durch zeitlichen und inhaltlichen Vergleich mit dem Stand der Technik (SdT), der durch die Legaldefinition von § 3 PatG (Art. 54 EPÜ) festgelegt ist. Für den zeitlichen Vergleich ist ein Stichtag maßgeblich, nämlich der ZeitrangZeitrangPrioritätZeitrang der zu prüfenden AnmeldungAnmeldungZeitrang, welche die Erfindung schützen soll. Dieser ergibt sich grundsätzlich aus deren AnmeldetagAnmeldetag, ggf. jedoch aus einem früheren PrioritätPriorität-stagstag aufgrund der Inanspruchnahme eines inländischen oder ausländischen Prioritätsrechts nach § 40 bzw. § 41 PatG bzw. für europäische Patentanmeldungen nach Art. 87ff. EPÜ (s.a. Abb. 3).
Für den inhaltlichen Vergleich ist der Inhalt der PatentPatent-anspruchansprüche dieser zu prüfenden Anmeldung entscheidend, da sie wesentlich den SchutzumfangSchutzumfangPatent (nach § 14 PatG bzw. Art. 69 EPÜ) und somit die zu schützende Erfindung bestimmen. Dabei kommt es darauf an, was der zuständige FachmannFachmannDurchschnitts- („DurchschnittsfachmannDurchschnittsfachmann“) den Ansprüchen und dem aufgefundenen SdT entnimmt.
Einzelheiten dazu werden in diesem Paragraphen erläutert.
I. Stand der Technik (SdT)
Beim SdT ist zu unterscheiden zwischen
VorveröffentlichungVorveröffentlichungen (§ 3 Abs. 1 PatG bzw. Art. 54 Abs. 2 EPÜ)
und
älteren AnmeldungenAnmeldungältere (§ 3 Abs. 2 PatG bzw. Art. 54 Abs. 3 EPÜ).
1. VorveröffentlichungVorveröffentlichungen
Der SdT umfasst zunächst alle Kenntnisse, die der ÖffentlichkeitÖffentlichkeit vor dem Zeitrang der zu prüfenden Anmeldung zugänglich gemacht worden sind (§ 3 Abs. 1 PatG bzw. Art. 54 Abs. 2 EPÜ). Dabei kommt es nicht darauf an, in welcher Form, an welchem Ort oder vor wie langer Zeit die Öffentlichkeit Zugang erlangt hat. Dazu gehören grundsätzlich auch alle Kenntnisse, die der Erfinder selbst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat oder die auf ihn zurückgehen. Das heißt also, dass es eine NeuheitsschonfristFristNeuheitsschon- zugunsten des Erfinders oder seines Rechtsnachfolgers weder nach deutschem Patentrecht noch nach dem EPÜ gibt.1
Ausgenommen sind lediglich Veröffentlichungen, die nicht früher als 6 Monate vor Einreichung der Anmeldung missbräuchlich zum Nachteil des Erfinders oder auf einer international amtlich anerkannten AusstellungAusstellungamtlich anerkannteAusstellung erfolgten (§ 3 Abs. 5 PatG bzw. Art. 55 EPÜ). Zu beachten ist, dass für die Berechnung der 6-Monats Frist der AnmeldetagAnmeldetag und nicht ein eventuell