Recht des geistigen Eigentums. Thomas Ahrens
(oder die Patentansprüche) zu prüfen. Dieser ist Teil der Patentanmeldung bzw. des erteilten Patents und bestimmt nach § 14 PatG (Art. 69 EPÜ) maßgeblich den Schutzbereich (s.u. § 15 III.).
1. TechnizitätTechnizität
Eine Erfindung ist nur dann patentfähig, wenn sie technischen Charaktertechnische-r CharakterCharaktertechnischer – sog. Technizität – aufweist. Dieses grundsätzliche Erfordernis ist schon lange herrschende Meinung und ergibt sich aus einer Vielzahl von Rechtsprechung.1 Seit Dezember 2007 ist die Technizität außerdem in § 1 PatG gesetzlich gefordert, indem es jetzt heißt „Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, …“.2
Der Begriff der Technik bzw. Technizität ist nicht definiert. Der BGHBGH hat das Wesen einer technischen Erfindung in der planmäßigen Benutzung beherrschbarer NaturkrNaturkraftbeherrschbareNaturkraftäfte außerhalb der menschlichen Verstandestätigkeit zur unmittelbaren Herbeiführung eines kausalen Erfolges gesehen.3 Durch den Wortlaut „beherrschbare Naturkräfte“ wird der patentrechtliche Erfindungsbegriff auf das Gebiet der Technik beschränkt. Der Begriff der TechnikTechnik ist im Gesetz nicht definiert, sondern ein wertausfüllungsbedürftiger Rechtsbegriff und knüpft an dasjenige Verständnis an, das den Begriff der Technik herkömmlich ausfüllt (z.B. Ingenieurwissenschaften, Physik, Chemie oder Biologie). Technisches Handeln besteht im Arbeiten mit den Mitteln der Naturkräfte. Der Technikbegriff ist nicht statisch, sondern ist Modifikationen zugänglich, um ihn der jeweiligen technologischen Entwicklung anzupassen.4 Eine Erfindung auf dem Gebiet der Technik i.S.v. § 1 Abs. 1 PatG liegt jedenfalls dann vor, wenn die beanspruchte Lehre den Einsatz technischer Geräte umfasst.5 Wichtig ist auch die technische Brauchbarkeit. Diese ist z.B. jedoch nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten bei einem „Perpetuum mobilePerpetuum mobile“ nicht vorhanden, so dass eine solche Erfindung nicht patentfähig ist.6 Nach der Definition des BGH gehört die menschliche Verstandestätigkeitmenschliche Verstandestätigkeit alleine nicht zur Beherrschbarkeit der Naturkräfte.
2. Ausschluss von der Patentierung
a) Mangelnde PatentfähigkeitPatent-fähigkeit
Das Patentgesetz gibt in § 1 Abs. 3 PatG (bzw. Art. 52 Abs. 2 EPÜ) eine nicht erschöpfende Auflistung von Dingen, die nicht als ErfindungErfindung angesehen werden und somit nicht patentfähig sind. Zu beachten ist, dass die dort aufgeführten Gegenstände oder Tätigkeiten nur dann der Patentfähigkeit entgegenstehen, sofern dafür Schutz als solcher begehrt wird (§ 1 Abs. 4 PatG bzw. Art. 52 Abs. 3 EPÜ). Im Folgenden werden die einzelnen aufgelisteten Dinge der Reihe nach behandelt und weitere Beispiele angeführt, um eine Vorstellung zu vermitteln, was patentfähig sein kann und was nicht.1 Ergänzend wird auch auf den ersten Abschnitt (s.o. § 5) verwiesen.
EntdeckungEntdeckungen an sich sind nicht patentfähig. Wird die Erkenntnis aus einer Entdeckung jedoch praktisch umgesetzt, kann es sich um eine technische ErfindungtechnischeErfindung handeln, wie bei folgenden Beispielen. Eine Entdeckung an sich liegt z.B. vor, wenn (lediglich) herausgefunden wird, dass ein bestimmtes und an sich bekanntes Material stoßfest ist. Denn das hat als solches noch keine technische Wirkung. Wird für diese Eigenschaft jedoch eine praktische Verwertung gefunden, wie die Herstellung von Eisenbahnschwellen aus dem genannten Material, handelt es sich um eine technische Erfindung, die möglicherweise (also bei Erfüllung der anderen Patentierbarkeits-Voraussetzungen) patentfähig ist.
Auch eine wissenschaftliche TheorieTheoriewissenschaftliche an sich ist nicht patentierbar – wie die physikalische Halbleitertheorie. Deren praktische Umsetzung kann jedoch patentfähig sein, wie die Realisierung von neuen Halbleiterelementen und Verfahren zu ihrer Herstellung.
Ähnlich ist es auch bei einer nicht patentierbaren mathematischen MethodeMethodemathematischemathematische Methode, wie für das Entwerfen von elektrischen Filtern. Filter, die nach dieser Methode entworfen worden sind, können jedoch patentfähig sein.
Auch ästhetische FormFormästhetischschöpfungen als solche gelten nicht als Erfindungen, denn sie beziehen sich der Definition nach auf ein Erzeugnis, das im Wesentlichen das subjektive Formempfinden anspricht. Sollte das Erzeugnis jedoch auch technische Merkmale haben, dann könnte es patentierbar sein, wie z.B. die Lauffläche eines Reifens, bei der es neben dem ästhetischen Eindruck auch auf Wasserverdrängung und Bodenhaftung ankommt.
Zu unterscheiden ist auch, ob ein ästhetischer Effekt mit technischen Mitteln erreicht wird oder nicht.2 So sind z.B. folgende technische Lösungen grundsätzlich patentfähig:
Farben mit einer neuartigen Zusammensetzung zur Erhöhung der Leuchtkraft;
Stoffe oder Stoffgemische, die durch technische Merkmale definiert sind und dazu dienen, in Bezug auf einen Geruch oder Geschmack eine besondere Wirkung zu erzielen.
Dagegen sind z.B. folgende geistige Leistungen vom Patentschutz ausgeschlossen:
ein Gemälde, das definiert ist durch die Anordnung der Farben oder seinen künstlerischen Stil;
eine bloße geschmackliche Abwandlung eines Kochrezepts.
PlänePlan, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeitgedankliche Tätigkeiten, für SpielSpiele oder für geschäftliche TätigkeitgeschäftlicheTätigkeiten sind als solche nicht patentfähig, da es sich um Anweisungen an den menschlichen GeistAnweisung an den menschlichen Geist handelt. Es fehlt also der Bezug auf den Einsatz beherrschbarer Naturkräfte und deshalb der technische Charaktertechnische-r Charakter.
Programme für DatenverarbeitungsanlagenProgramm für Datenverarbeitungsanlage sind als solche ebenfalls nicht patentfähig. Da die Frage, inwiefern bei solchen Erzeugnissen auch Technizität vorliegt, einem stetigen Wandel unterworfen ist, wird auf dieses Thema unten gesondert eingegangen.
Eine Wiedergabe von InformationenWiedergabe von Information, die lediglich durch den Inhalt der Information definiert wird, ist nicht patentierbar. Das gilt z.B. für eine Datei oder eine CD, die anhand des aufgenommenen Musikstücks definiert ist. Merkmale von Datenkodierungsschemen, Datenstrukturen und elektronische Kommunikationsprotokolle sowie eine CD, die eine besondere Materialzusammensetzung aufweist, können hingegen patentfähig sein.
b) Verstoß gegen öffentliche OrdnungöffentlicheOrdnung und gute Sittegute Sitten
Patente werden nicht erteilt für Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde (§ 2 Abs. 1 PatG bzw. Art. 53 a) EPÜ). Öffentliche Ordnung ist im Sinne von „ordre publicordre public“ zu verstehen. Das umfasst die tragenden Grundsätze einer Rechtsordnung und somit alle Normen, die der Verwirklichung und dem Schutz von solchen Gütern dienen, die für das Leben in der Gemeinschaft eine essentielle Bedeutung haben.1 Gute Sitten stellen einen Bewertungsmaßstab dar, der als Anstandsgefühl „aller billig und gerecht Denkenden“ umschrieben werden kann.2 Von der PatentierungPatent-ierung sind nur solche Erfindungen ausgeschlossen, die ausschließlich derartig benutzt werden können. Somit sind z.B. Waffen, Gifte und Sprengstoffe durchaus patentierbar.
c) Verfahren zur chirurgischen und therapeutischen Behandlung
In § 2a Abs. 1 Nr. 2 PatG (bzw. Art. 53 c) EPÜ) wird per Gesetz definiert, dass Verfahren zur chirurgischenBehandlungchirurgische oder therapeutischenBehandlungtherapeutische BehandlungBehandlung des menschlichen oder tierischen KörperKörpertierischers und DiagnostizierverfahrenDiagnostizierverfahren, die am menschlichen