Recht des geistigen Eigentums. Thomas Ahrens

Recht des geistigen Eigentums - Thomas Ahrens


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geistigen Eigentums wurden bereits fast zeitgleich zur nationalen Gesetzgebung in Deutschland (s. zuvor § 3 V.) im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts abgeschlossen.1

      1. Pariser Verbandübereinkunft (PVÜPVÜ)

      a) Einordnung

      Die Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20.3.18831 ist der älteste völkerrechtliche Vertrag des internationalen gewerblichen Rechtsschutzes und noch heute von grundlegender Bedeutung. Die Mitgliedsländer der PVÜ2 bilden einen Verband zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Art. 1 Abs. 1 PVÜ). Das heißt, zwischen den Mitgliedsstaaten bestehen nicht nur vertragliche Beziehungen, sondern ein körperschaftlich organisierter Verband,3 der überwiegend als juristische Person angesehen wird und dessen Aufgabe es ist, das gesamte „gewerbliche Eigentum“ einer möglichst einheitlichen Regelung durch die Gesetzgebung der Verbandsländer zuzuführen.4 Die PVÜ erstreckt sich auf den Schutz des „gewerblichen Eigentums“ in der weitesten Bedeutung (Art. 1 Abs. 3). Als Gegenstände erfasst werden die wichtigen Schutzobjekte des gewerblichen Rechtsschutzes, nämlich Erfindungspatente, Gebrauchsmuster, gewerbliche Muster oder Modelle (ehm. Geschmacksmuster, heute DesignsGeschmacksmuster), Fabrik- und HandelsmarkeMarkeHandels-n, DienstleistungsmarkeMarkeDienstleistungs-n, Handelsnamen und Herkunftsangaben oder Ursprungsbezeichnungen sowie die Unterdrückung des unlauteren Wettbewerbs (Art. 1 Abs. 2 PVÜ). Die PVÜ und die auf ihrer Grundlage geschlossenen Sonderabkommen (hierzu nachfolgend 2.) haben kein einheitliches, gleichlautendes Recht für alle Verbandsangehörigen geschaffen und auch keine transnationalen Immaterialgüterrechte entstehen lassen.

      b) InländerInländer-behandlungbehandlung, UnionsprioritätUnionspriorität

      Wichtigster Grundsatz zur Verwirklichung der Ziele der PVÜ ist vielmehr der Grundsatz der Inländerbehandlung (AssimilationsprinzipAssimilationsprinzip).1 Dieser besagt, dass alle Staatsangehörigen der Verbandländer in allen übrigen Ländern des Verbandes in Bezug auf den Schutz des gewerblichen Eigentums die Vorteile genießen, welche die betreffenden Gesetze den eigenen Staatsangehörigen gegenwärtig gewähren oder in Zukunft gewähren werden (Art. 2 Abs. 1 S. 1 PVÜ). Sie haben demgemäß den gleichen Schutz wie diese und die gleichen RechtsbehelfRecht-sbehelfe gegen jeden Eingriff in ihre Rechte, vorbehaltlich der Erfüllung der Bedingungen und Förmlichkeiten, die den eigenen Staatsangehörigen auferlegt werden (Art. 2 Abs. 1 S. 2 PVÜ). Als Folge dieser Gleichstellung steht jeder Verbandsangehörige für den Schutz seines gewerblichen Eigentums den Angehörigen des Verbandsstaates gleich, dessen Schutz er beansprucht (SchutzstaatSchutzstaat), d.h. er steht nicht schlechter da als der Inländer.2 Entscheidende Wirkung der PVÜ ist ferner die UnionsprioritätPrioritätUnions-. Jeder, der in einem der Verbandsländer die AnmeldungAnmeldungPVÜ für ein Erfindungspatent, ein Gebrauchsmuster, ein gewerbliches Muster oder Modell, eine Fabrik- oder Handelsmarke vorschriftsmäßig hinterlegt hat, oder sein RechtsnachfolgerRechtsnachfolger genießt für die Hinterlegung in den anderen Ländern – also für Folgeanmeldungen – während der bestimmten FristFristPrioritätsrechten ein PrioritätPrioritätPriorität-srechtsrecht (Art. 4 A Abs. 1 PVÜ). Das Prioritätsrecht bedeutet, dass derjenige, der als erster die schutzwürdige Leistung erbracht hat und die Schutzvoraussetzungen erfüllt hat, innerhalb der maßgeblichen Prioritätsfrist gegenüber späteren Anmeldungen den absoluten Vorrang (die Priorität) genießt.3 Die PrioritäPriorität-sfristtsfristen betragen zwölf Monate für Erfindungspatente und Gebrauchsmuster und sechs Monate für die gewerblichen Muster oder Modelle und für die Fabrik- oder Handelsmarken (Art. 4 C Abs. 1 PVÜ). Jedes Verbandsland ist verpflichtet, ein besonderes Amt für gewerbliches Eigentum und eine Zentralhinterlegungsstelle einzurichten, um die gewerblichen SchutzrechtSchutzrechtgewerblichese der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen (Art. 12 Abs. 1 PVÜ). Die in Art. 12 festgelegten Aufgaben sind in der Bundesrepublik Deutschland dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMADPMA) in München übertragen.

      2. Sonderabkommen zur PVÜ

      Neben der PVÜ als dem maßgeblichen „Dachabkommen“ existieren für die einzelnen gewerblichen SchutzrechtSchutzrechtgewerblichese eine Reihe für die Praxis des internationalen gewerblichen Rechtsschutzes höchst bedeutsamer multilateraler völkerrechtlicher Sonderabkommen, die das Regelwerk der PVÜ ergänzen und deren Abschluss den Verbandsländern ausdrücklich vorbehalten ist, sofern diese den Bestimmungen der PVÜ nicht zuwiderlaufen (Art. 19 PVÜ). Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich dabei auf einen ersten knappen Überblick über die wichtigsten Sonderabkommen. Eine weitergehende Betrachtung dieser und weiterer spezieller internationaler Abkommen erfolgt im Kontext der Darstellung der jeweils betroffenen Rechtsgebiete.

      a) Patentzusammenarbeitsvertrag (PCTPCT)

      Das bedeutendste internationale Abkommen im Bereich des internationalen Patentrechts ist der Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens v. 19.6.1970 (Patent Cooperation Treaty, kurz „PCT“), dem die Bundesrepublik Deutschland durch das Gesetz über internationale Patentübereinkommen vom 21.6.1976 (IntPatÜG)1 zugestimmt hat und der für die Bundesrepublik Deutschland seit dem 24.1.1978 in Kraft ist2 (im Einzelnen s.u. Zweiter Abschnitt, 4. Kapitel). Die Mitgliedsstaaten3 bilden einen Verband für die Zusammenarbeit bei der Einreichung, der Recherche und der Prüfung von Anmeldungen für den Schutz von Erfindungen und für die Leistung besonderer technischer Dienste (Art. 1 Abs. 1 S. 1 PCT). Der PCT begegnet der Schwierigkeit, dass grundsätzlich zur Erlangung von Patentschutz im Ausland in jedem Land eine eigene Patentanmeldung in der jeweiligen SpracheSprache und unter Beachtung der jeweiligen ganz unterschiedlichen Anmeldeerfordernisse zu erfolgen hätte. Demgegenüber eröffnet der PCT dem Erfinder die Möglichkeit, sich durch eine einzige internationale AnmeldunginternationaleAnmeldung (Art. 3) bei einem PCT-Anmeldeamt (Art. 10) einen multinationalen Schutz für die angemeldete Erfindung zu sichern. Die Einreichung einer einzigen, die PCT-Bestimmungen erfüllenden internationalen Anmeldung hat in den BestimmungsstaatenBestimmungsstaat (Art. 4 Abs. 1 ii PCT) die Wirkung einer vorschriftsmäßigen nationalen Anmeldung mit dem Anmeldedatum der internationalen Anmeldung (Art. 11 Abs. 3 PCT).4 Der PCT führt – anders als das EPÜ (hierzu siehe 2. Abschnitt) – nicht zu einem einheitlichen Patenterteilungssystem, vielmehr vereinheitlicht er lediglich das Anmeldeverfahren für internationale Patenterteilungsverfahren und die Neuheitsrecherche.5

      b) Haager MusterschutzabkommenHaager Musterschutzabkommen (HMA)

      Im Bereich des internationalen GeschmacksmusterGeschmacksmuster-rechtrechts hat das Haager AbkommenHaager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und ModelleMuster und Modell (HMA) vom 6.11.1925 als Nebenabkommen zur PVÜ große praktische Bedeutung erlangt.1 Durch das HMA schließen die Vertragsstaaten2 einen Verband für die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle (Art. 1 Abs. 1). Revisionen des HMA erfolgten am 2.6.1934 in London, am 28.11.1960 im Haag und am 2.7.1999 in Genf. Entsprechend den Revisionskonferenzen des Haager Abkommens umfasst dieses drei verschiedene Verträge, die als „Akten“ bezeichnet werden („Londoner Akte“, „Haager Akte“ und „Genfer Akte“) und jeweils aus verschiedenen Rechtsvorschriften bestehen. Die beiden jüngeren Akten sind jeweils entstanden, um das System zu modernisieren. Entsprechend dem Grundsatz der internationalen RegistrierungRegistrierunginternationaleRegistrierung kann von dem Anmelder durch eine einzige Hinterlegung beim Internationalen Büro der WIPOWIPO in Genf (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 HMA) Musterschutz in den im Antrag benannten Vertragsstaaten des HMA (Art. 5 Abs. 2 Nr. 1) herbeigeführt werden. Die Haager Fassung sieht auch eine Hinterlegung durch Vermittlung der nationalen Behörde vor (Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 HMA). Die internationale Registrierung hat in den in der internationalen Anmeldung benannten Vertragsstaaten dieselbe Wirkung wie eine nationale Designhinterlegung (Art. 14 Abs. 1 HMA). Durch die internationale Hinterlegung entsteht daher ein Bündel von nationalen SchutzrechtSchutzrechtnationalesen.3


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