Recht des geistigen Eigentums. Thomas Ahrens
der WIPO verwaltete Schutzsystem mit dem von dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EU IPO) in Alicante verwalteten Gemeinschaftsgeschmacksmustersystem (s. hierzu u. IV. 4. und § 41) verknüpft. Seit dem Inkrafttreten dieses neuen Systems können europäische Unternehmen Geschmacksmuster mit einem einzigen Antrag nicht nur innerhalb der EU, sondern auch in den Vertragsstaaten der Genfer Akte des Haager Abkommens schützen lassen. Im Gegenzug können Länder, die Vertragsparteien der Genfer Akte des Haager Abkommens sind, den Schutz für ihre Muster und Modelle durch das Gemeinschaftsgeschmacksmustersystem in Anspruch nehmen.
c) Madrider Markenabkommen (MMAMMA)
Im Bereich des Markenrechtes wird die PVÜ durch das „Madrider AbkommenMadrider Abkommen über die internationale RegistrierungRegistrierungRegistrierunginternationale von Marken“ vom 14.4.1891 (MMA) sowie das „Protokoll zum Madrider Markenabkommen“ vom 27.6.1989 (MMP) ergänzt (im Einzelnen s.u. § 64). Die Vertragsstaaten des MMA bilden zusammen mit den Vertragsstaaten des MMP einen Verband für die internationale Registrierung von Marken (Art. 1 Abs. 1 MMA, Art. 1 MMP).1 Ähnlich wie das HMA (s.o. b.) eröffnet das MMA dem Markeninhaber die Möglichkeit durch eine einzige internationale RegistrierunginternationaleRegistrierung beim Internationalen Büro der WIPO in Genf eine Vielzahl von andernfalls erforderlichen Einzelanmeldungen in anderen Staaten zu vermeiden. Grundlage für die internationale Registrierung ist eine eingetragene nationalenationaleMarke MarkeMarkenationale (sog. Basis- oder UrsprungsmarkeMarkeUrsprungs-MarkeBasis-, Art. 1 Abs. 2 MMA). Der Antrag auf internationale Registrierung kann – anders als nach dem HMA – nicht unmittelbar beim Internationalen Büro, sondern nur durch Vermittlung der Behörde des UrsprungslandUrsprungslandBehördees (in Deutschland durch das DPMA) eingereicht werden (Art. 3 Abs. 1 MMA). Durch die internationale Registrierung der Marke entsteht allerdings – ebenso wenig wie bei der internationalen Hinterlegung nach dem HMA – kein supranationales Schutzrecht, sondern lediglich ein Bündel nationaler Marken (Art. 4 Abs. 1 MMA).2
3. Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜRBÜ)
Im Bereich des Urheberrechts steht als ältester und bedeutendster internationaler Vertrag die „Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst“ vom 9.9.1886 im Vordergrund, die seit der zweiten Revisionskonferenz 1908 in Berlin als sog. Revidierte Berner Übereinkunft (kurz „RBÜ“) bezeichnet wird.1 Sie ist ein mehrseitiger völkerrechtlicher Vertrag, den inzwischen alle wirtschaftlich wichtigen Staaten der Welt2 ratifiziert haben und durch den sich die vertragsschließenden Staaten zwecks internationalen Schutzes des Urheberrechts zu einem Staatenverband mit eigener Rechtspersönlichkeit zusammengeschlossen haben (Art. 1 RBÜ). Die RBÜ sichert den internationalen Urheberrechtsschutz in erster Linie – wie die PVÜ (s.o. unter 1.) – durch den Grundsatz der InländerInländer-behandlungbehandlung (sog. AssimilationsprinzipAssimilationsprinzip, Art. 5 Abs. 1, 3). Das heißt, Urheber eines Verbandsstaates genießen für ihre Werke in den jeweils anderen Verbandsländern denselben Schutz wie ein dortiger Inländer. Entsprechend dem im Urheberrecht gültigen Grundsatz des „automatischen Schutzesautomatischer Schutz“ ist der Genuss und die Ausübung der gewährten Rechte nicht an die Erfüllung irgendwelcher Förmlichkeiten gebunden, auch ist der Schutz unabhängig vom Bestehen des Schutzes für das Werk im Ursprungsland (Art. 5 Abs. 2 RBÜ).3 Aufgrund der RBÜ geschützt sind nicht nur die einem Verbandsland angehörenden Urheber für ihre veröffentlichten und unveröffentlichten Werke (Art. 3 Abs. 1a), sondern auch die keinem Verbandsland angehörenden Urheber für die Werke, die sie zum ersten Mal in einem Verbandsland oder gleichzeitig in einem verbandsfremden und in einem Verbandsland veröffentlichen (Art. 3 Abs. 1b). Der Oberbegriff für die vom Schutz der RBÜ erfassten Werke der verbandsangehörigen Urheber sowie erstmals oder gleichzeitig in einem Verbandsland veröffentlichten Werke lautet „verbandseigene Werkverbandseigenes Werke“.4 Die durch die RBÜ gewährte SchutzdauerSchutzdauerRBÜ umfasst grundsätzlich das Leben des Urhebers und 50 Jahre nach seinem Tod (50 Jahre post mortem auctoris, Art. 7 Abs. 1). Sie richtet sich zwar grundsätzlich nach dem Gesetz des Landes, für das Schutz beansprucht wird, jedoch darf sie, sofern die Rechtsvorschriften dieses Landes nichts anderes bestimmen, die im Ursprungsland des Werkes festgesetzte Dauer nicht überschreiten (Art. 7 Abs. 8 RBÜ), d.h. der Grundsatz der Inländerbehandlung ist insoweit durch das Prinzip des SchutzfristSchutzfrist-envergleichFristSchutz-envergleichs eingeschränkt.5 Ferner stellt die RBÜ durch die Garantie bestimmter sog. MindestrechtRBÜMindestrechtMindestrechte ein internationales MindestschutzMindestschutz-niveauniveau sicher (Näheres hierzu § 81 I.).6
4. WIPOWIPO-Konvention-Konvention
Von übergreifender Bedeutung für das gesamte Immaterialgüterrecht ist das „Übereinkommen zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum“ vom 14.7.1967 (WIPO-Konvention), durch das die WIPO (World Intellectual Property Organization), die auch unter ihrem französischen Namen als OMPI (Organisation Mondiale de la Propriété Intellectuelle) bekannt ist, gegründet wurde (Art. 1). Die WIPO ist eine von 16 Sonderorganisationen der Vereinten Nationen (UN), ihr Sitz ist Genf (Art. 10 Abs. 1 WIPO-Konvention). Die WIPO hat 191 Mitgliedsstaaten.1 Zweck der WIPO ist es, den Schutz des „geistigen Eigentums“ (definiert in Art. 2 viii) durch Zusammenarbeit der Staaten weltweit zu fördern (Art. 3 i) sowie die verwaltungsmäßige Zusammenarbeit zwischen den „Verbänden“ (definiert in Art. 2 vii) zu gewährleisten (Art. 3 ii). Zur Erreichung dieses Zwecks obliegen ihr vielfältige AufgabenAufgabeWIPO (vgl. Art. 4), u.a. fördert sie Maßnahmen zur weltweiten Verbesserung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet (Art. 4 i); sie erfüllt die Verwaltungsaufgaben des Pariser Verbandes (PVÜPVÜ), der im Rahmen dieses Verbandes errichteten besonderen Verbände (Nebenabkommen PVÜ) und des Berner Verbandes (RBÜ, Art. 4 ii); sie unterstützt das Zustandekommen internationaler Vereinbarungen zur Förderung des Schutzes des geistigen Eigentums (Art. 4 iv) und unterhält Einrichtungen zur Erleichterung des internationalen Schutzes geistigen Eigentums (Art. 4 vii).
5. TRIPSTRIPS-Übereinkommen
Ein weiteres übergreifendes Abkommen von herausragender Bedeutung ist das „Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums“ vom 15.4.19941 (Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights – kurz „TRIPS“), das als Bestandteil des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, kurz „WTOWTO“) abgeschlossen wurde. Das TRIPS-Übereinkommen, das auf globale Geltung angelegt ist, verbindet in neuartiger Weise den Schutz des geistigen Eigentums mit dem auf Liberalisierung und Nichtdiskriminierung in den internationalen Handelsbeziehungen abzielenden Allgemeinen Zoll- und Handelsübereinkommen (GATT). Es versteht den Schutz des geistigen Eigentums nicht als Hindernis, sondern als Bedingung für den freiefreierWelthandeln Welthandel.2 Da mit dem Beitritt zur WTO und den dadurch erreichbaren Vorzügen des Freihandels auch zwingend der Beitritt zum TRIPS-Übereinkommen verbunden ist, wurde es schnell zu einem der mitgliederstärksten und damit bedeutendsten internationalen Abkommen im Bereich des geistigen Eigentums.3 Hauptziele des TRIPS sind die Förderung eines wirksamen und angemessenen Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums sowie die Sicherstellung, dass die Maßnahmen und Verfahren zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums nicht selbst zu Schranken für den rechtmäßigen Handel werden (Präambel; zu den Zielen vgl. ferner Art. 7). Das TRIPS-Abkommen bezieht sich, wie ja bereits in seinem Namen zum Ausdruck kommt, auf den Schutz des geistigen Eigentums insgesamt, also sowohl auf den Schutz durch die gewerblichen SchutzrechtSchutzrechtgewerblichese als auch auf das Urheberrecht (Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Teil II Abschnitte 1 bis 7, Art. 9–39). Der Schutz des TRIPS-Übereinkommens ist als MindestschutzMindestschutz ausgestaltet, d.h. die Mitglieder